„Dekalog“: NBC plant US-Adaption der Kieslowski-Serie

Polnischer 1980er-Jahre-Klassiker erlebt späte Bearbeitung

Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski – 03.09.2014, 15:57 Uhr

Zehn Gebote, zehn Geschichten: die polnische Serie „Dekalog“ – Bild: Telewizja Polska
Zehn Gebote, zehn Geschichten: die polnische Serie „Dekalog“

Nach dem Überraschungserfolg der „Bibel“-Serie des History Channels im vergangenen Jahr ist Hollywood auf der Suche nach weiteren Stoffen mit religiösem Thema jetzt auf eine ungewöhnliche Vorlage gestoßen: NBC will den polnischen TV-Klassiker „Dekalog“ von Krzysztof Kieslowski als Miniserie adaptieren, wie der Hollywood Reporter berichtet.

Steve Mc Pherson soll eine zeitgemäße, in den USA angesiedelte Umsetzung der Originalserie als Executive Producer betreuen. Wie in der 1989 erstmals im polnischen Staatsfernsehen ausgestrahlten Serie sollen auch diesmal in zehn einstündigen, abgeschlossenen Episoden jeweils eines oder mehrere der Zehn Gebote in Form moralischer Zwickmühlen aufgegriffen werden.

Die in der Endphase des real existierenden Sozialismus in Polen gedrehte Serie entstand nach Drehbüchern von Kieslowski und Krzysztof Piesiewicz. Sie war 1990 auch in den Dritten Programmen zu sehen. Obwohl alle zehn Folgen in derselben Warschauer Plattenbausiedlung spielen, erzählt jede eine eigene Geschichte mit jeweils anderen Protagonisten. Nur am Rande tauchen einige Figuren in mehreren Episoden auf, so etwa ein stets schweigender Beobachter, der in acht Folgen zu sehen ist.

Anhand ethischer Probleme, in denen sich die jeweilgen Figuren befinden, stellten die beiden Autoren die Frage nach der Bedeutung der Zehn Gebote in der (damaligen) Gegenwart. Es ging etwa um die Frage, ob man den Berechnungen eines Computers ebenso vertrauen kann wie Gott oder um eine junge Frau, die ihr ungeborenes Baby von einem anderen Mann nur dann behalten will, wenn ihr schwer kranker Ehemann nicht überlebt.

Zwei der Folgen kamen in längeren Fassungen auch in die internationalen Kinos. In Deutschland liefen sie unter den Verleihtiteln „Ein kurzer Film über das Töten“ und „Ein kurzer Film über die Liebe“. Ersterer gewann auf dem Filmfestival in Cannes den Großen Preis der Jury. Kieslowski feierte später mit seiner „Drei Farben“-Trilogie weitere internationale Erfolge.

Wie nun die karge Atmosphäre des spätsozialistischen Warschau ins heutige Amerika und die extrem langsame Erzählweise des Originals ins Networkfernsehen übertragen werden sollen, mag man sich nicht so recht vorstellen. Wahrscheinlich kann man davon ausgehen, dass NBC nur die Grundidee der Vorlage übernehmen wird, ähnlich wie es etwa beim US-Kinofilm „Stadt der Engel“ und Wim Wenders’ artifiziell-ambivalenter Vorlage „Der Himmel über Berlin“ der Fall war.

Auch der Kabelsender WGN America bereitet derzeit eine Miniserie über die klassischen Gebote Gottes vor, schlicht „The Ten Commandments“ betitelt. Hier soll für jeden Teil ein anderer Regisseur die Leitung übernehmen, darunter Wes Craven und Gus van Sant. NBC selbst bereitet mit den „The Bible“-Produzenten bereits das „Sequel“ „A.D.“ vor, dass von den Ereignissen nach Jesu Tod erzählen soll (fernsehserien.de berichtete).

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