Dokumentation in 5 Teilen, Folge 1–5

  • Folge 1
    In seinem außerpolitischen Sommerschwerpunkt 1999 erinnerte das ZDF an die Kinder dieser Welt. Was deren Lage angeht, existieren sehr präzise Informationen: 250 Millionen Kinder müssen täglich arbeiten, oft zehn bis 14 Stunden am Tag und in unbeschreiblichen Verhältnissen. Vielen von ihnen bleibt nichts anderes, als die eigene Haut zu Markte zu tragen – für die Sex-Touristen aus den reichen Regionen der Welt. Der Blick in die Welt der Kinder ist das Ziel der Dokumentationsreihe „Kinder ohne Kindheit“. In fünf eindrucksvollen Reportagen schaut die Reihe nicht nur in die sogenannten Entwicklungsländer, sondern auch in das hochindustrialisierte Japan. Dabei werden nicht nur erschreckende Lebensverhältnisse, sondern auch Hilfsangebote internationaler Organisationen wie UNO und UNICEF gezeigt.
    Die erste der fünf Folgen führt nach Manila. In diesem Moloch haben die Korrespondenten vor fünf Jahren schon einmal eine Reportage gedreht. Die „traurigen Engel“ waren vier Mädchen vom Kinderstrich: die elfjährige Evelyn, die gleichaltrige Rosmary, die dreizehnjährige Maribelle und ihre siebzehnjährige Zuhälterin Len-Len. Christian Sterley zeigt noch einmal die jungen Frauen, die er vor Jahren beobachtete, als sie Neulinge auf dem Kinderstrich in Manila waren. Was ist aus ihnen geworden? Haben sie Hilfe gefunden, um in ein einigermaßen geordnetes Leben zurückzufinden? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 26.09.1999Phoenix
  • Folge 2
    „Ich weiß nicht, wie viele Menschen ich getötet habe“, sagt der zwölfjährige Tata. „An einen kann ich mich noch genau erinnern. Ich erschoss ihn und zog ihm dann die Jacke aus.“ Tata sagt das mit leiser Stimme, ohne eine Regung im Gesicht. Seine Geschichte gleicht der von Tausenden Altersgenossen in Nord-Uganda. Seit zehn Jahren herrscht Bürgerkrieg im Land des Acholi-Volkes – ein besonderer Krieg, grausamer noch als die vielen anderen Kriege Afrikas, in dem ein Heer kämpft, dessen jüngste Soldaten sieben Jahre alt sind. Kinder, meint Rebellenführer Joseph Kony, sind die besten Soldaten. Sie sind leichter zu beeinflussen, besser zu motivieren als Erwachsene. Nach gründlicher „Ausbildung“ im Busch werden sie zu furchtlosen, fürchterlichen Kämpfern.
    Das Konzept ist zynisch, unmenschlich, aber wirkungsvoll. Für Kinder der „Widerstandsarmee Gottes“, die im Gefecht gefangengenommen wurden oder, was seltener geschieht, den Rebellen entfliehen konnten, wurden in Gulu, einer Provinzstadt im Norden Ugandas, mit ausländischem Geld zwei Auffanglager eingerichtet. Traumatisiert kommen die Kinder aus dem Busch hier an. Sie ins normale Leben zurückzuführen, ist schwer, ihnen ihre verlorene Kindheit zurückzugeben ganz und gar unmöglich. Walter Heinz dokumentiert die Situation eines Landes, in dem täglich Dörfer brennen, Kinder entführt, verschleppt, ermordet oder zu Mördern gemacht werden. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 03.10.1999Phoenix
  • Folge 3
    Der heute 13-jährige Bindu war vor vier Jahren von seinem Vater als Arbeitssklave an einen Teppichknüpfer „verkauft“ worden. Den Vater hatten seine Schulden dazu getrieben – ein in Indien häufiges Schicksal der armen Landbevölkerung. Vor kurzem fand Bindus Karriere als Teppichknüpfer ein jähes Ende. Aktivisten einer privaten Organisation, die gegen Kinderarbeit kämpft, „befreiten“ Bindu und brachten ihn in ein Rehabilitationszentrum. Seit zwei Jahrzehnten kämpft Swami Agnievesh gegen die moderne Sklaverei und besonders gegen die Kinderarbeit. Er fordert das fundamentale Recht eines jeden Kindes unter 14 Jahren auf schulische Ausbildung.
    Swami Agnievesh macht eine erschreckende Rechnung auf: 135 Millionen Kinder im Grundschulalter gibt es in Indien, doch weniger als die Hälfte besucht tatsächlich eine Schule. Rund 65 Millionen Kinder arbeiten, um zum Fami-lieneinkommen beizutragen. In den frühen 90er Jahren wurde ruchbar, dass die prächtigen Teppiche aus indischer Produktion in Wahrheit von Hunderttausenden von Kinderhänden geknüpft wurden. Die fernen Verbraucher in Europa reagierten mit Entsetzen, der Absatz kam ins Stocken. Rugmark Foundation heißt die Nicht-Regierungs-Organi-sation, die daraufhin im Schulterschluss mit überwiegend deutschen Entwicklungshilfeorganisationen und indischen Herstellern gegründet wurde, um das Vertrauen der Verbraucher durch ein Ethik-Siegel zurückzugewinnen, das Teppiche als „ohne Kinderarbeit geknüpft“ ausweist.
    Inzwischen haben sich zehn Prozent der indischen Exporteure um die Rugmark-Lizenz bemüht und verbürgen sich im Gegenzug, dass an keinem der 25.000 Knüpfstühle, auf denen sie ihre Teppiche herstellen lassen, Kinder arbeiten. Doch die 15 Inspektoren der Rugmark können nur bedingt die 25.000 Knüpfstühle kontrollieren.
    Doch immerhin über 1.000 Kinder hat Rugmark inzwischen „befreit“, und ihnen damit die Chance gegeben, aus dem Teufelskreis von Armut und Unwissenheit auszubrechen. Der einzige Ausweg aus der Misere sind eben Alphabet und Einmaleins. Denn Unwissenheit, Armut und Familienplanungsdefizite erweisen sich weiterhin als die Hauptgründe für die Seuche Kinderarbeit in Indien. Kinderarbeit in Indien ist eine düstere Welt aus Sklaverei, Ausbeutung, Hoffnungslosigkeit, in der die jungen Opfer ihre Identität verlieren, ihre Selbstachtung, Unbeschwertheit, Freiheit, kurz: ihre Kindheit. Kinderarbeit ist Sklaverei für Leib und Seele. (Text: 3sat)
  • Folge 4
    Auf der Reisstrohmatte liegt ein Bestseller-Buch. Sein Titel: „Wie ziehe ich Genies heran?“ Daneben liegt Frau Takahashi. Sie ist im dritten Monat schwanger. Aus dem Lautsprecher auf ihrem noch flachen Bauch ertönt eine monotone Stimme: Vokabeln werden verlesen, auf einem Monitor erscheinen die dazugehörigen japanischen und englischen Schriftzeichen. „Bei diesem vorgeburtlichen Trainingsprogramm dringen Sprache und Bilder in mich ein“, sagt Frau Takahashi, „das fördert die Intelligenz des Kindes, das ich in mir trage.“ Sie zitiert aus dem Buch: „Das perfekte Kind ist kein Wunder, sondern das Produkt von Erziehung!“ Dass Frau Takahashi daran glaubt und mit ihr Millionen japanischer Mütter, ist das Verdienst des Pädagogen Manabu Shichida.
    Mit seiner „visuell-suggestiven Methode“, die er in 330 so genannten „Kinder-Akademien“ anbietet, ist er zum Guru der „Bildungs-Mütter“ geworden. Nach konsequentem pränatalen Training setzt Frau Takahashi auch nach der Geburt ihrer Tochter weiter auf die Shichida-Methode: Mit neun Monaten hockt die kleine Miho auf ihrem Windelpo und konzentriert sich auf so genannte „Flashcards“, die ihr die Mutter im Sekundentakt zeigt.
    Dabei spricht sie die Schriftzeichen aus, die auf den Kärtchen zu sehen sind. Dank dieser Methode kann die kleine Miho bereits Japanisch lesen. Mit zwei Jahren wird sie Englisch sprechen und mit drei bereits ein Tagebuch führen. Dass sie mit anderthalb Jahren schon Klavier spielt, wird sie einem anderen Kartensatz verdanken. Damit dürfte Miho fit sein für das, was man in Japan „die Examenshölle“ nennt: eine lange Reihe strenger Aufnahmeprüfungen, die schon den Zugang zum Kindergarten regeln. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 17.10.1999Phoenix
  • Folge 5
    Es wird immer schwieriger, sich über die Grenze von Tijuana im äußersten Norden Mexikos zu schleichen. Trotz des gemeinsamen Marktes mit Mexiko haben die USA in den vergangenen Jahren den Grenzstreifen mit großem Aufwand zu einem nur schwer zu überwindenden Niemandsland mit einer Art „Berliner Mauer“ ausgebaut. Ein Hauch von „innerdeutschem Grenzverkehr“ wie zu DDR-Zeiten. Sensoren für Schrittgeräusche, hochempfindliche Infrarotkameras, die jede Bewegung eines Lebewesens „aus Fleisch und Blut“ im Grenzstreifen anzeigen, Hubschrauber, Suchscheinwerfer, und Tausende zusätzlicher Grenzschützer in ihren Ford- und Chevrolet-Geländewagen machen die Wohlstandsgrenze zwischen Süd und Nord immer undurchlässiger.
    Vor allem rund um die großen Ballungsräume wie Tijuana. Tijuana, der Grenzort zu den USA, ist der verlockendste Fluchtpunkt. Es ist der meistüberschrittene Grenzübergang der Welt. 107 Millionen Menschen überqueren hier jährlich legal die Grenze. Weitere 500.000 klettern, robben, kriechen und rennen illegal hinüber – oder versuchen es zumindest.
    Viele bleiben dann aber in Tijuana hängen, wo sie unter Umständen Billigjobs in den ausländischen Montagefabriken für Elektronik und Fernseher finden, oder wo sie in Kneipen und Bars, in Bordellen oder auf dem Straßenstrich und in billigen Absteigen zu überleben versuchen. So wie die Straßenkinder von Tijuana, die mit 12, 13, oder 16 Jahren schon all das hinter sich haben, was keiner sich oder seinen Kindern wünscht: Dreck, Armut, Prostitution, Drogenabhängigkeit, Geschlechtskrankheiten und die Mädchen vielleicht schon mit 14 Jahren ein eigenes Kind. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 24.10.1999Phoenix

Erinnerungs-Service per E-Mail

TV Wunschliste informiert dich kostenlos, wenn Kinder ohne Kindheit online als Stream verfügbar ist oder im Fernsehen läuft.

Auch interessant…