Staffel 3, Folge 1–6

Staffel 3 von „Europa und seine Schriftsteller“ startete am 30.09.2015 bei arte.
  • Staffel 3, Folge 1 (52 Min.)
    Das im Herzen des Kontinents gelegene Österreich trägt noch die Narben der brutalen jüngeren Vergangenheit Europas und ist zugleich Reliquie des Ruhms und Niedergangs seiner Kaiserreiche. In der europäischen Literatur ist die heute auf ein kleines Territorium geschrumpfte einstige Großmacht von überproportionaler Bedeutung: Hugo von Hofmannsthal, Karl Kraus, Arthur Schnitzler zur Jahrhundertwende, Stefan Zweig, Robert Musil, Joseph Roth, Elias Canetti, Hermann Broch in der Zwischenkriegszeit, Ingeborg Bachmann, Thomas Bernhard, Gert Jonke in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, heute Peter Handke und Elfriede Jelinek. Werk und Biografie dieser Schriftsteller zeugen häufig vom besonderen Schicksal Österreichs in Europa: früher Kaiserreich, heute ein im Westen verankerter kleiner Staat in Mitteleuropa, deutschsprachig und an der Schnittstelle zu anderen Kulturen.
    Als Grenzland im Osten war Österreich Vorläufer eines Bundes der europäischen Völker und Kulturen. Die Identitätsfrage ist in Österreich sehr präsent, und zahlreiche Schriftsteller setzen sich mit der nationalen und politischen Sonderstellung auseinander – wenn sie nicht gerade ihrem Unmut über die österreichische Mentalität oder die Geschichte ihres Landes Luft machen. Von Robert Musil über Joseph Roth bis hin zu Thomas Bernhard, Ingeborg Bachmann und Elfriede Jelinek ist bei den österreichischen Schriftstellern des 20. und 21. Jahrhunderts eine breite Palette widersprüchlicher Heimatgefühle herauszulesen.
    Auch die drei zeitgenössischen Autoren, die im Film zu Wort kommen – Josef Winkler, Robert Menasse und Arno Geiger – setzen sich kritisch mit ihrem Land auseinander und spiegeln den aktuellen europäischen Kontext auf besondere Weise. Bei Geiger und vor allem Menasse ist das Interesse für die Geschichte und Politik Österreichs allgegenwärtig. Sehr aussagekräftig ist auch Josef Winklers persönlicher Werdegang im Spannungsfeld zwischen hier und anderswo. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereMi 30.09.2015arte
  • Staffel 3, Folge 2 (50 Min.)
    Island – das sind wilde Landschaften, verschlossene Menschen und eine schwierige Sprache, spektakuläre Vulkanausbrüche und eine nicht minder heftige Wirtschaftskrise. Weniger bekannt ist, dass umgerechnet auf die Einwohnerzahl in Island jährlich die meisten Bücher weltweit veröffentlicht werden und die Isländer zu den eifrigsten Lesern in Europa zählen. Drei bekannte Schriftsteller stellen die zahlreichen Facetten der geheimnisvollen Insel vor: Árni Thórarinsson zählt zu den Meistern des Krimi-Genres und befasst sich mit den Schattenseiten der isländischen Gesellschaft, wie Korruption und Interessenskonflikten.
    Jón Kalman Stefánsson knüpft an die literarischen Traditionen von Roman und Lyrik an und entführt den Leser in die raue, eisige Welt der nordisländischen Fjorde. Und Auður Ava Ólafsdóttir hinterfragt auf humorvolle Weise die intensive Beziehung der Isländer zur Natur. Die Dokumentation räumt mit Klischees auf und zeigt die Besonderheiten eines faszinierenden Landes aus der Sicht dreier atypischer Autoren. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereMi 07.10.2015arte
  • Staffel 3, Folge 3 (52 Min.)
    Fast alle Denker und Schriftsteller haben sich mit der scheinbaren Unvereinbarkeit von Portugal und den Portugiesen auseinandergesetzt. Ihr Unvermögen, sich als Gemeinschaft zu verstehen, hat zur Folge, dass sie sich nur in der Diaspora als Gruppe wahrnehmen. Als sei das Land ganz im Westen Europas lediglich Ausgangspunkt und nicht Heimstatt einer Nation. Die portugiesischen Autoren Mário de Carvalho, Lídia Jorge, Gonçalo M. Tavares und der mosambikanische Schriftsteller Mia Couto erläutern, was ihrer Meinung nach die portugiesische Identität ausmacht, die sich immer wieder neu erfindet.
    Lídia Jorge spricht von einer „Dichotomie zwischen den Portugiesen und Portugal“. Mário de Carvalho erklärt, warum viele glauben, dass Portugal ein wunderbares Land ohne die Portugiesen wäre. Mia Couto sieht gerade in der Fähigkeit des portugiesischen Volkes, die eigene Identität abzustreifen, seine große Stärke. Die Geschichte hat es gezeigt: Ein Volk kann ohne eigenen Staat existieren. Doch gibt es ein Land ohne Volk? Die Schriftsteller strafen das in den Jahrzehnten des Salazar-Regimes propagierte Klischee vom einfachen, unterwürfigen Volk Lügen.
    Für Mia Couto sind die Wunden der Kolonialzeit längst nicht verheilt. Er versteht Literatur als Möglichkeit, an die Tabus der Geschichte zu erinnern. Von der Nelkenrevolution über die mit dem EU-Beitritt verbundenen Hoffnungen bis hin zur heutigen Sparpolitik und Desillusionierung schließt sich der Kreis. „Vielleicht müssen noch ein paar Jahrhunderte vergehen, damit man weiß, was einen Portugiesen ausmacht“, meint Mário de Carvalho. Erneut erscheint die Auswanderung als Ausweg aus der heimischen Hoffnungslosigkeit. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereMi 21.10.2015arte
  • Staffel 3, Folge 4 (53 Min.)
    Rumänien ist wie seine Bewohner noch auf der Suche nach sich selbst: unruhig, vergleichsweise jung, enttäuscht über sein schlechtes Image im Ausland, deprimiert von seiner Vergangenheit oder einfach nur verwirrt über seine jüngste Geschichte – doch manchmal auch begeistert von seinen Gründungsmythen. Als Fünfjähriger wurde Norman Manea in ein Konzentrationslager deportiert, aus dem er vier Jahre später zurückkehrte. Als er 50 Jahre alt war, in der Endphase des Ceau¿escu-Regimes, ging er ins Exil in die USA. Doch der politische Flüchtling schrieb stets über sein Heimatland, dem er nach wie vor verbunden ist.
    Florin Lazarescu setzt sich in Ia¿i in der Region Moldau für die Wiederbelebung der kulturellen Tradition ein: Er gründete eine Zeitschrift und das größte Literaturfestival des Landes. Gabriela Adame¿teanu verzichtete lange auf eigenes belletristisches Schaffen, um sich dem politischen Journalismus zu widmen. Auf die Frage, ob sie dies bedaure, antwortet sie, durch den Journalismus habe sie viel über Rumänien gelernt. Mircea Cartarescu spricht von einem anderen Rumänien, aber vor allem von einem anderen Verhältnis zwischen Wirklichkeit und Literatur: „Als ich jung war, litt ich unter Hunger und Kälte, doch das störte mich nicht.
    Den Hunger vergaß ich beim Kafka-Lesen, die Kälte bei der Thomas-Mann-Lektüre. Mein wahres Vaterland ist nicht Rumänien, sondern Kastalien. Dort gab es nie einen Ceau¿escu und wird es nie einen geben.“ Er spricht vom imaginären Land der Gelehrten in Hermann Hesses Roman „Das Glasperlenspiel“. Vier Schriftsteller beschreiben ihr Vaterland im Spannungsfeld von Rumänien und Kastalien. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereMi 28.10.2015arte
  • Staffel 3, Folge 5 (52 Min.)
    Belgien ist das politische Herz Europas und hat eine vielseitige Identität. Das kleine Land ist in drei Sprachgemeinschaften – die niederländische, französische und deutsche – aufgeteilt. Viele Belgier erleben es als Paradox, dass sie in einem Land zu Hause sind, in dem sie eine der gesprochenen Sprachen eventuell nicht verstehen. Der anhaltende flämisch-wallonische Konflikt und die daraus erwachsenden separatistischen Bestrebungen belasten immer wieder die Zukunft des Landes. Kann man vor diesem Hintergrund von einer „belgischen“ Literatur sprechen? Mit dieser Frage setzen sich vier belgische Schriftsteller auseinander.
    Der Autor und Regisseur Jean-Philippe Toussaint fährt jedes Jahr zum Schreiben nach Ostende an die belgische Nordseeküste. Er arbeitet zwar in Belgien, aber seine Romane spielen sich häufig am anderen Ende der Welt wie in Japan ab. Als wäre Belgien ein Tabu, das man nicht mit Worten benennen darf. Der flämische Romancier und Theaterautor Tom Lanoye berichtet über ein buntes, lebendiges Land. In einer Art kabarettistischer One-Man-Show trägt er seine Texte gerne auf der Bühne vor. Lanoye vertritt eine gewisse belgische Extravaganz. David Van Reybrouck wiederum zeichnet in seinem Buch „Kongo: Eine Geschichte“ ein sehr genaues Porträt von Belgien als ehemaliger Kolonialmacht.
    Die französischsprachige Autorin Caroline Lamarche lebt genau an der Sprachgrenze zwischen Wallonien und Flandern. Die vier Schriftsteller erleben die Tatsache, Belgier zu sein, auf sehr unterschiedliche Weise. Sie führen den Zuschauer quer durchs Land: von den Nordseestränden über das Diamantenviertel in Antwerpen zur Schwerindustrie im Lütticher Becken. Über das Trennende hinaus haben sie alle den Wunsch, einen Dialog zu eröffnen und eine gemeinsame Zukunft für ihr Land aufzuzeigen. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereMi 04.11.2015arte
  • Staffel 3, Folge 6 (52 Min.)
    In der Dokumentation aus der Reihe „Europa und seine Schriftsteller“ erforschen Marie Darrieussecq, Christine Angot und Jean-Christophe Bailly die geografische, emotionale und politische Topographie des heutigen Frankreichs. Die Autoren erzählen, welche Orte sie zum Schreiben anregen und welche Grenzen sie zu überschreiten versuchen. Patrick Modiano, Pierre Guyotat und Pascal Quignard, drei weitere bedeutende französische Schriftsteller der heutigen Zeit, antworten mittels ihrer Texte auf Fragen der Zeit. Christine Angot und Marie Darrieussecq erzählen ausgehend von ihrer Kindheit in Chateauroux und dem Baskenland von ihrer Sicht auf die Welt, von Identität und Anderssein, von Geheimnissen und Tabus.
    Jean-Christophe Bailly sucht auf seinen Reisen durch Frankreich das Fremde im eigenen Land und dokumentiert seine Erkenntnisse in einem Manifest gegen Vorurteile und nationale Abschottung. Bei allen dreien ging irgendetwas verloren – und wird durch das Schreiben wieder ins Spiel gebracht. Der Film von David Teboul zeichnet das facettenreiche Bild eines Frankreichs zwischen der Suche nach einer nationalen Identität und dem Wunsch nach Vielfalt und Multikulturalität. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereMi 11.11.2015arte

zurück

Erinnerungs-Service per E-Mail

TV Wunschliste informiert dich kostenlos, wenn Europa und seine Schriftsteller online als Stream verfügbar ist oder im Fernsehen läuft.

Auch interessant…