Selbstbestimmt leben in eigener Wohnung: Dank einer 24-Stunden-Assistenz ist das für Karen Hensel möglich.
Bild: ZDF und Jupp Tautfest
Karen Hensel kann nicht sprechen, sich nicht bewegen. Oliver Stecher hat Spinale Muskelatrophie. Dank der Unterstützung einer 24-Stunden-Assistenz leben sie ein selbstbestimmtes Leben. Beide leben sie in ihrer eigenen Wohnung und werden rund um die Uhr von wechselnden Assistenten unterstützt. Ob im Alltag oder in der Freizeit. Selbst in seinem Beruf als Bürokaufmann wird Oliver Stecher von Persönlichen Assistenten unterstützt. Karen Hensel hat eine Cerebralparese mit ausgeprägter Spastik. Der Grund dafür ist ein Sauerstoffmangel während der Geburt. Sie kann sich nicht mit ihrer Stimme artikulieren. Während ihrer Kindheit konnte sie sich nur über ihre Mimik und Kopfnicken oder Kopfschütteln ausdrücken. Viele Menschen in ihrem Umfeld hielten sie damals für geistig behindert. Ihre Mutter, die als Lehrerin in der ehemaligen DDR arbeitete, brachte ihr zuhause Lesen und Schreiben bei. Heute kommuniziert Karen Hensel über einen so genannten Talker: das ist ein spezieller Monitor mit Tastaturfeld. Mit ihren Augen steuert sie jeden Buchstaben einzeln an und formt daraus Worte, Sätze, schließlich ganze Texte, die wiederum von einer Computergenerierten Stimme in die Lautsprache übersetzt werden. Über den Talker organisierte Karen Hensel ihren Alltag, verwaltet ihre Finanzen, erledigt ihre Korrespondenz und gibt ihren Assistenten Anweisungen. „Sie ersetzen meine Arme und Beine, doch ich bin das Gehirn, ich treffe die Entscheidungen!“ beschreibt Karen Hensel die Zusammenarbeit. Der Begriff „Assistent“ klingt so unpersönlich, schildert Oliver Stecher. Er nennt seine Assistenten deshalb schlicht „meine Jungs“. Sie holen ihn morgens aus dem Bett, ziehen ihn an, waschen ihn, fahren ihn mit seinem eigenen Wagen zur Arbeit. Seit vielen Jahren arbeitet er in der Aktenverwaltung der Deutschen Bundesbank in Stuttgart. Auch während der Arbeitszeit ist der jeweilige Assistent dabei. Er unterstützt bei Toilettengängen und beim Mittagessen in der Kantine, übernimmt auf Anweisung aber auch Arbeitsschritte, wie Akten scannen oder den Posteingang stempeln. Ihr Verhältnis beschreiben beide Seiten als freundschaftlich. „Wenn man so viel Lebenszeit zusammen verbringt, verschwimmt die Grenze zwischen Arbeit und Privatem“ so Oliver Stecher. (Text: 3sat)
Julia Fraschka kann nicht hören. Dank Innenohr-Prothese kann sie trotzdem als Notfallsanitäterin arbeiten. Dodzi Dougban ist taub – doch der Tänzer verzichtet entschieden auf eine Prothese. Das Cochlea-Implantat ermöglicht es, dass Julia Fraschka als erste Notfallsanitäterin in Deutschland Leben retten kann. Dodzi Dougban – seit frühester Kindheit taub – wünscht sich dagegen kein Hörgerät. „Taub zu sein, ist ein Teil meiner Identität“, sagt der Tongolese. Dodzi Dougbans Eltern haben die Kultur des afrikanischen Landes auf vielen Festivals und Konzerten präsentiert. Ihr Sohn war aus der Bühnenshow nicht wegzudenken. Der Afrodeutsche bleibt der Bühne treu und wird professioneller Tänzer, er gewinnt mehrfach die deutschen und europäischen Meisterschaften im Hip-Hop-Tanzen. Außerdem etabliert er sich als Choreograf und Schauspieler. „Meine Sprache ist die deutsche Gebärdensprache, sie ist meine Muttersprache.“ Sie gehört zum immateriellen Kulturerbe in Deutschland. Julia Fraschka liebt die Hektik und das Adrenalin im Einsatz. Doch vor allem die Möglichkeit, Menschen zu helfen und zu retten, motiviert sie jeden Tag. Als Kind ist sie selbst auf Hilfe angewiesen und beschließt, etwas zurückzugeben. Im Rettungswagen ist sie jeden Tag aufs Höchste gefordert. Ihre Cochlea-Implantate erlauben ihr unter anderem, sich mit dem Stethoskop zu verbinden und so den Herzschlag von Patienten zu hören. (Text: 3sat)