Der Wald in Mitteldeutschland stirbt viel schneller, als selbst die engagiertesten Klimaschützer dachten. Ein Vorbote für etwas, was unserer Natur ereilt? Und niemand weiß genau, was die Zukunft bringt. Die Wissenschaft baucht mehr Freiheit, aber die kriegt sie nicht. Rückblick. April 2019 im Südharz. Nach dem Dürrejahr 2018 fürchtet der Waldbesitzer Jörg von Beyme um die Fichten. Heute hat er sie abgeschrieben. Und mehr noch: Die Buche stirbt, nicht nur bei ihm, überall. „Es ist die schlimmste Katastrophe für unseren Wald. Die Größte des Jahrhunderts – eine, die wir so noch nie erlebt haben. Die Angst geht um, auch um die Existenz.“ Jörg von Beyme durchstreift seinen Fichtenwald im Südharz, nicht weit von Sangerhausen. So wie ihm geht es derzeit Förstern im Thüringer Wald, im Erzgebirge, im Harz – überall. Jörg von Beyme muss jene Fichten finden, die eigentlich noch gesund aussehen. Die aber – tickende Zeitbomben sind. Experten wissen: In vielen Fichten schlummert eine Jahrhundertgefahr: mehrere 10.000 Borkenkäfer pro Baum. Eine einzelne Fichte kann zur Brutstätte von 1,5 Milliarden Käfern werden. Drei
Generationen Borkenkäfer, in einem Jahr – so etwas hat es noch nie gegeben. Es droht die schlimmste Borkenkäferplage seit dem Ende des 2. Weltkrieges. Es ist das Erbe eines Jahres voller Wetterextreme: 2018, dieses Jahr schlimmster Trockenheit. Das größte Niederschlagsdefizit aller Zeiten. 40 Prozent weniger Regen als im langjährigen Durchschnitt. So viele Hitzetage wie noch nie. Die Fichten sind nicht mehr in der Lage, die Käfer mit eigenem Harz zu bekämpfen. Ihnen fehlt schlicht das Wasser. Und dann fegten noch zahlreiche Stürme und Orkane in den letzten Monaten durch den geschwächten Wald. Selbst, wenn Jörg von Beyme die kranken Bäume identifiziert: Er kriegt sie kaum aus dem Forst, die Sägewerke zahlen nichts mehr. Der Markt ist überschwemmt von Schadholz aus Osteuropa und dem Alpenraum. Es ist eine europaweite Waldkrise. Die Forstbetriebe in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt kämpfen ums Überleben. Und brauchen eigentlich Geld, um einen neuen Wald zu bauen. Ein Teufelskreis. „Echt“ dokumentiert die größte Waldkrise des Jahrhunderts – Moderator Sven Voss begibt sich im Thüringer Wald und im Harz auf die Suche nach dem Ausweg. (Text: mdr)