Die gelbe Sahara ist die Bilderbuchwüste: Sandmeere wogen, Dünen ziehen vorbei. Dattelpalmoasen unterbrechen die beschwerliche Reise. Eine Fata Morgana erscheint in der Ferne. Die Sahara beeinflusste nachhaltig die abendländische Kultur des 19. Jahrhunderts. Doch feiner Sand wie in der Sahara bedeckt nur 20 Prozent aller Wüsten. Ägypten kann sich damit rühmen, dass fast die Hälfte seines Wüstenanteils sandbedeckt ist. Die Oase Siwa, berühmt durch das Orakel des Amun-Re, liegt knapp 40 Meilen entfernt von der libyschen Grenze und gehört damit zu den entlegensten Orten West-Ägyptens. Erst seitdem die schnurgerade vierspurige Wüstenstraße von Marsa Matruh am Mittelmeer durch die Sahara gezogen wurde, ist Siwa auch für Nicht-Karawanen und damit Touristen erreichbar. Doch Siwa ist nicht Kairo oder das berühmte „Tal der Könige“. Die Oasen sind anders und ihre Bewohner auch. Traditionsverbunden und oft im Einklang mit der Natur wenden sich viele von dem ab, was wir Fortschritt nennen oder womit wir uns materiell und dinglich umgeben. An saftigen, grünen Palmenhainen, zwischen Olivenbäumen, Obstgärten und komfortablen Hotels beginnt die Reise. Aus der flachen Geröllwüste wird, nach der lauten Oase Badayira langsam der ersehnte Wüstentraum. Doch erst mit Farafra eröffnet sich die richtige Märchenwelt. Der Besuch in der Karawanserei ist ein Abenteuer an sich. Mehr als hundert Kamele bestaunen
neugierig die Regisseurin, schmiegen sich an oder schnuppern an ihr herum. Mit ihren langen Hälsen sind sie schnell und beweglich. Zwar beklagen die für eine Karawane ausgewählten 13 Tiere zunächst einmal lautstark die Trennung von ihrer Herde, aber schon nach wenigen Stunden ist all das vergessen und der gleichmäßige Rhythmus ihres Ganges gibt das Tempo der Reise vor. Die Landschaft entlang der alten Karawanenstraße von Farafra nach Dakhla – ein Weg, der zu Fuß neun Tage dauert – überrascht mit ungeahnten Kalksteinformationen, Gebirgen, Pyritfeldern, Fossilien und schier unglaublichen Dünenketten. Sand gibt es hier in allen erdenklichen Tönen: Von beige oder ocker zu gelb und orange. Das Holz, das am Tage aufgesammelt wird, verbrennt am Abend in einem wärmenden Feuer. Die Beduinen stellen einen Windschutz auf und legen Matratzen zum Schlafen in den Sand. Ein leckeres Essen wird praktisch aus dem Nichts gezaubert und der Abend – unter einem atemberaubenden Sternenhimmel – endet mit Musik und süßem Tee. Doch die Musik dient nicht nur der Unterhaltung. Mit Gesang werden auch Streitgespräche ausgefochten und Geschichten weitergegeben. Der Augenblick zählt, das Zusammensein in dieser unglaublich weiten Einsamkeit. Die Magie der Wüste holt jeden ein, der sie erlebt. „Wer die Wüste nicht kennt und ihren Atem nie gespürt hat, wird sein Leben lang erfüllt sein von Sehnsucht“, sagt eine alte beduinische Weisheit. (Text: arte)