„Fire Country“: Das Feuer lodert nicht nur in der Großstadt – Review

Familienbande, Handlungsort und Max Thieriot heben CBS-Drama von der Konkurrenz ab

Ralf Döbele
Rezension von Ralf Döbele – 11.09.2023, 10:00 Uhr

„Fire Country“ mit Max Thieriot startet am 11. September bei Universal TV – Bild: CBS
„Fire Country“ mit Max Thieriot startet am 11. September bei Universal TV

CBS setzt gerne auf Bewährtes, nicht nur bei den Thematiken seiner Serien. Mitunter rekrutiert das US-Network auch gerne aus den eigenen Reihen – so auch im Fall von Max Thieriot. Der Schauspieler, der zahlreichen Serienfans noch als Norman Bates’ charismatischer Bruder Dylan aus „Bates Motel“ im Gedächtnis sein dürfte, absolvierte zuletzt sechs Jahre lang für CBS seinen Dienst im „SEAL Team“. Sein Ausstieg dort diente 2022 einem Karrierewechsel: vom Elite-Offizier der Navy zum Feuerwehrmann in „Fire Country“, das nun auch in Deutschland bei Universal TV startet.

„Fire Country“ hat Thieriot selbst mitentwickelt, er fungiert hier auch als Serienschöpfer und Produzent. Zeitgleich schließt CBS mit dem neuen Format gewissermaßen eine Procedural-Lücke, denn NBC und ABC haben mit „Chicago Fire“ und „Seattle Firefighters – Die jungen Helden“ längst erfolgreiche Feuerwehr-Formate im Programm. Genug scheinen die Zuschauer von dem Genre jedenfalls nicht zu haben, das Drama startete erfolgreich und bereits im Januar wurde eine zweite Staffel bestellt. Manchmal genügen eben auch Variationen eines Themas, solange sie gut genug gemacht sind.

Was „Fire Country“ von Anfang an von der Konkurrenz abhebt, ist der Handlungsort. Die Serie spielt in der fiktiven nordkalifornischen Kleinstadt Edgewater, angesiedelt in einem Tal und umgeben von ausladenden Waldgebieten. Es handelt sich genau um jene Gegend, die in den letzten Jahren immer stärker von verheerenden Waldbränden heimgesucht wurde. Unweigerlich denkt man beim Anschauen an die Katastrophen der durch Feuer komplett zerstörten Stadt Paradise oder an das verheerende Glass Fire, welches 2020 das Touristen-Idyll der Weinanbaugebiete im Napa und Sonoma Valley heimsuchte. Max Thieriot wiederum sei durch seine eigene Jugend im Sonoma County zu „Fire Country“ inspiriert worden.

Eine weitere reale Komponente ist ein Eckpfeiler der Serienhandlung: das sogenannte „Cal Fire“-Programm, in dem Häftlinge zu Feuerwehrleuten ausgebildet werden, um die örtlichen und staatlichen Feuerwehren zu unterstützen. Diese Häftlinge machen inzwischen mehr als 25 Prozent der Feuerwehrleute in Kalifornien aus.

Bode Donovan (Max Thieriot) hofft durch den Feuerwehreinsatz auf eine Reduzierung seiner Haftzeit. CBS

In „Fire Country“ schließt sich der Häftling Bode Donovan (Thieriot) dem Programm an, um seine Strafe zu verkürzen, nachdem sein Antrag für eine Entlassung auf Bewährung abgelehnt wurde. Gemeinsam mit seinem Kumpel Freddie Mills (W. Tré Davis) wird er in das „Cal Fire“-Camp nach Edgewater geschickt, um seine Ausbildung zu beginnen. Doch Bode ist von seinem Einsatzort alles andere als begeistert, verrät seinem neuen Kommandanten Manny Perez (Kevin Alejandro„True Blood“) aber zunächst nicht, weshalb. Eine unangenehme Beziehung zu Edgewater scheint Bode aber zu haben.

Zeitgleich stellt Batallion Chief Vince Leone (Billy Burke„Revolution“) einen Antrag auf neues und moderneres Equipment, um Großfeuer effektiver bekämpfen zu können. Doch sein Gesuch wird mit dem Verweis auf gebrauchtes Equipment abgelehnt, auch von Division Chief Sharon Leone (Diane Farr„Numb3rs“). Das Streitgespräch wird in der heimischen Küche fortgesetzt – denn die beiden sind verheiratet. Und sie leiden noch immer unter dem Verlust ihrer Tochter Riley, die vor einigen Jahren tödlich verunglückt ist.

Auch die Feuerwehrleute Jake Crawford (Jordan Calloway – „Black Lightning“) und Eve Edwards (Jules Latimer) vermissen ihre Freundin von damals, während Jake zunächst scheinbar viel zu großes Interesse daran hat, dass seine Freundin Gabriela (Stephanie Arcila) ihre olympische und bislang eher glücklose Karriere als Turmspringerin in Florida fortsetzt. Ihr Vater Manny wollte seine Tochter ebenfalls immer lieber von Wasser, als von Feuer umgeben sehen. Doch nach einem Großeinsatz entwickelt Gabriela ganz andere Ambitionen.

Leiten gemeinsam das Fire Department in Edgewater: Sharon (Diane Farr, l.) und Vince Leone (Billy Burke) CBS

Das Kleinstadt-Setting inmitten der Natur verleiht „Fire Country“ den eigenständigen Look, der bei Procedural-erprobten (oder ermüdeten?) Zuschauern praktisch sofort das Gefühl der Abwechslung weckt. Durch das Familiengeflecht der Leones und die Implikation, dass auch bereits frühere Generationen der aktuellen Serienhelden hier gegen Großfeuer kämpften, orientiert sich die Serie auch inhaltlich weniger an der Konkurrenz bei den anderen Networks oder an CBS-Procedurals wie „FBI“ und „Navy CIS“, sondern eher am Cop-Dauerbrenner „Blue Bloods“. Dementsprechend hoch ist auch ein gewisser Soap-Faktor, nicht nur durch die persönlichen Verwicklungen und Vorgeschichten, sondern vor allem durch die Art, wie sie nach und nach enthüllt werden.

Dem Pilot gelingt es dabei sehr gut, die Handlungsfäden zueinander zu führen, bis am Ende der ersten Folge ganz klar ist, wer wen kennt, wo einige Leichen begraben sind und welches Konfliktpotenzial in den nächsten Episoden zwischen welchen Figuren entzündet wird. Die Folgen 2 und 3 können dieses Level an Überraschungen zwar nicht fortführten, untermauern das Set-Up aber substanziell, indem sie den Figuren auch mehr Zeit zum Durchatmen lassen.

Das Ensemble von „Fire Country“ CBS

Die Zusammenstellung des Ensembles ist überaus gelungen, vor allem, was die Darstellerleistung betrifft, und doch ist die Serie ganz auf Max Thieriot als Bode zugeschnitten – leider zum Teil auf etwas übertriebene und unreflektierte Art und Weise. Er ist ein Häftling und man muss ihn liebhaben! Trotz bewaffnetem Raubüberfall, für den er sich aber natürlich gleich in den ersten Minuten bei der Anhörung zur Bewährung ordnungsgemäß entschuldigt. Doch sicher ist sicher, vorsichtshalber zeichnet Bode auch noch nachdenklich und sensibel in seinem kleinen Buch Portraits und Erinnerungsfragmente. Etwas mehr Gebrochenheit, mehr Ecken und Kanten hätten hier sicher gutgetan. Mit einem weniger kompetenten Schauspieler hätte Bode leicht zu einem deplatzierten Schwiegermamaliebling in Häftlingskluft verkommen können.

Auch bei der Darstellung des Häftlingsprogramms selbst gehen die „Grey’s Anatomy“ erprobten Chefautoren Tony Phelan und Joan Rater bedauerlicherweise deutlich oberflächlicher zu Werke, als bei der Familienkonstallation, von der man mehr erfahren möchte. Das größte Novum der Serie wird so zugleich auch zu ihrer bislang größten Schwäche.

Abgesehen von Bodes Kumpel Freddy, der nach einem unglücklichen Zustammenstoß mit einem vermeintlichen Bären, der aber eine Ziege war, den Spitznamen „Goat“ erhält, bleiben alle anderen Häftlinge charakterlose Statisten, die ihre Ausbildung und potenziell brandgefährliche Arbeit ohne Murren und Knurren erledigen. In der realen Welt hätten sie nach Verbüßung ihrer Haftstrafe die größten Probleme, trotz ihrer umfassenden Ausbildung weiter als Feuerwehrmann oder Feuerwehrfrau für den kalifornischen Staat arbeiten zu können. So wird hier bislang erzählerisches Potenzial verschenkt, das andererseits bei der Zeichnung der Einwohner von Edgewater und ihrer Einstellung zu der ständigen Bedrohung gut genutzt wird.

Die Asche regnet auf die Häftlinge um Cal Fire Captain Manny Perez (Kevin Alejandro, 2. v. r.) CBS

Vermutlich wäre es in den kanadischen Wäldern um Vancouver, wo „Fire Country“ entsteht, gar nicht möglich, noch stärker die gezeigten Einsätze mit realem Feuern zu inszenieren oder es wäre schlichtweg zu teuer. So greift die Serie weitgehend auf computeranimierte Effekte zurück. Dies funktioniert je nach Sequenz allerdings unterschiedlich gut und mitunter bleibt die visuelle Darstellung der Brände erstaunlich flach, während sie in anderen Szenen durchaus funktioniert. In Sachen Beklemmung, Dramatik und dem Einbinden des Zuschauers in die Rettungsmissionen, ist die Konkurrenz „Fire Country“ zumindest in den ersten Folgen noch ein klares Stück voraus.

Dennoch, die Figurenkonstellation und die Besetzung funktionieren und als Procedural-Fan erlebt man Handlungsorte und Komponenten eines bekannten Themas, das man so in serieller Form noch nicht gesehen hat. Sollte man Max Thieriot außerdem bereits durch seine vorherigen Serienrollen als Dylan Massett und Clay Spenser mögen, ist man im „Fire Country“ bestens aufgehoben. Bei manchen Bestandteilen gibt es zwar Luft nach oben, doch bei einer Serie, die auf 22 Folgen pro Staffel ausgelegt ist, darf das am Anfang auch durchaus mal sein. Nach den ersten drei Episoden wirkt es jedenfalls nicht so, als würde dem Feuer in Edgewater so schnell die Luft ausgehen.

Meine Wertung: 3,5/​5

„Fire Country“ startet am heutigen 11. September um 20:15 Uhr beim Pay-TV-Sender Universal TV mit einer Doppelfolge. Der Rest der ersten Staffel ist danach immer montags zur Primetime zu sehen. Parallel dazu sind die Folgen auch stets bei MagentaTV abrufbar.

Über den Autor

Ralf Döbele ist Jahrgang 1981 und geriet schon in frühester Kindheit in den Bann von „Der Denver-Clan“, „Star Trek“ und „Aktenzeichen XY …ungelöst“. Davon hat er sich als klassisches Fernsehkind auch bis heute nicht wieder erholt. Vor allem US-Serien aus allen sieben Jahrzehnten TV-Geschichte haben es ihm angetan. Zu Ralfs Lieblingen gehören Dramaserien wie „Friday Night Lights“ oder „The West Wing“ genauso wie die Prime Time Soaps „Melrose Place“ und „Falcon Crest“, die Comedys „I Love Lucy“ und „M*A*S*H“ oder das „Law & Order“-Franchise. Aber auch deutsche Kultserien wie „Derrick“ oder „Bella Block“ finden sich in seinem DVD-Regal, das ständig aus allen Nähten platzt. Ralf ist als freier Redakteur für fernsehserien.de tätig und kümmert sich dabei hauptsächlich um tagesaktuelle News und um Specials über die Geschichte von deutschen und amerikanischen Kultformaten.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Star Trek – Enterprise, Aktenzeichen XY … Ungelöst

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Gar nicht schlecht, ich hoffe, es gibt eine zweite Staffel.
    • am via tvforen.de

      Mir hatten die erstenm beiden Folgen sehr gut gefallen! Freue mich auf die weiteren.
      • am

        Hm, also die grundlegend positive Bewertung kann ich nicht nachvollziehen - auch dass Bode so charismatisch sein soll... Thieriot kommt hölzern rüber, schauspielerisches Talent kann ich da wenig entdecken. Im Übrigen auch nicht bei den meisten anderen Hauptpersonen, die Elterngeneration mal ausgenommen.



        Ja, das Setting könnte interessant sein, wenn's etwas seriöser angegangen worden wäre und nicht das Soap Opera-Element klar im Vordergrund stünde.
        • (geb. 1967) am

          Wegen dieser Serie hat er also das "Seal Team" verlassen! Kann ich noch immer null nachvollziehen! Und, mittlerweile häufen sich die Feuerwehr Serien, und, null Bedürfnis auch zu dieser!
          • am

            ich bin heute Abend auf jeden Fall mit dabei.
            • (geb. 1990) am

              bin auf die serie sehr gespannt da mich bisher andere feuerwehr serien (station 19/chicago fire und mit gewissen abstrichen 911 notruf la, auch wenn es hier keine direkte feuerwehr serie ist) enttäuscht haben.


              allein schon wegen Billy Burke und Max Thieriot 
              mag beide darsteller sehr gern....hoffen wir auf eine gute "feuerwehr" serie.....

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