Schon seit Jahren ist der Donnerstagabend auf NBC nur noch ein Schatten dessen, was noch zu Beginn dieses Jahrzehnts „Must-See-TV“ war. Einstige Quotenkönige wie „Friends“, „Emergency Room“ oder „Verrückt nach Dir“ wurden ersetzt durch eine Reihe von stark auf Satire setzende Comedy-Serien, die alle bei den Quoten zwischen der Acht- und Vier-Millionen-Marke herumdümpeln. „Community“ ist der Neuzugang an diesem inzwischen für NBC schwierigen Abend und hat es entsprechend schwer ein Publikum zu finden. Trotzdem hat der Sender dem Format ein Vertrauensvorschuss gewährt und es für eine komplette Staffel mit 22 Episoden verlängert.
„Community“ hat dieses Vertrauen verdient. Im Gegensatz zu Amy Poehlers planlos durch das Comedy-Universum irrende „Parks and Recreation“, das immer im Anschluss läuft, hat die College-Satire aus der Feder von Dan Harmon („The Sarah Silverman Program“) einiges zu bieten: liebenswerte Charaktere, ein leicht chaotisches Universitätsumfeld, das auch auf dieser Seite des Atlantiks so manchem durchaus bekannt vorkommen dürfte, und einen satirischen Blick auf diesen Alltag, der nicht überzogen ist, sondern angenehm subtil und gerade deshalb überzeugend daher kommt. Der Campus von Greendale wird in der ersten Folge realistisch, aber trotzdem nicht depressiv oder langweilig in Szene gesetzt. Das farbenfrohe Ambiente in den Büros, Gängen und Seminarräumen lockt einen fast wieder verführend zurück an die Hochschule seines Vertrauens.
Joel McHale, Chevy Chase und Gillian Jacobs NBC Universal, Inc.
Trotzdem hat die Pilotfolge auch mit einigen Schwächen zu kämpfen. Die werden vor allem durch die erstklassige Besetzung ausgeglichen. Es sind die Schauspieler, die hier die Figuren interessant machen, nicht das Drehbuch. Dennoch, eine wirkliche Chance sie kennen zu lernen hat man zum Auftakt nicht. Vielmehr sind es einzelne Neurosen-Schnipsel, die am Tisch des Seminarraums ausgetauscht werden, die das Bild einigermaßen vervollständigen. Hauptdarsteller Joel McHale schafft es hervorragend das liebenswerte Arschloch Jeff mit Leben zu füllen. Die Rolle hätte leicht zum komplett nervtötenden Aufschneider verkommen können, doch dank McHale kann man sich in Jeffs Situation hineinversetzen. Wir kennen sie alle, die ehemaligen Mitschüler die so gut in allem waren, dass sie kaum je für einen Test lernen mussten. Doch sind sie dadurch für das Leben vorbereitet? Nicht unbedingt, wie Jeffs Ehrenrunde auf dem Community College nun beweist.
Die bunt zusammengewürfelte Truppe von „Community“ hat eine Chance verdient sich zu entwickeln. Einen wirklichen Star in der Runde gibt es (noch) nicht, aber vielleicht ist das reizvolle des Formats ja wirklich die entstehende Gruppendynamik im neurotischen Studienkreis. Es bleibt zu hoffen, dass wir dessen einzelne Mitglieder bald noch besser kennen lernen, die Darsteller weiterhin ihren Charme versprühen können und Jeff tatsächlich einige Lektionen fürs Leben lernt. Es wäre traurig, wenn der verhinderte Anwalt auf die Rolle des Schürzenjägers reduziert wird und die ganze Staffel nur hinter Britta herjagt. Im Dschungel der anspruchslosen Mittelmäßigkeit, zu dem NBC immer stärker zu verkommen scheint, bietet „Community“ doch einen recht beachtlichen, funkelnden Hoffnungsschimmer.
Ralf Döbele ist Jahrgang 1981 und geriet schon in frühester Kindheit in den Bann von „Der Denver-Clan“, „Star Trek“ und „Aktenzeichen XY …ungelöst“. Davon hat er sich als klassisches Fernsehkind auch bis heute nicht wieder erholt. Vor allem US-Serien aus allen sieben Jahrzehnten TV-Geschichte haben es ihm angetan. Zu Ralfs Lieblingen gehören Dramaserien wie „Friday Night Lights“ oder „The West Wing“ genauso wie die Prime Time Soaps „Melrose Place“ und „Falcon Crest“, die Comedys „I Love Lucy“ und „M*A*S*H“ oder das „Law & Order“-Franchise. Aber auch deutsche Kultserien wie „Derrick“ oder „Bella Block“ finden sich in seinem DVD-Regal, das ständig aus allen Nähten platzt. Ralf ist als freier Redakteur für fernsehserien.de tätig und kümmert sich dabei hauptsächlich um tagesaktuelle News und um Specials über die Geschichte von deutschen und amerikanischen Kultformaten.
