Weltreisen Weltspiegel-Reportage: Irlands grüne Grenze
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Weltspiegel-Reportage: Irlands grüne Grenze
Man sieht sie nicht und fast haben die Menschen sie vergessen: Irlands grüne Grenze. Aber bald schon könnte sie die Insel wieder scharf durchtrennen. Wo Flüsse mäandern, kurvige Landstraßen Wiesen und Wälder durchziehen, da verläuft die 500 Kilometer lange Grenze zwischen Irland und der britischen Provinz Nordirland. Sie teilt Dörfer, Farmland, Flüsse und Seen. Im blutigen Bürgerkrieg zwischen irischen Nationalisten und britischen Unionisten wurden im Grenzgebiet der nordirischen Unruheprovinz Bomben geworfen und Menschen getötet. Heute, fast 20 Jahre nach dem Friedensabkommen, gibt es dort keine bewaffneten Grenzkontrollen mehr, keine Betonblockaden, keinen Zoll. Aber wenn der Brexit kommt, wird zwischen Irland und dem britischen Nordirland die EU-Außengrenze verlaufen. Sie wird wieder trennen, was gerade mühsam zusammenwächst. Die Erinnerung an die Todesopfer des blutigen Bürgerkrieges liegt plötzlich wieder wie ein Schatten über der Region. Sie weckt erneut Misstrauen und
die Sorge vor dem Wiederauflodern von Terror und Gewalt, wenn der Brexit die Insel teilt. Der Nordire Eugene Reaves verlor 1982 in einer Nacht drei Brüder. Sie wurden kaltblütig erschossen von einer protestantischen Terrorgang, nur eil sie Katholiken waren. Seit Jahrzehnten kämpft Eugene jeden Tag für Gerechtigkeit und dafür, dass die Mörder zur Verantwortung gezogen werden. Und Geschichte kann sich wiederholen, fürchtet Eugene Reaves. Damit das nicht passiert, hat die EU bisher viel Geld gezahlt. „Friedensgeld“ nennen die Menschen hier die Milliarden, die aus Brüssel nach Nordirland fließen. Gelder, mit denen Straßen gebaut, grenzüberschreitende Projekte bezahlt und Farmen subventioniert werden. Was wird aus dem Frieden, wenn das Geld nach dem Brexit ausbleibt? Was, wenn die Touristen nicht mehr kommen, die Hoffnung und Wohlstand nach Nordirland tragen? Und was, wenn Zölle die historisch magere Wirtschaft bremsen? Nordirland hat durch den Brexit viel zu verlieren. (Text: NDR)