Typisch! Folge 344: Der Torfhändler aus dem Rheiderland
Folge 344
Der Torfhändler aus dem Rheiderland
Folge 344 (30 Min.)
Enno Meyer aus Jemgum in Ostfriesland ist Torf- und Kohlenhändler. Er ist einer der Letzten seiner Zunft, der überhaupt noch Torf verkaufen darf. Schon als Kind liebte Enno das Geschäft mit den schwarzen Brennstoffen und lieferte mit seinem Vater Torf und Kohlen aus. In den 1970er-Jahren, mit der Umstellung auf Zentralheizungen, musste der Vater seinen Brennstoffhandel aufgeben. Enno machte eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker und träumte davon, irgendwann doch noch in die Fußstapfen seines Vaters treten zu können. Nach einer schweren Lebenskrise hat er sich vor vier Jahren auf die vertraute Welt seiner Kindheit besonnen und gründete seinen eigenen Brennstoffhandel. Dabei geht es ihm weniger ums Geldverdienen. Für ihn ist dieser Handel Hobby, Familientradition, Halt und Lebensweisheit in einem. Seinen Lebensunterhalt verdient der 51-Jährige im Klinikum Leer. Dort hilft er bei der Essensausgabe und entsorgt den Sondermüll. Erst nach Schichtende, in seiner Freizeit, hat Enno Meyer Zeit für seine Leidenschaft. Den Torf bezieht er bei einem der letzten Torfbauern in Wiesmoor, der noch ein paar Restflächen abbauen darf. Neue Abbauflächen werden schon seit Langem nicht mehr genehmigt. Schon im
Frühjahr ist Enno beim Stechen des Moorbodens dabei. Tonne für Tonne legt er die feuchten Torfstücke versetzt in 25 Meter langen Reihen aus, damit Luft zum Trocknen dazwischen kommt. Auf Plattdeutsch heißt das „stuken“, eine uralte Technik. Das kraftaufwändige Prozedere lässt sich Enno nicht nehmen, das Stuken ist für den Ostfriesen die reinste Therapie, wertvolle Zeit zum Nachdenken. Und es senkt den Einkaufspreis. Den getrockneten Torf und die Kohlen, die er in Brandenburg kauft, liefert Enno zu Sommerpreisen direkt an die Kunden aus. In seinem alten Unimog zuckelt er durch ganz Ostfriesland. Und ist der Vorratskeller bei den Kunden aufgefüllt, gibt es für ihn häufig „een Koppke Tee“ am Küchentisch, wie zu Vaters Zeiten. Vor allem ältere Menschen, die sparen müssen, heizen ihre Öfen häufig noch mit Torf oder Kohlen. Viele lieben den besonderen Geruch, er erinnert sie an ihre Kindheit. Torf hat eine lange Tradition in Ostfriesland, aber auch Enno ist bewusst, dass das Geschäft mit dem jahrtausendealten Moorboden aus ökologischen Gründen bald vorbei sein muss. Das Porträt aus der Reihe „Typisch!“ begleitet den Torfhändler bei seiner Arbeit, die es wohl bald nicht mehr geben wird. (Text: NDR)