Schlürfen, schmatzen, spucken – bis zu 80 Mal hintereinander. Für Franz Thiele beginnt so ein ganz normaler Arbeitstag. Franz Thiele ist der Inhaber des ostfriesischen Teehandelshauses „Thiele & Freese“ gegründet 1873. Von seinen feinen Geschmacksnerven hängt es ab, ob die Kunden treu bleiben. Täglich verkostet Thiele zig Sorten Assam Tee aus Indien, aus denen dann die berühmte Ostfriesenmischung entsteht. Immer mit dabei ist Michael Grensemann. Eigentlich der Bilanzbuchhalter der Firma, aber der Chef hat ihn jahrelang zum „Co-Trüffelschwein“ ausgebildet. Denn vier Augen, zwei Nasen und Münder merken eher, ob die Ostfriesenmischung auch wirklich hundertprozentig stimmt. In der kleinen Manufaktur in Emden arbeitet auch Erika Warda. Seit dreißig Jahren kocht sie hier Tee – aber nicht wie zu Hause, Wasser drauf und fertig. Frau Warda ist Präzisions-Teekocherin. Bei den täglichen Verkostungen ist es wichtig, aufs Milligramm genau abzuwiegen, auf ein Zehntel Grad genau die
Wassertemperatur zu treffen, denn sonst könnten die beiden Verkoster in die Irre geführt werden. In dem Familienbetrieb kommt es darauf an, dass sich jeder auf den anderen verlassen kann: Kippt der Schotte Alan Ross die falschen Teesorten in die Mischanlage, ist die Qualität dahin. Wenn Celine Thiele, die Ehefrau des Inhabers, beim Ausschank in der Scheune eines Landgutes schlecht arbeitet, verprellt sie Kunden, denn hier treffen sich fast nur echte Ostfriesen, und die merken sofort, wenn mit ihrem „Broken Silber“ etwas nicht stimmt. Das wäre der „GAU“ für Familie Thiele und ihren Tee. Der Markt für echten Ostfriesentee ist hart umkämpft. Zusätzlich machen Trendgetränke und Kaffeeketten den Thieles das Leben schwer. Aber Franz Thiele bleibt sich treu: „Tee to go? Niemals! Unsern Tee trinkt man im Sitzen. Mit viel Muße. War schon immer so, bleibt auch so.“ „Typisch!“ taucht ein in das kleine Emder Familienimperium und erkundet den Zauber des ostfriesischen „Nationalgetränks“. (Text: NDR)