SRF DOK Die Affäre Conradi – Der Attentäter, Russland und die Schweiz
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Die Affäre Conradi – Der Attentäter, Russland und die Schweiz
Der Grossvater von Moritz Conradi wandert 1855 aus dem Bündner Dorf Andeer in die Hauptstadt des russischen Zarenreichs St. Petersburg aus, gründet dort eine Schokoladenfabrik und wird reich. Moritz wird 1896 in St. Petersburg als Sohn einer begüterten und angesehenen Familie geboren. Doch schon bald wird seine sorglose Jugend beendet. Im Verlauf der Russischen Revolution von 1917 verliert die Familie Conradi ihren ganzen Besitz. Der Onkel von Moritz wird erschossen, sein Vater stirbt an den Folgen von Hunger. Der junge Moritz Conradi wird zum glühenden Antikommunisten. Im Russischen Bürgerkrieg (1917 bis 1921) kämpft er als Leutnant mit den Truppen der Weissen Armee gegen die Rote Armee der Bolschewiki. 1921 flieht er in die Schweiz und wird zum Attentäter. Im Mai
1923 erschiesst Conradi in einem Lausanner Nobelhotel den sowjetischen Spitzendiplomaten Watzlaw Worowski. Nach der Tat ruft er: „Ich bin der neue Wilhelm Tell, ich habe einen dieser roten Hunde erschossen.“ In jenen Jahren ist die Stimmung in der Schweiz stark antikommunistisch. In einem Prozess, der international riesiges Aufsehen erregt, wird Conradi vom Lausanner Geschworenengericht freigesprochen. Ein Skandal im In- und Ausland. Die aussenpolitischen Folgen des Racheakts sind für die Schweiz gravierend. Der Mord und der Freispruch des Attentäters belasten die Beziehungen zwischen der Schweiz und der Sowjetunion schwer. Der Kreml ist wütend, bricht bis 1946 die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zur Schweiz ab. (Text: SRF)