Der Tod schert sich nicht um Gerechtigkeit. Die Lebenden tun es ja auch nicht. „Die kommen, lassen sich von mir beraten – und dann kaufen sie bei der Konkurrenz“, schimpft die Blumenfrau. Manchmal trägt sie bei der Arbeit Lärmschutzkopfhörer, weil der Verkehr vor ihrem Bretterbüdchen so laut ist. Nach der Arbeit geht sie dann auf den Friedhof – eine „Oase der Ruhe“, wie sie sagt. Ihre jung verstorbene Tochter liegt nicht weit. Aber darüber redet sie
nicht gern. Frau Strack wartet auf den Frühling. Ihren toten Ludger besucht sie immer noch jeden Tag. Sie ist ihm zutiefst treu. Nur ganz selten hat sie ein paar unbeschwerte Momente – und gleich ein schlechtes Gewissen: „Nein, Schatz, ich hab dich nicht vergessen“, sagt sie dann. Nun sprießen die Knospen, aus dem Winter wird der Frühling und der nette Witwer, der genau wie sie täglich zum Friedhof kommt, grüßt sie zum ersten Mal mit Namen. (Text: WDR)