Nach den Erfolgen mit zeitgeschichtlichen Fernsehfilmen wie „An der Grenze“ oder „Das Wunder von Berlin“ will das ZDF nun das Leben von Rudi Dutschke verfilmen. Im April soll mit den Dreharbeiten zu einem „doku-fiktionalen Film“ begonnen weden, wie der Sender am Freitag mitteilte. Interviewpassagen sollen dabei mit inszenierten Szenen verbunden werden und den Lebensweg des Studentenführers der 68er-Bewegung nachzeichnen.
Die Grundlage für das Projekt bildet die Biographie von Gretchen Dutschke, „Wir hatten ein barbarisches, schönes Leben“. Rudi Dutschkes Witwe wird zudem als Beraterin für die Produktion tätig sein. Mit ihr wurde bereits ein ausführliches Interview geführt, genau wie mit Wolfgang Kraushaar, Bernd Rabehl, Gaston Salvatore, Eberhard Diepgen und vielen anderen. Durch die Einarbeitung der Interviews wird versucht, sowohl ein Porträt des Menschen Rudi Dutschke, als auch ein Porträt seiner Generation, ihrer Utopien und Enttäuschungen zu erstellen.
Die Handlung des Films wird 1964 beginnen und den Aufstieg Dutschkes zur zentralen Figur der 68er-Bewegung darstellen. Die Phase des Exils nach dem Attentat im April 1968 und die ersten öffentlichen Auftritte in den siebziger Jahren werden ebenfalls behandelt. Regie bei der teamWorx-Produktion führt Stefan Krohmer („Sie haben Knut“), das Drehbuch stammt von Daniel Nocke („Duell in der Nacht“), beide zählen zur Nach-68er-Generation. Eine Ausstrahlung im ZDF ist für den Herbst diesen Jahres vorgesehen.
Dutschke grenzte sich als antiautoritärer Marxist stets von allen Kader-Konzepten ab, die sich von der Bevölkerung isolierten und deren Bewusstwerdung verhinderten. Ebenso ablehnend stand er auch dem Individualterror gegenüber, den verschiedene linksradikale Gruppen wie die Tupamaros Westberlin oder die Rote Armee Fraktion nach dem Zerfall des SDS seit 1970 verübten.
Am 9. November 1974 starb das RAF-Mitglied Holger Meins an einem Hungerstreik im Gefängnis. Bei seiner Beerdigung rief Dutschke mit erhobener Faust: Holger, der Kampf geht weiter! Auf die heftige Kritik daran reagierte er nach dem Mord an Günter von Drenkmann mit einem Leserbrief an den Spiegel, in dem er erklärte:
Holger, der Kampf geht weiter das heißt für mich, dass der Kampf der Ausgebeuteten und Beleidigten um ihre soziale Befreiung die alleinige Grundlage unseres politischen Handelns als revolutionäre Sozialisten und Kommunisten ausmacht. [ ] Die Ermordung eines antifaschistischen und sozialdemokratischen Kammer-Präsidenten ist aber als Mord in der reaktionären deutschen Tradition zu begreifen. Der Klassenkampf ist ein Lernprozess. Der Terror aber behindert jeden Lernprozess der Unterdrückten und Beleidigten.
In einem Privatbrief an den späteren SPD-Bundestagsabgeordneten Freimut Duve vom 1. Februar 1975 erklärte Dutschke sein Auftreten an Meins Grab für zwar psychologisch verständlich, politisch aber nicht angemessen reflektiert.
Am 7. April 1977, dem Tag des Mordes an Generalbundesanwalt Siegfried Buback, notierte er in sein Tagebuch:
Der Bruch der linken Kontinuität im SDS, die verhängnisvollen Auswirkungen werden erkennbar. Was tun? Die sozialistische Partei wird immer unerlässlicher!
Er sah nun eine Parteigründung links von der SPD als notwendige Alternative zum Terrorismus an.
Im Deutschen Herbst 1977 wurde vielen Linksintellektuellen vorgeworfen, sie hätten den geistigen Nährboden der RAF geschaffen. In der Zeit vom 16. September gab Dutschke den Vorwurf an die herrschenden Parteien zurück und warnte vor den Folgen des Terrors:
Der individuelle Terror ist der Terror, der später in die individuelle despotische Herrschaft führt, aber nicht in den Sozialismus.
Dennoch griff ihn z.B. die Stuttgarter Zeitung vom 24. September des Jahres persönlich als Wegbereiter der RAF an:
Es ist Rudi Dutschke gewesen, der [ ] gefordert hatte, das Konzept Stadtguerilla müsse hierzulande entwickelt und der Krieg in den imperialistischen Metropolen entfesselt werden.
Dagegen meinte Dutschke, das Attentat auf ihn habe ein geistiges, politisches und sozialpsychologisches Klima der Unmenschlichkeit hervorgerufen, [7] und betonte in einem Rückblick auf seine Entwicklung im Dezember 1978 nochmals:
Individueller Terror [ ] ist massenfeindlich und antihumanistisch. Jede kleine Bürgerinitiative, jede politisch-soziale Jugend-, Frauen-, Arbeitslosen-, Rentner- und Klassenkampfbewegung [ ] ist hundertmal mehr wert und qualitativ anders als die spektakulärste Aktion des individuellen Terrors.
Theorie und Praxis der RAF wurden von maßgeblichen linken Intellektuellen der damaligen Zeit verurteilt. In seinen Tagebüchern sprach beispielsweise Rudi Dutschke von RAF-Dummheit und sagte:
Die negativen Auswirkungen der RAF-Scheiße sind vielerorts erkennbar, CDU/CSU im besonderen, Regierung im allgemeinen und RAF-Kacke im einzelnen scheinen verheiratet zu sein: um den politischen Klassenkampf zu hemmen!
Die Legendenbildung um einen Menschen, der kaltblütigen Mord als legitimes Mittel der politischen Willensäußerung ansah (ich sehe ihn noch mit erhobener Faust und frechem Spruch am Grab eines RAF-Terroristen stehen), ist mehr als überflüssig.
Schade, daß offenbar Dutschkes Jugend in der DDR unterschlagen wird. Das ist ja ein gern vergessener Aspekt: Das SED-System war offenkundig etwas, von dem auch der Linke Dutschke wenig hielt. Oder andersherum: Nicht jeder Gegner der SED-Diktatur war ein böser Rechter.
ich erinnere mich noch gut an das attentat auf rudi dutschke ( ja ja, so alt bin ich schon) ich hörte es auf dem rückweg vom musikunterricht udn war tief betroffen. ich kamm nach hause und bekam ärger mit meiner mutter, weil ich sagte "erst kennedy, dann martin luther king und jetzt rudi" natürlich war es ein sakrileg, r.d. der ja langhaarig, ungewaschen und ein revoluzzer war ( so meine mutter) mit kennedy und martin luther king zu vergleichen. natürlich gibt es auch eher lustige erinnerungen an die dutschke zeit, so zum beispiel als unser freund robby karten für eine dutschke veranstaltung besorgen sollte und wollte und sich wunderte, daß es keine nummerierten plätze gab ode rals er auf dem weg zur demo nach berlin mit einem köfferchen mit wäsche zum wechseln, zahnbürste, seife und schlafanzug mit teddymuster auftauchte... aber. interessiert das hier jemanden???
Mich schon. Es ist ein großes Projekt und ich hoffe, dass es mit Sorgfalt umgesetzt wird, es handelt sich schließlich um ein Stück wichtiger deutscher Nachkriegsgeschichte. Viele Menschen, die heute in die 30er kommen, können ein wenig etwas über die Zeit ihrer Eltern lernen.
Das Posting war gerade unter Zeitdruck. Ich finde es gut, wenn Du persönliche Erlebnisse berichtest. Diese Thema ist in der breiten Öffentlichkeit schon arg unterbesetzt. Der Gegensatz zwischen dem Anspruch ein freiheitlich demokratischer Staat zu sein und im Gegensatz dadurch die Konflikte zu sehen, die die gelebte Demokratie hervorrief. Die Kinder der Kriegsgeneration hat ihre Eltern nach ihrer Verantwortung gefragt und konnte das Stillschweigen nicht mehr ertragen. Eine breite öffentliche Diskussion über die Vergangenheit, der Gegenwart und wohin eine gesellschaft will, ist selten so intensiv geführt worden. Interessant vor allen Dingen deshalb, wenn man sieht was aus den Idealen und den Idealisten geworden ist. Mir schießt spontan durch den Kopf: Die Revolution frißt ihre Kinder.