Urteil: ZDF-Staatsvertrag ist in großen Teilen verfassungswidrig

Einfluss durch Politik und Staat muss deutlich reduziert werden

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 25.03.2014, 12:12 Uhr

Urteil: ZDF-Staatsvertrag ist in großen Teilen verfassungswidrig – Einfluss durch Politik und Staat muss deutlich reduziert werden – Bild: ZDF

Schon seit längerem befand sich der ZDF-Staatsvertrag in der Kritik. Nach den Verfassungsklagen der Länder Rheinland-Pfalz und Hamburg hat das Bundesverfassungsgericht am heutigen Dienstag (25.3.) in Karlsruhe nun sein Urteil verkündet: Der ZDF-Staatsvertrag ist in vielen Punkten verfassungswidrig und nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Einfluss von Staat und Parteien ist viel zu groß. Der Anteil von Politikern im Verwaltungs- und Fernsehrat muss jetzt deutlich reduziert werden.

Ferdinand Kirchhof, Vizepräsident des Verfassungsgerichts, fand deutliche Worte und mahnte, dass das ZDF „nicht zum Staatsfunk werden“ darf. Der starke Einfluss durch Politiker sei nicht mit der im Grundgesetz verankerten freien Berichterstattung der Medien vereinbar. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass der Anteil von Politikern und „staatsnahen Personen“ von 44 Prozent in den Gremien künftig auf ein Drittel reduziert werden muss. „Das Gebot der Staatsferne verbietet eine Instrumentalisierung des Rundfunks durch den Staat und verlangt eine weitgehende Besetzung der Aufsichtsgremien mit staatsfernen Mitgliedern“, urteilt das BVG.

Den Bundesländern wurde nun eine Frist bis zum 30. Juni 2015 gesetzt, um eine verfassungsgemäße Neuregelung auszuarbeiten. Bis dahin bleibt die aktuelle Regelung bestehen. Bei der Auswahl der aus gesellschaftlichen Gruppen entsandten Mitglieder des Fernsehrates dürfen außerdem Politiker „keinen bestimmenden Einfluss“ mehr ausüben.

ZDF-Intendant Thomas Bellut begrüßt das Urteil: „Die Entscheidung stärkt die Unabhängigkeit des ZDF im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Karlsruhe hat die Bedeutung eines unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks betont. Dabei hat das Gericht die Aufsicht durch gesellschaftliche Gruppen gestärkt. Das ZDF wird die anstehenden Beratungen der Länder zu den erforderlichen Anpassungen des ZDF-Staatsvertrages konstruktiv begleiten.“

Dem Urteil geht der Streit um die Entlassung des ehemaligen ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender voraus. Eine CDU-nahe Mehrheit im Verwaltungsrat unter Führung des damaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch hatte eine Vertragsverlängerung von Brender 2009 verhindert, nachdem dieser der Union vorgeworfen hatte, den Verwaltungsrat des Senders dominieren zu wollen. Mit einer fadenscheinigen Begründung musste Brender letztendlich gehen, was zu einem großen medialen Aufschrei führte. Die Bundesländer Hamburg und Rheinland-Pfalz reichten daraufhin Klage ein und stellten die Rechtmäßigkeit des ZDF-Staatsvertrages in Frage.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Ach, wenn es nur die Parteien wären, die überrepräsentiert sind. Die zwei großen Kirchen üben auch erheblichen Einfluss aus, auch über den Arm der Politik.
    • am via tvforen.de

      Als damals der ehemalige ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender auf Druck der CDU entlassen wurde, weil seine kritische Berichterstattung der CDU nicht passte, hat das ZDF für mich jegliche journalistische Glaubwürdigkeit komplett verloren.

      Auch lange davor hat ja bereits der Top-Journalist und langjährige Auslandskorrespondent Ulrich Tilgner das ZDF verlassen, weil er dem ZDF mangelnde Unabhängigkeit, Eingriffe in die Pressefreiheit und Bündnisrücksichten attestieren musste.

      Und wie gesagt hat dann Brenders Entlassung auf Druck der CDU die journalistische Glaubwürdigkeit des ZDF komplett ruiniert.

      Glaubwürdigkeit, totale Unabhängigkeit und echte Neutralität sind aber die Grundvoraussetzung für Medien - erst recht die Öffentlich-Rechtlichen! Und auch nur mit Glaubwürdigkeit, Unabhängigkeit und Neutralität haben die überhaupt einen Anspruch auf Gebühren-Finanzierung.

      Um überhaupt auch nur die Chance zu bekommen, sich diese komplett verspielte Glaubwürdigkeit nochmal zurück zu erobern, genügt es nicht, den Einfluss der Politik nur von 44% auf 33% zu reduzieren. Wenn man überhaupt nochmal eine Chance haben will, sich lange und mühsam diese verspielte Glaubwürdigkeit wieder zurück zu erarbeiten, sollten Parteien gar keinen Einfluss mehr haben - nicht 33%, nicht 10%, nicht 5%, sondern 0% !!!!

      Nur wenn Parteien oder sonstige politische Institutionen und Personen gar keinen Einfluss mehr auf Medien haben, können diese wirklich glaubwürdig, neutral und unabhängig sein!
      • am via tvforen.de

        Wenn die "staatsnahen Personen" mit einem Anteil von 44 Prozent (was ja auch noch deutlich von einer absoluten Mehrheit entfernt ist) schon so etwas wie die Kündigung eines unliebsamen Chefredakteurs bewirken konnten, wird die Reduktion auf 33 Prozent auch nicht so wirklich wirksam werden.

        Meiner Meinung nach ist in einer Demokratie nicht nur teilweise, sondern vollständige Unabhängigkeit und Staatsferne essentiell für die Medien. Da sollten dann gar keine "staatsnahen Personen" irgendwas zu sagen haben; also 0 Prozent!
        • am

          Man hätte auch gleich diese "lächerliche" Gebühr "abschaffen" sollen! Bei der ganzen Werbung, die inzwischen auf ARD und ZDF läuft dient diese doch eh nur zum bezahlen inkompetenter Mitarbeiter dieser Sender!
          • (geb. 1979) am

            Da kann ich nur DANKE. DANKE. DANKE sagen und dem Bundesverfassungsgericht für seine Entscheidung beglückwünschen.
            Dieses Urteil war schon lange überfällig und nun ist es endlich amtlich, dass zuviele Politiker sich in die eigentliche Unabhängigkeit des ZDF eingemischt haben.
            Ich habe mich schon sehr lange gefragt, was eigentlich Politiker in den Gremien der öffentlich-rechtlichen Sendern zu suchen haben. Meiner persönlichen Meinung - NICHTS. Da bekommen "Politiker" einen Posten auf Steuerzahler - Kosten zugewiesen um sich wichtig zu machen und den Sendern den Mund zu verbieten.
            Was nach meinem eigenen Empfinden, beim ZDF Gott sei dank nicht wirklich gelungen ist- ich sage nur viele Interwievs des "Heute Journal" in dem immer kritisch und ohne "Verschönung" und "Zurückhaltung" , und vor allem ohne "Samthandschuhe" nachgehackt wird.
            Was vor allem Seehofer ein Dorn im Auge war- dabei ist Seehofer doch für uns Bayern das , was Berlusconi für die Italiener in den Medien war.
            Wir haben genug Probleme in unserem Land und auf der Welt, um die sich gefälligst die Politiker kümmern sollten die dafür ja fürstlich bezahlt werden,
            aber in einer Rundfunkanstalt haben die nicht verloren. Man sollte sie eigentlich ganz ausschließen.
            Es gibt keine Begründung die vernünftig erklärt , warum Partei Politiker sich in Fernsehsender einmischen. Bzw in das Programm.
            Jetzt fehlt eigentlich noch die ARD. Wobei sich mir nicht ganz erschließt warum das nicht in einem Aufwasch vom Tisch gewischt wurde.
            Also liebe Richter, die ARD is jetzt dran....
            • am via tvforen.de

              " fand deutliche Worte und mahnte, dass das ZDF "nicht zum Staatsfunk werden" darf."

              Das ist doch schon längst passiert...

              Da den Medien in einer Demokratie auch eine Aufsichts- und Kontrollfunktion zukommt, ist deren völlige Unabhängigkeit von der Politik und eine wirklich freie, unabhängige Berichterstattung für eine funktionierende Demokratie unabdingbar.

              Und wieso nur auf ein Drittel runterschrauben? Parteien sollten gar keinen Einfluss auf die Medien nehmen können!!

              Da Politiker für gewöhnlich niemals freiwillig Macht abgeben, müssen halt möglichst viele Medienkonsumenten sie dazu zwingen...
              • am via tvforen.de

                Endlich!!

                Ich fand es ein Armutszeugnis für den angeblich unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dass damals der ehemalige Chefredakteur des ZDF, Nikolaus Brender, auf Druck der CDU entlassen wurde, weil er sich von der CDU nicht in die kritische Berichterstattung reinreden lassen wollte.

                Gerade die öffentlich-rechtlichen Sender haben nur dann einen Daseins-Anspruch, wenn sie wirklich unabhängig sind.

                Meiner Meinung nach haben Partei-Politiker gar nichts in deren Aufsichtsräten zu suchen!!

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