Interview mit „Geh aufs Ganze!“-Moderator Jörg Draeger

„Mit wenigen Abstrichen könnte man das heute noch genau so machen“ – von Dennis Braun und Glenn Riedmeier

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 01.10.2013, 14:52 Uhr

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2002 feierten Jörg Draeger und Simone Dericks zehn Jahre „Geh aufs Ganze!“© kabel eins

wunschliste.de: Ihr Nachfolger bei „Geh aufs Ganze!“ wurde Elmar Hörig, der ja bereits vielen Zuschauern durch „Bube, Dame, Hörig“ und „Elmis witzige Oldie-Show“ bekannt war. Haben Sie sich die Sendungen mit ihm angesehen und wenn ja, welches Urteil haben Sie sich über seine Art der Moderation gebildet?

Jörg Draeger: Nein, ich habe sie mir nicht angesehen. Elmar Hörig kannte ich bis dato gar nicht persönlich. Ich habe mich damals übrigens auch verabschiedet, weil gegen Ende der Sat.1-Zeit die Sponsoren immer mehr Ansprüche gestellt haben. So sollte zum Beispiel ein Auto zehn Mal gezeigt werden, bevor es rausgehen durfte. Das heißt, ich sollte neun Mal so mit den Kandidaten spielen, dass am Ende das Auto nicht gewonnen wird. Außerdem gab es sogenannte „Must“-Preise, also Fernseher, Kaffeemaschinen und am Ende sogar Bügelbretter, die gewonnen werden mussten. Und als die Sendung mit Hörig beendet wurde, kann einem Moderator natürlich nichts besseres passieren, als ein paar Jahre später wieder zurückgeholt zu werden. Aber mittlerweile komme ich super mit Hörig zu recht, das ist ein geiler Typ mit trockenem Humor.

1999 kehrte „Geh aufs Ganze!“ bei kabel eins für weitere knapp fünf Jahre zurück auf die Bildschirme. Wie kam das eigentlich zu Stande? Kurz zuvor wurde ja schon das „Glücksrad“ erfolgreich reanimiert. Hat kabel eins in dem Zuge einfach gesagt: „Nehmen wir doch auch noch ‚Geh aufs Ganze!‘ dazu“?

JD: Genau so war es. Mit dem „Glücksrad“ ist kabel eins eine geniale PR-Aktion gelungen, indem sie das Glücksrad haben „klauen“ lassen, worüber alle Medien groß berichtet hatten. Die Show lief gut und es dauerte nicht lang, bis der Sender auch „Geh aufs Ganze!“ zurückholen wollte. Bei kabel eins hatten wir dann einen großen Quantensprung mit einem modernen Studio und Acrylmöbeln. Außerdem gab es keine roten Jacketts mehr! (lacht) Mit wenigen Abstrichen könnte man das heute noch genauso machen.

Das ist ein gutes Stichwort. Vor Kurzem hat RTL das „Familien-Duell“ mit einer relativ lieblosen Prominenten-Neuauflage zurückholt, die dennoch ziemlich erfolgreich war. Das zeigt, dass die Zuschauer durchaus auch heutzutage noch Interesse an solchen Shows haben.

JD: Richtig, ich verstehe nur nicht, warum RTL das nicht mit Werner Schulze-Erdel gemacht hat. Völlig unabhängig davon ob man ihn nun mag oder nicht, aber das Format hat funktioniert – mit echten Familien. Auch bei „Geh aufs Ganze!“ gab es kein Casting für die Kandidaten, darauf hatte ich keine Lust. Ich habe damals auch bei drei bis vier Aufzeichnungen am Tag Wert darauf gelegt, dass jedes Mal ein neues Publikum dort sitzt, das aus aller Welt angereist kam. Dies war auch ohne weiteres möglich, weil wir eine Fluktuation von 1200 Leuten pro Aufzeichnungstag hatten.

Jörg Draeger© kabel eins
Gab es denn in den vergangenen Jahren noch mal von irgendeinem Sender das Angebot, „Geh aufs Ganze!“ zurückzuholen?

JD: Nein, abgesehen von dem kurzen Intermezzo bei 9Live gab es nach kabel eins keine konkreten Pläne mehr. Immer wieder wurde es mal angedacht, zuletzt auch im ZDF als im „Fernsehgarten“ einmalig vier klassische Gameshows nachgespielt wurden. Die Rahmenbedingungen waren dort im Freien zwar nicht optimal, aber es hat Spaß gemacht und die hatten damit die geilste Quote aller Zeiten. Ich schlug dann die Idee einer gemeinsamen 60-minütigen Revival-Show mit uns vier Gameshow-Moderatoren vor, die sonntags um 13:15 Uhr nach dem „Fernsehgarten“ auf Sendung gehen könnte. Die Quoten stürzen momentan ja anschließend immer in den Keller, und so eine Gameshow würde auf jeden Fall mehr Zuschauer halten. Aber auch daraus wurde nichts. Das große Problem an der ganzen Sache ist: Es gibt keinen Sender mehr, bei dem einer alleine Entscheidungen treffen kann.

Bei RTL II waren Sie 2011 mit der Hypnose-Show „Ich weiß, was du letzten Freitag getan hast!“ zu sehen. Wie würden Sie diese Ära für sich beschreiben?

JD: Kurz gesagt: Das war die schlimmste Erfahrung, die ich je gemacht habe.

Eingefleischten Fans von „Geh aufs Ganze!“ stellt sich jetzt logischerweise eine konkrete Frage, vor allem im Hinblick auf das Comeback des „Familien-Duells“: Würden Sie sich, sofern einer der größeren Sender auf Sie zukommt und Ihnen die Neuauflage der Neuauflage auf einem Silbertablett serviert, noch einmal locken lassen oder ist das Kapitel für Sie endgültig beendet?

JD: Ich würde es nur dann machen, wenn es wirklich wieder wie bei kabel eins im großen Stil mit 300 Zuschauern im Studio pro Sendung umgesetzt werden würde. So würde sich das auch konzeptionell mit meiner neuen Family TV-Sendung nicht beißen.

Bei Family TV kehren Sie nun hinsichtlich des Formats in heimische Gefilde zurück. Worin besteht der Reiz, noch einmal mit den Kandidaten um Haus und Hof zu zocken?

JD: Nach zwei missglückten Versuchen hatte der Geschäftsführer Timo Storost tatsächlich die Chuzpe, sich noch ein drittes Mal bei mir zu melden, um sein Vorhaben einer Neuauflage von „Alle gegen Draeger“ endlich vernünftig in die Tat umzusetzen. Es war schon mehrmals angedacht, hat aber aus logistischen und technischen Gründen nie so richtig geklappt. Aber jetzt wird das Ding ordentlich gemacht.

Stimmt es eigentlich, dass Sie ein ganzes Zonk-Zimmer zu Hause haben?

JD: Ja, ich habe alle Varianten von der Mini-Ausgabe bis hin zum ganz Großen. Den habe ich zum Abschied zusammen mit einem Motorrad geschenkt und per Fracht nach Teneriffa geschickt bekommen. Der zwei Meter große Zonk musste dann unter Abdeckung der Dachziegel mit einem Kran von oben in das Haus gehievt werden. Zur Blütezeit von „Geh aufs Ganze!“ musste übrigens die Kripo eingeschaltet werden, weil so viele Zonk-Plagiate im Umlauf waren!

Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute.

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Über den Autor

Glenn Riedmeier ist Jahrgang ’85 und gehört zu der Generation, die in ihrer Kindheit am Wochenende früh aufgestanden ist, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Die Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben, zusätzlich begeistert er sich für Gameshows wie z.B. „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“. Auch für Realityshows wie den Klassiker „Big Brother“ hat er eine Ader, doch am meisten schlägt sein Herz für Comedyformate wie „Die Harald Schmidt Show“ und „PussyTerror TV“, hält diesbezüglich aber auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten offen. Im Serienbereich begeistern ihn Sitcomklassiker wie „Eine schrecklich nette Familie“ und „Roseanne“, aber auch schräge Mysteryserien wie „Twin Peaks“ und „Orphan Black“. Seit Anfang 2013 ist er bei fernsehserien.de vorrangig für den nationalen Bereich zuständig und schreibt News und TV-Kritiken, führt Interviews und veröffentlicht Specials.

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