Medienexperte: ARD bringt zu viel „Harmonie-TV“
60 Jahre ARD: Volker Lilienthal sieht Licht und Schatten
Michael Brandes – 13.04.2010

In einem Interview mit der „WAZ“ kritisiert der Hamburger Medienexperte Volker Lilienthal die sinkende Qualität der Dritten Programme: „Ich sehe zu wenig Info-Angebote mit Ecken und Kanten. Ich sehe zwar die Regionalisierung, die absolut notwendig ist. Aber sie neigt zu sehr dem Wohlfühlfernsehen zu, der unkritischen Heimatidylle des „Wir in NRW“. Ein Sender muss auch kritisch über Vorgänge in seinem Sendegebiet berichten, selbst wenn er sich als Landessender versteht. Zudem bedient das Harmonie-TV hauptsächlich ältere Zuschauer. Jüngere Zuschauer interessiert so etwas überhaupt nicht. Wenn ich aber jüngere Zuschauer haben will, muss ich mich an einigen Stellen von traditionellen Programmfarben verabschieden.“ Letztlich seien die Dritten „immer weiter weggekommen von ihrem Auftrag, ein Bildungskanal zu sein“.
Der durch die Aufdeckung der Schleichwerbung in der ARD-Serie „Marienhof“ bekannt gewordene Journalist glaubt nicht an eine Zukunft für die Kleinstsender Radio Bremen (RB) und Saarländischer Rundfunk (SR): „Wir werden auf Frist von zehn Jahren erleben, dass es nach den schon laufenden Kooperationen dann auch auf Fusionen hinausläuft. Der SR könnte Teil des SWR werden, Radio Bremen dem NDR-Verbund beitreten.“
Sorgen bereitet Lilienthal die Entwicklung des Kulturkanals arte. Hier sieht er „die Gefahr, dass der Sender in dem zwanghaften Bemühen, aus dem Ein-Prozent-Ghetto herauszukommen, immer mehr Sendungen aufnimmt, die mit dem Kultur-Konzept nichts zu tun haben.“ Für eine logische Entwicklung hält Lilienthal die Entstehung eines ARD-Spartenkanals für jüngere Zuschauer: „Es gibt beim Hörfunk bereits ein Vorbild: 1Live vom WDR. Es wird einen derartigen Sender im Fernsehen geben müssen, auch wenn die Politik dies im Moment noch ablehnt und dieses Feld dem privaten Rundfunk überlassen möchte.“
Im Rückblick auf 60 Jahre ARD zieht Lilienthal ein positives Fazit. Die ARD habe mitgewirkt an der Modernisierung einer offenen Gesellschaft, die mehr Chancengleichheit gewährleiste. Der (Gebühren-)Preis dafür sei keineswegs zu hoch: „Wenn ich mir überlege, dass ich für die knapp 18 Euro, die ich monatlich für Fernsehen und Radio zahle, so viel Programm erhalte, wirklich interessantes, wirklich gutes Programm, kann ich das Gejammere nicht verstehen. Das Programm wird sogar eher besser. Aber eines stimmt natürlich: Die kostbarsten Diamanten verstecken sich unter alltäglichem Geröll.“
Kommentare zu dieser Newsmeldung
Bingoo am via tvforen.de
Beiträge wie der folgenden dürften dann wohl in die richtige Richtung gehen:
Teil 1 http://www.youtube.com/watch?v=Yrpg6EVlbLk
Teil 2 http://www.youtube.com/watch?v=2wi-bAde3pISir Hilary am via tvforen.de
die Dritten bieten prozentual immer noch genug Bildung -außerdem "unterschlägt" der tolle Experte auch das dieser Bildungsauftrag zu einer Zeit formuliert wurde wo es weder Arte,3sat -geschweige denn Phoenix noch die anderen Dokukanäle gab. es ist daher logisch das die dritten da etwas "verantwortung" abgegeben haben.....
meiner Meinung nach gibt es heute wesentlich mehr Sendungen die zur Allgemeinbildung beitragen als jemals zuvor in der deutschen Fernsehgeschichte -nur fallen sie in der vielzahl der Programmmöglichkeiten nicht mehr so auf als es nur 3 oder 4-5 Programme gab.....
natürlich muss man ab und an die tv zeitung oder den videotext bemühen -aber wer gute und anspruchsvolle Sendungen sehen möchte , der findet sie auch....
und das sogenannte "Harmonie-TV " erfüllt offenbar einen sehr wichtigen und gerne genutzten Auftrag : den der positiven Unterhaltung und erfreuung des Menschen vom vieleicht nicht ganz so harmonischen Alltag,-)
Gruß Sir Hilaryquali-zuschauer am via tvforen.de
Sehr gut geschrieben! Allein wenn man bedenkt, wie viele Spartensender es heute gibt, für fast jeden Geschmack. Klar, manches davon ist digital und kostet was, aber wenn man dafür qualitativ hochwertige Sendungen bekommt, verzichtet man gerne z. B. auf privaten Free-TV-Mist.
Nachdenker am via tvforen.de
@ Quasselkasper
Nur für dich noch mal zum lesen (kopiert aus dem Text)
Zudem bedient das Harmonie-TV hauptsächlich ältere Zuschauer. Jüngere Zuschauer interessiert so etwas überhaupt nicht. Wenn ich aber jüngere Zuschauer haben will, muss ich mich an einigen Stellen von traditionellen Programmfarben verabschieden." Letztlich seien die Dritten "immer weiter weggekommen von ihrem Auftrag, ein Bildungskanal zu sein".
NachdenkerQuasselkasper am via tvforen.de
Nachdenker schrieb:
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Wenn ich aber jüngere
> Zuschauer haben will, muss ich mich an einigen
> Stellen von traditionellen Programmfarben
> verabschieden."
danke, du hast genau den richtigen abschnitt kopiert der zeigt das es nicht um jugendwahn geht. gerade die dritten bieten doch genug freiraum etwas neues zu probieren weil viel platz mit wiederholungen gefüllt wird.
tomgilles am via tvforen.de
Wenn die Dritten jetzt auch noch zu Jugendkanälen mutieren sieht es für die reiferen Jahrgänge ganz finster aus. Irgendwann muss der Jugendwahn mal ein Ende haben, insbesondere in einer zunehmend alternden Gesellschaft.Quasselkasper am via tvforen.de
um jugendwahn geht es hier doch nicht.
Nachdenker am via tvforen.de
Vielleicht sind auch einfach nur die Zeiten vorbei in der Jugendliche ihre Freizeit vor dem Fernseher verbringen ?
Nachdenker