Die US-amerikanische Late-Night-Schiene hat ein weiteres Erdbeben (fernsehserien.de berichtete) erfahren: ABC hat entschieden, die werktägliche Sendung „Jimmy Kimmel Live!“bis auf Weiteres auszusetzen. Der Schritt erfolgte nach einem als unangemessen aufgefassten Kommentar Jimmy Kimmels zur Reaktion der Republikanischen Partei zur Ermordung des rechtskonservativen Politkommentators Charlie Kirk, der der von Präsident Donald Trump proklamierten „Make Amerika Great Again“-Bewegung (MAGA) angehörte.
Bisher sind die weiteren Entwicklungen noch nicht abzusehen. Insbesondere, ob die Sendung damit faktisch eingestellt wird, oder ob eine Rückkehr erfolgen kann, die etwa an Bedingungen geknüpft sein könnte.
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Laut Deadline hatte es zuvor ein Telefonat zwischen Kimmel und Dana Walden (bei The Walt Disney Company verantwortlich für Streaming und TV Sender) gegeben. Dabei hatte Kimmel laut Deadline angekündigt, sich in der Sendung vom Mittwoch nochmals zum Thema zu äußern. Er werde keine Entschuldigung abgeben, aber seine Bemerkungen nochmals einordnen und erneut kritisch über die aufgekommenen MAGA-Kommentatoren sprechen. Daraufhin habe ABC die Sendung lieber ausgesetzt, bevor eine unüberbrückbare Kluft entstehe, bei der dem Sender dann eben nur noch eine kompromisslose Absetzung bliebe.
Anlass der Programm-Aussetzung
Der 31-jährige Kirk war am vergangenen Donnerstag bei einem öffentlichen Auftritt in Utah erschossen worden. Dieser Akt politischer Gewalt war auf breiter Front und über Parteigrenzen hinweg verurteilt worden (auch von Jimmy Kimmel) und löste Ängste über mögliche Nachfolgetaten aus. Zwischenzeitlich war der 22-jährige Tyler R. verhaftet und wegen der Tat angeklagt worden. Erste Berichte aus seinem Umfeld deuten laut Deadline darauf hin, dass der mutmaßliche Täter sich zuletzt stärker mit Politik beschäftigt habe, mit Argumenten auf der linken Seite des politischen Spektrums sympathisiert habe, darunter insbesondere den Bürgerrechten Homosexueller und Transmenschen – die unter Präsident Donald Trump aktuell wieder eingeschränkt werden. Über Kirk habe er gesagt, dass dieser Hass verbreite.
In der „Jimmy Kimmel Live!“-Sendung vom Montag (15. September) hatte Kimmel im Monolog zum Anfang seiner Sendung die Reaktion politisch Gleichgesinnter von Kirk kritisiert.
Einerseits hatte er Präsident Trump vorgeführt, der bei mehreren spontanen Interview-Gelegenheiten auf Fragen zum Thema Charlie Kirk verblüffend schnell das Thema gewechselt hatte und lieber ausschweifend über sein Steckenpferd gesprochen hatte: den Bau eines Ballrooms auf dem Gelände des Weißen Hauses. Kimmel monierte nach dem Abspielen von Interview-Clips: Das ist nicht die Art, wie ein ‚Erwachsener‘ auf die Ermordung eines Menschen reagiert, den er als ‚Freund‘ bezeichnet hat. Das ist die Art, wie ein Vierjähriger um einen Goldfisch trauert!
Daneben kritisierte Kimmel in scharfen Worten die Reaktion von Mitgliedern der Republikanischen Partei, die die Ermordung nutzten, um die politischen Gegner auf der linken Seite zu verteufeln.
Weitere Entwicklungen
Am Mittwoch meldeten sich zwei größere Träger des Networks mit der Mitteilung zu Wort, dass man bis auf Weiteres „Jimmy Kimmel Live!“ nicht mehr ausstrahlen werde. Das landesweite Programm eines Networks (wörtlich ja „Netzwerk“) wie ABC wird in den USA von knapp 200 lokalen Sendepartnern („Affiliates“) ausgestrahlt, die daneben auch noch eigenes Programm anbieten; es gibt diverse Medienfirmen, die größere Zahlen an solchen Affiliates betreiben. Bei ABC hatten die Senderbetreiber Nexstar (besitzt 32 ABC-Affiliates) und die Sinclair Broadcast Group („größte Affiliate-Gruppe von ABC“) ihre Entscheidung, die Sendung bis auf Weiteres nicht auszustrahlen, verkündet.
Kurze Zeit später zog ABC zunächst den Stecker bei „Jimmy Kimmel Live!“.
Politischer Beigeschmack
In den USA sehen sich viele Medienfirmen damit konfrontiert, dass Präsident Donald Trump keinen Hehl daraus macht, unliebsame Berichterstattung durch seine Regierung sanktionieren zu lassen. Dazu steht ihm vor allem die Aufsichtsbehörde FCC zur Verfügung, die eigentlich die Aufgabe hat, öffentliche Rundfunkfrequenzen zu verwalten und Monopolbildung zu verhindern.
Mehrfach hatte Trump gedroht, Sendern via FCC die Sendelizenz entziehen zu lassen – wobei Trump-Drohungen zunächst genau das sind, Drohungen. Stärkeren Einfluss kann Trump über die FCC auf die Geschäfte von Firmen nehmen, die weitere Unternehmen aufkaufen wollen oder Verschmelzungen anstreben. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte Trump so den Zusammenschluss von Warner Bros. und Discovery verschleppen können, da er sich über lange Zeit vom Warner-Nachrichtensender CNN unfair behandelt fühlte. Zuletzt gab CBS in einem Streit mit Trump über ein Interview mit der damaligen Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris klein bei und leistete als Ausgleich eine Spende von 16 Millionen US-Dollar – man wollte den Weg zu einem Zusammenschluss von Mutterfirma Paramount mit Skydance ebnen.
Generell liegt Trump mit den Late-Night-Hosts Stephen Colbert (CBS), Seth Meyers (NBC) und vor allem Jimmy Kimmel (ABC) im Clinch: Immer wieder hatte Trump sich über die satirischen Beiträge mit sehr verächtlichen Kommentaren über die Fähigkeiten dieser Moderatoren ereifert. Kimmel war derjenige, der dabei am stärksten direkt zurückschoss.
Reaktionen
Entsprechend erfreut zeigte sich Trump (der derzeit auf Staatsbesuch in Großbritannien ist) über die Aussetzung von „Jimmy Kimmel Live!“: Great News for America: The ratings challenged Jimmy Kimmel Show is CANCELLED. Congratulations to ABC for finally having the courage to do what had to be done. Kimmel has ZERO talent, and worse ratings than even Colbert, if that’s possible. That leaves Jimmy and Seth, two total losers, on Fake News NBC. Their ratings are also horrible. Do it NBC!!! President DJT veröffentlichte er bei seinem eigenen Kurznachrichtendienst Truth Social.
Harsche Kritik an der Entscheidung kommt vonseiten anderer Kreativer sowie der Gewerkschaften WGA (Drehbuchautoren) und SAG-AFTRA (Schauspieler), die darin einen Angriff auf die freie Meinungsäußerung sehen, die in den USA in der Rangliste der Grundrechte steht (anders als in Deutschland eben noch über der Würde anderer Menschen, so dass auch Verunglimpfungen und Beschimpfungen oftmals geduldet werden).
Kommentare zu dieser Newsmeldung
Lysander am
Die Unternehmen knicken alle ein vor Trump. Haben wir aus der Geschichte eigentlich nichts gelernt?