Collien Ulmen-Fernandes im Interview: „Kindern werden Rollenbilder aus den 1950ern vermittelt“

Über Genderklischees, „jerks.“ und das Ende von VIVA

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 21.11.2018, 13:00 Uhr

Collien Ulmen-Fernandes und Christian Ulmen in „jerks.“ maxdome/​ProSieben/​André Kowalski

fernsehserien.de: In ganz anderer Funktion sind Sie seit zwei Jahren zu sehen, nämlich an der Seite Ihres Mannes Christian Ulmen in der Serie „jerks.“. Sie spielen sich darin selbst – mit dem bedeutenden Unterschied, dass Sie in der Serie voneinander getrennt sind. War es eine Überwindung, dieses Angebot anzunehmen – gerade im Hinblick auf den doch sehr derben Humor und weil man dies vielleicht mit Ihnen persönlich verbinden könnte?

Collien Ulmen-Fernandes: Als wir das Angebot bekommen haben, lag der Anfrage eine DVD bei, mit einer Folge des dänischen Originalformats. In der Folge war zu sehen, wie die beiden Hauptdarsteller darüber reden, dass die weibliche Hauptdarstellerin und Freundin des einen zwischen den Beinen unangenehm riecht. Da wir in der Vergangenheit oft mit Klagen um uns geworfen haben, wenn uns der Boulevard zu nah kam und auch sonst kein Paar sind, das nach der Geburt Hochglanz-Baby-Fotoshootings für Klatschzeitungen macht, hätte es komisch sein können, wenn wir die Zuschauer vermeintlich in unser privates Schlafzimmer mitnehmen. Wir lägen dort ja nicht als Bernd und Brunhilde, sondern als Christian und Collien, da wir uns selbst spielen sollten. Um also eine klare Grenze zwischen Realität und Fiktion zu ziehen, hatte ich die Idee, uns in der Serie als Ex-Paar zu spielen.

Nun ist Christian Ulmen nicht nur Hauptdarsteller, sondern auch Regisseur der Serie. Ist es schwierig für Sie, Job und Familienleben voneinander zu trennen? Ich könnte mir vorstellen, dass Sie auch in Ihrer Freizeit immer wieder auf Ideen zu möglichen Geschichten kommen.

ZDF/​Martin Rottenkolber
Collien Ulmen-Fernandes: Ja, leider … Als ich das Projekt zugesagt habe, stand die Idee, dass er Regie führen könnte, noch nicht im Raum. (lacht) Im Alltag passieren uns tatsächlich immer wieder Situationen, bei denen wir denken „Das war jetzt ein ‚jerks.‘-Moment“, der in der Serie landen könnte. Ich brauche allerdings manchmal auch einen gewissen Abstand. Während der ersten Staffel kam Christian auch mal nachts an und wollte über Ideen für „jerks.“ brainstormen – manchmal verschwimmen mir die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zu sehr, deswegen muss er sich inzwischen, wenn er mit mir über „jerks.“ sprechen möchte, ganz strikt an meine Bürozeiten halten!“ (lacht)

Gerade haben Sie die dritte Staffel abgedreht. Können Sie schon ein wenig verraten, worauf sich die Fans in den neuen Folgen im Frühjahr freuen dürfen?

Collien Ulmen-Fernandes: Ich möchte nicht zu viel spoilern, aber es könnte sein, dass meine Rolle ein kleines Alkoholproblem hat.

Viele damals junge Zuschauer sind mit Ihnen als VIVA-Moderatorin aufgewachsen, wo Sie seit Anfang der 2000er viele Jahre lang tätig waren. Wie sind Sie eigentlich zu VIVA gekommen?

Collien Ulmen-Fernandes: VIVA war damals immer mein großer Traum, weil ich mit dem Sender aufgewachsen bin und ihn jeden Tag nach der Schule geschaut habe. 2001 fing ich bei RTL II als Moderatorin von „Bravo TV“ an – und irgendwann kam der Anruf des Programmdirektors von VIVA, dass er mich gerne als Moderatorin engagieren möchte. Das war für mich damals das Größte!

Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dieser Zeit? Ist diese Phase Ihres Lebens für Sie inzwischen schon sehr weit weg oder denken Sie noch ab und zu daran zurück?

Collien Ulmen-Fernandes: Auf jeden Fall! Das war für mich eine unglaublich prägende Zeit, weil das für mich auch die Zeit des Erwachsenwerdens war. Es war nicht nur eine Arbeitsstelle, sondern viel mehr. Ich habe sozusagen im Sender gelebt, da zu der Zeit noch sehr viel vor Ort produziert wurde und ich zig unterschiedliche Sendungen moderiert habe. Ich bin früh morgens hingefahren und spätabends wieder nach Hause. Für ein Privatleben blieb da kaum Zeit mehr. Das war aber total okay für mich, weil ich sehr gerne dort gearbeitet habe.

Collien Ulmen-Fernandes als VJane VIVA/​Screenshot

Ende des Jahres wird VIVA eingestellt. Ihre Zeit bei dem Sender liegt zwar schon etwas zurück, werden Sie dennoch wehmütig?

Collien Ulmen-Fernandes: Definitiv! Als ich erfahren habe, dass der Sender eingestellt wird, war ich geschockt, weil das nicht nur das Ende von VIVA bedeutet, sondern auch das Ende einer Ära einer bestimmten Form, Fernsehen zu machen.

Was war für Sie das Besondere an VIVA?

Collien Ulmen-Fernandes: Es war vor allem pures, ungeprobtes Fernsehen – etwas, das ich heute oft vermisse. Heutzutage ist das Fernsehen enorm durchgetaktet und durchgeplant. Moderationstexte müssen mit Produktionsfirma und Sender geklärt und mit zig Leuten abgestimmt werden. Ich mochte die VIVAeske „Wir gucken einfach mal, was passiert“-Haltung. Ich wünsche mir wieder mehr echtes Gaga-Fernsehen! Ein bisschen mehr Spontanität, wieder mehr weg von geskriptet und durchchoreographiert. Auch mal was zulassen, was nicht zuvor mit allen Departments abgestimmt wurde.

Auf der nächsten Seite verrät Collien Ulmen-Fernandes die außergewöhnliche Entstehungsgeschichte ihrer Boulevardmagazin-Satire „Starshine!“ und erläutert, weshalb sie sich in manchen TV-Formaten unwohl fühlt.

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