‚Das Kino ist das Stiefkind des Fernsehens‘

Wim Wenders über deutsche TV-Kultur

Jutta Zniva – 12.08.2006

In einem Interview in der „Süddeutschen Zeitung“ fragt sich Regisseur Wim Wenders („Paris, Texas“, „Der Himmel über Berlin“), wann er zuletzt einen seiner Filme im deutschen Fernsehen gesehen hat und begrüßt, dass das fehlende Programmkinoangebot in Deutschland jetzt über ein Nischenprogramm wie KinoweltTV zu sehen ist.

Auf die Frage, ob mit der Filmreihe ehemaliger Mitglieder des Filmverlags der Autoren, die der digitale Sender der Kinowelt-Gruppe aufgestellt hat, „etwas ins kommerzielle Fernsehen komme, was dort doch ursprünglich nie hin wollte“, meinte Wenders: „Ursprünglich in der Tat nicht, aber das ist lange her. Tatsächlich sei das Fernsehen zu Beginn der siebziger Jahre „fast so was wie der Feind“ gewesen. Als das Film-Fernsehen-Koproduktionsabkommen in Kraft getreten sei, habe man aber gar nicht mehr anders gekonnt, als gemeinsam mit dem Fernsehen zu produzieren.

Die öffentlich-rechtlichen Sender seien damals sehr „wagemutig“ gewesen, sagte Wenders der „SZ“. Später seien die privaten Kanäle dazugekommen, die – allerdings nur anfangs – „eher ungeeignet“ gewesen seien, „unsere Filme zu zeigen“. Schließlich sei aber eine Zeit gekommen, „in der der Deutsche Film im Fernsehen so gut wie nicht mehr stattfand. Das Fernsehen machte sein eigenes Zeugs: Serien, Talkshows, Games, alles Mögliche. Ich weiß nicht, wann ich letztmals einen meiner Filme im deutschen Fernsehen gesehen habe.“ Es sei heute kaum noch möglich, einen Fernsehredakteur von der Kinoqualität eines Drehbuchs zu überzeugen. Das Kino sei das „Stiefkind des Fernsehens in Deutschland“.

Auf die Frage Christopher Keils von der „Süddeutschen Zeitung“, ob es ihn nicht reizen würde, mit den durchaus vorhandenen Möglichkeiten (Stichwort Bernd Eichingers „Der Untergang“), die das Fernsehen zu bieten habe („solide Finanzierung, guter Sendeplatz, Millionenpublikum“) einen Film fürs Fernsehen zu drehen, meinte Wenders: „Ich habe oft darüber nachgedacht, in den Achtzigern oder Neunzigern. Aber letztlich ist das nicht mein Beruf. Solange ich etwas machen kann, das zuerst im Kino läuft, bleibe ich dabei.“

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Ach Gott, der Wim. Hat er doch glatt vergessen, dass seine drögen Erstlingswerke (z.B. drei Stunden Langeweile im Zonenrandgebiet mit dem Höhepunkt: Rüdiger Vogeler beim Kacken) ohne Beteiligung des Fernsehens gar nicht hätten fianziert werden können.

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