[UPDATE] Autorengewerkschaft WGA vor schwierigen Verhandlungen mit Produzenten

Neuer Tarifvertrag muss in Zeiten leerer Kassen ausgehandelt werden

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 23.03.2020, 16:39 Uhr

[UPDATE] Autorengewerkschaft WGA vor schwierigen Verhandlungen mit Produzenten – Neuer Tarifvertrag muss in Zeiten leerer Kassen ausgehandelt werden – Bild: WGA/AMTPT

Neben COVID-19 und den daraus folgenden Produktionsunterbrechungen gibt es dieser Tage in Hollywood und der amerikanischen Fernsehindustrie einen weiteren, großen Unsicherheitsfaktor: Der Tarifvertrag zwischen der Autorenvertretung WGA und dem Produzentenverband AMPTP läuft zum 1. Mai 2020 aus. Eigentlich waren neue Tarifverhandlungen für den heutigen Montag angesetzt. Für die Autoren steht der Vollzug eines Strukturwandels auf der Agenda.

Vor dem Wochenende hatten beide Tarifparteien verlauten lassen, dass man wegen der Maßnahmen zur Verlangsamung der Coronavirus-Verbreitung im Gespräch sei, wie mit dem auslaufenden Tarifvertrag umzugehen sei, da eben Verhandlungen in Person aus Sicherheitsgründen nicht angezeigt seien. Eine befristete Verlängerung der Verträge bei gleichbleibenden Konditionen wäre eine Möglichkeit. Bisher gibt es aber noch keine Verlautbarung.

Update (24.03.20): In einem ersten Schritt wurde nun bestätigt, dass der Verhandlungsbeginn aufgeschoben wurde und nicht am Montag stattfand. Keine weiteren Details sind entschieden. Deadline spekuliert, dass Verhandlungen auch via Videokonferenz stattfinden könnten. Einem Bericht zufolge umfasst die Verhandlungsdelegation der WGA 36 Personen, bei AMPTP sind es mit Fachanwälten kaum weniger. Eine zeitnahe Aufnahme der Verhandlungen im AMPTP-Hauptquartier in Pasadena scheint jedenfalls nahezu ausgeschlossen.

Die Autorenvertretung Writers Guild of America (WGA) hat für die aktuellen Verhandlungen um den nächsten dreijährigen Tarifvertrag klare Ziele. Sie will Anpassungen erreichen, die dem Wechsel von der linearen Fernsehlandschaft auf die aktuelle Realität einer von Streamingdiensten geprägten TV-Industrie Rechnung tragen.

Dazu gehört, dass Autoren aktuell beim Einstieg in den Writers Room einer Serie deutlich weniger Folgen bearbeiten, als früher üblich – häufig nur acht bis 13 statt in der Regel 22 oder zumindest 13. Der Arbeitszeitraum, den ein Autor dafür von anderen Verpflichtungen frei halten muss, wächst dabei meist überproportional. Einnahmen während einer „Staffel“ und eines Jahres sinken somit, was auch Probleme bei den bisherigen Regelungen zur gewerkschaftlichen Krankenversicherung und Altersvorsorge bringt. Daneben wird in der Industrie bisher für die Auswertung von Content in Streamingdiensten deutlich weniger an die beteiligten Kreativen abgeführt, als früher bei TV-Wiederholungen abfiel. Ein größerer Teil der Einnahmen verbleibt bei den Firmen.

Markant ist natürlich, dass nun gerade COVID-19 die Gegebenheiten überraschend, dramatisch und nachhaltig verschiebt: Durch Kinoschließungen gehen den Produzenten natürlich gewaltige Einnahmen verloren, Investitionen in diverse Filme werden sich nicht rechnen. Auch die Fernsehwerbung wird deutliche Einnahmeeinbußen verzeichnen, da ganze Branchen aktuell kein Geld oder keine „Ware“ für Werbung haben (Reiseanbieter, Freizeiteinrichtungen und eben auch die Filmindustrie, die wöchentlich am Donnerstagabend gewaltige Summen in die TV-Werbung für die in den USA am Freitag startende Filme steckt).

Und wo die Kassen der Produzenten überraschend leer sind, wird die AMPTP dann vermutlich auch gegen größere Ausgaben härter kämpfen. Die jetzigen Lücken bei den Einnahmen werden die Film- und Fernsehindustrie nachhaltig beschäftigen. Auch das Druckmittel Streik der Autoren verliert dieser Tage wegen ruhender Produktionen etwas an Gewicht, auch wenn der Streikbeginn noch fünf Wochen in der Zukunft wäre.

Bereits vor den Autoren hatte sich die AMPTP übrigens mit den Regisseuren und deren DGA geeinigt – in einer Weise, die durchaus hoffnungsvoll stimmen konnte, das es bei den Drehbuchautoren nicht zum Streik kommen müsste. Hier liegen aber viele Dinge anders. Die Zeitverpflichtung pro Serienepisode ändert sich nicht wesentlich, egal, wo die Erstverwertung stattfindet. Generell können viele Regisseure auch darauf schielen, neben diesem Job auch als Produzenten bei Serien zusätzliche Einnahmen zu generieren – und AMPTP steht für Alliance of Motion Picture and Television Producers.

Deshalb einigt sich die AMTPT auch seit längerer Zeit für die Optik zuerst mit der DGA. Nach der WGA ist dann auch wieder die Schauspielgewerkschat SAG-AFTRA mit ihren Verhandlungen dran – hier läuft der Tarifvertrag am 30. Juni 2020 aus.

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