Leinen aus Irland

Im k.u.k. Handelsministerium steht die Entscheidung über ein großes Geschäft bevor. Dabei kollidieren nicht nur ökonomische und politische Interessen, auch Herzensangelegenheiten spielen eine wesentliche Rolle. „Leinen aus Irland“ lebt seit seiner höchst erfolgreichen Ur- Aufführung 1928 am Theater in der Josefstadt (Regie Paul Kalbeck) als eine Art „Klassiker“ im Bewußtsein der älteren Theaterbesucher weiter. Und in der Tat: dieses Beamten-Lustspiel aus dem alten Österreich ist in seinem Genre nie übertroffen worden. Seine scharf gesehenen Typen, die dennoch individuell in ihrer vollen Menschlichkeit erfaßt sind, gehören einer nur scheinbar versunkenen Welt an.

Ein so hoch entwickeltes Beamtenwesen, wie es mit all seinen bürokratischen Vorzügen und Schwächen die alte Donaumonarchie hervorgebracht hat, ist bekanntlich zäher als man denkt und den Stürmen der Welt- Geschichte in mancher Hinsicht gewachsen. Wir sind im Lebens- und Wirkungskreis des k. und k. Handelsministeriums vor dem ersten Weltkrieg, im Schnittpunkt zweier Epochen. Die alte Epoche kennzeichnen Schwerfälligkeit, Bürokratismus, aber auch die subtile Kunst weltmännischer Diplomatie, die neue geschäftliche Dynamik, und Expansion, aber auch das Aussterben der „unbedingten Helden“ und der „unbedingten Herren“.

Es geht um ein großes Geschäft, dessen Zustandekommen von der Entscheidung des Ministeriums abhängt. Geschäftsinteressen stoßen auf solche der hohen Politik im Brennpunkt des Nationalitätenproblems. Beide Interessen kreuzen mit nicht weniger heftigen des Herzens. Hoch gehen die Wogen ministerieller und persönlicher Kabalen, aber immer obenauf, ein unverzagter Wellenreiter, der den Siegeszug des Managertums unserer Zeit vorwegnimmt: Schlesinger Effendi aus Albanien. Mit dieser liebenswerten, penetranten Figur ist dem Dichter etwas besonderes gelungen: Hanswurst. (Text: ORF)