Eine Tanne beugt sich

Im Südwesten Bulgariens in Bansko am Fuß des Pirin-Gebirges lebt seit langen Zeiten die Familie Angelinina. Hier herrschen teilweise noch altertümliche Sitten und Moralvorstellungen, die tief in das private Leben der Menschen eingreifen. Das Leben der Großmutter verlief in den strikt geordneten Bahnen des Sozialismus. Sie arbeitete in der Telefonfabrik, wurde zur Vorarbeiterin befördert. Sie und ihr Mann führten eine gute Ehe. Die Probleme kamen erst mit den Kindern. Ihre Tochter Boika konnte das ersehnte Studium nicht beginnen, weil sie gleich nach dem Abitur „gestohlen wurde“ und den Mann heiraten musste.

Die Familie beugte sich damit einer alten Sitte in Bansko, nach der junge Männer, die ein Mädchen über Nacht entführen („stehlen“) und es erst am nächsten Morgen nach Hause zurückbringen, dieses Mädchen heiraten können. Nach dem schwierigen Start in die Ehe hat Boika später dann doch noch studieren können mithilfe der tatkräftigen Unterstützung ihrer Mutter. Doch ihre Ehe zerbrach und wurde bis heute nur zum Schein aufrechterhalten.

Vielleicht aus Rücksicht auf die Regeln des Ortes, der stolz darauf ist, die niedrigsten Scheidungsraten in ganz Bulgarien zu haben. Eine Frage, die sich durch den Film zieht, ist: Schaffen es die beiden Enkeltöchter, sich ein neues eigenes, d.h. ihren Vorstellungen entsprechendes Leben aufzubauen? Schafft es z.B. Rositza, die jüngste Enkelin, gegen den Willen ihres Freundes zum Studium nach Sofia zu gehen und dort allein zu leben? Der Film gibt darauf eine Antwort. (Text: BR Fernsehen)