Der Marktredwitzer Krippenweg

Krippen gehören zu Weihnachten wie die Lebkuchen: In Bayern, und vor allem Franken haben sich dabei unterschiedlichste Krippentraditionen erhalten, meist sind die Figuren holzgeschnitzt. Im Fichtelgebirgsort Marktredwitz sind sie hingegen aus Ton gebrannt. Und sie beschränken sich nicht nur auf das Geschehen im Stall, sondern sie sind als Landschaftskrippen zimmergroß, zeigen eine alpine Alltagswelt wie vor 100 Jahren, mit teils hunderten von Figuren. Es entstehen Sehnsuchtslandschaften, die aus einer Zeit stammen, als eine Reise in die Alpen noch unerschwinglich war.

Ein aufwändiges Hobby, das in Marktredwitz bis heute von den sogenannten „Kripperern“ gepflegt wird – und das lange vor der Weihnachtszeit anfängt: Figuren werden repariert oder neu gebrannt, Moos, Rinden, Steine für die Landschaften gesammelt. Albin Artmann beherrscht noch das Handwerk des Figurenherstellens, besitzt teils100 Jahre alten Gußformen, versucht sich aber auch an Neukreationen. Und immer wieder lässt der Bastler sich etwas neues, Besonderes einfallen – wie ein historisches Karussell oder einen Tanzboden.

Kurt Rodehau hat sich ein kleines Ladengeschäft als Werkraum für seine Krippe gemietet, wo er eigenhändig Figuren reparieren will, Häuser baut. Diesmal besuchen ihn die Enkelkinder (9 und 13), um vom Opa etwas über’s Krippenbauen zu erfahren. Irmgard Gottfried lebt in einem efeuüberwachsenen „Hexenhäuschen“. Als Erzieherin habe sie sich ein kindliches Gemüt bewahrt, deswegen baut sie Jahr für Jahr ihre Krippe wieder auf’s neue auf. „Solange man sie aufbaut, denkt man, man ist verrückt“, sagt Irmgard Gottfried, „weil man sich das jedes Jahr wieder antut.“ Die Figuren und Holzhäuschen hat sie vom Großvater geerbt, der hat sie nur ein einziges Mal nicht aufgebaut, nämlich im 1.Weltkrieg, was für ihn ein besonderes Unglück war.

Museumsleiter Volker Dittmar ist einer der Hüter und Bewahrer dieses kulturellen Erbes, das er in die Zukunft führen will. Der Volkskundler, der das Egerlandkulturhaus leitet, hat sich nicht nur für die Sammlung der Marktredwitzer Krippen in seinem Museum eingesetzt, sondern er hat daraus einen Weihnachtsschwerpunkt im Museum gemacht, der über Marktredwitz hinaus bis nach Tschechien ausstrahlt.

Gerade arbeitet er an einer 3D-virtuellen Krippe, man kann sich dann eine Art virtueller Krippe selbst zusammenbasteln. Ist es Nostalgie – oder das Sich-Verlieren in einer anderen Welt? Der Film von Steffi Illinger will die Faszination dieser so ganz besonderen großen Landschaftskrippen zeigen und erzählen, wie die Marktredwitzer diese außergewöhnliche Tradition am Leben erhalten. (Text: ARD alpha)