Andiamo!

Am Rande Europas gibt es eine kleine Stadt. Sie liegt tief im Süden, an der Ostküste Siziliens. Die Stadt heißt Noto. Hier gibt es keine Fast-Food-Ketten, nur eine Zapfsäule mit Bedienung. Trotzdem: Noto ist weder verschlafen, noch von der Welt abgeschnitten. Noto ist voller barocker Schönheit und atmet die heiße Wüstenluft Afrikas. In den späten Nachmittagsstunden beginnt alles zu glühen, die Fassaden und die Gesichter der Menschen. Nach dem großen Erdbeben von 1693 als aristokratische Vision an einem Hang terrassenartig errichtet, lebt die kleine Stadt still vor sich hin – bis 1996 die Kuppel der Kathedrale S. Francesco einstürzt und eine gewaltige Staubwolke den Wüstenhimmel verdunkelt.

Seitdem stützen wuchtige Holzkrücken den altersschwachen Dom, und die Menschen von Noto sind unruhig geworden. Langsam, aber unaufhaltsam steuert eine Clique Jugendlicher, die sich seit frühen Kindertagen kennt, auf einen tiefen Einschnitt in ihrem Leben zu: das Abitur. Bald werden sie aus ihren unter gleißender Sonne geträumten Jugendträumen gerissen werden. Schon jetzt kündigt sich inmitten paradiesischer Ausgelassenheit an, dass wichtige Entscheidungen anstehen: In Noto bleiben, um dort nach dem zu suchen, was auf Sizilien so rar ist: Arbeit.

Oder im Modemekka Mailand, in der Autostadt Turin oder sonst wo im reichen Norditalien nach Zukunftsperspektiven, dem pulsierenden Leben und dem Lifestyle fahnden? Verlängern lässt sich die Kindheit jedenfalls nicht – der Abschied naht, der Aufbruch ins Ungewisse ist unvermeidlich. Die charismatischen Alten versuchen, die Jungen zu halten – aber die Versuchung auszubrechen, ist stark. So entscheidet sich Carmela, ihre Heimatstadt zu verlassen, um Marketing zu studieren. Mit ihrem Wissen möchte sie nach Noto zurückkehren und der Heimatstadt zu neuem Glanz verhelfen. (Text: rbb)