Das Jenseits ist für die meisten Menschen offenbar mit dem Tod verbunden. Für den Schriftsteller Martin Walser ist das Jenseits jedoch ein Glaubenszustand, durch den das Diesseits erträglicher wird. Der Glaube mache die Welt schöner, als sie ist. Ausgehend von seiner Novelle „Mein Jenseits“ erzählt Walser im Gespräch mit Thea Dorn über seine Jenseitsvorstellung: „eine Frequenz, eine Vibration“, viel mehr als eine konkrete Welt aus Himmel, Hölle und Fegefeuer. Hier ist er ganz bei Friedrich Nietzsche, für den eine Religion, die durch und durch verstandesmäßig erklärt wird, keine mehr ist. Christliche und vorchristliche Vorstellungen sind für Martin
Walser nicht dazu da, das Jenseits in eine rational fassbare Form zu bringen, sondern dienten dazu, Glaube und Empfindungen, Hoffnung und Zweifel zu begründen.Das Weihnachtsevangelium sei „der schönste Text, den Menschen sich bis heute haben einfallen lassen“. Es erzeuge Bilder, die ihrerseits den Glauben bestärken. Was Walser umtreibt, ist das Glaubenkönnen, eine Fähigkeit und eine Leistung zugleich. Eine Sekunde Glauben ist nicht zu teuer bezahlt mit tausend Sekunden der Verzweiflung und des Unglaubens, sagt er. Das ist die Glaubensleistung, die Glaubenskraft. So erscheint Walsers Jenseits sehr lebendig und im Diesseits tief verankert. (Text: arte)