3satBuchzeit Folge 49: Szenelokal Oosten / Frankfurter Osthafen
Folge 49
Szenelokal Oosten / Frankfurter Osthafen
Folge 49
Weihnachtszeit ist Lesezeit. Doch wie soll man aus dem übergroßen Angebot das richtige Buch für sich selbst oder zum Verschenken finden? Das „3satbuchzeit“-Team hat vorsortiert. Im Szenelokal „Oosten“ im Frankfurter Osthafen diskutiert Gert Scobel mit Barbara Vinken, Svenja Flaßpöhler und Sandra Kegel über ausgewählte Neuerscheinungen. Und das sind die „3satbuchzeit“-Empfehlungen für die Adventszeit und die Weihnachtsfeiertage: Christoph Ransmayr: „Cox oder der Lauf der Zeit“. Ein opulent erzählter Roman über einen englischen Uhrmacher, der von einem maßlosen Kaiser in die verbotene Stadt nach Peking geladen wird. Alister Cox soll für den tyrannischen „Gottmenschen“ eine Uhr entwickeln, die das Verfliegen menschlicher Lebenszeit misst, der Zeit der Kindheit, des Glückes, der Krankheit … Am Ende fordert der Kaiser von Cox gar eine Uhr, die die Dauer der Ewigkeit misst. Ein Roman auch über die Kraft des Erzählens, die den Lauf der Zeit zu brechen vermag. Aischylos: „Die Orestie“: Krieg folgt auf Krieg, Rache auf Rache, so ist das Geschichts- und Rechtsverständnis im alten Griechenland. Mit der Orestie wird eine neue Idee formuliert: Orest, der aus Rache für den Tod seines Vaters seine Mutter und deren Geliebten tötet, wird nicht einfach
dem Fluch und den Rachegöttinen überlassen. Ein Gerichtsverfahren wird in Gang gesetzt, an dessen Ende Orest sogar freigesprochen wird. Die Tragödie wurde 458 vor Christus während der dionysischen Festspiele uraufgeführt, Aischylos bekam für sie den Siegespreis. James Salter: „Charisma“: James Salter, einer der großen amerikanischen Erzähler des 20. Jahrhunderts, ist in Deutschland überwiegend durch seine Romane bekannt. Der Band „Charisma“ stellt nun ausgewählte Kurzgeschichten von Salter vor. Sie erzählen von der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, meist von New York, und sind voller praller Lebenswirklichkeit. Laurent Binet: „Die siebte Sprachfunktion“: Paris im Jahr 1980. Der französische Strukturalist Roland Barthes, von einem Essen mit dem Präsidenten Mitterand kommend, wird von einem Auto überfahren. Ein Manuskript wird dem Toten entwendet, so der Augenzeuge Michel Foucault. Ein Kriminalist untersucht den Fall, muss sich tief einarbeiten in die französische philosophische Szene mit ihren berühmten Akteuren. Der bulgarische Geheimdienst scheint in den Unfall verwickelt. Hatte Roland Barthes mit dem Manuskript „Die siebte Sprachfunktion“ ganz praktische Anleitungen entwickelt, wie sich rhetorisch Wahlen gewinnen lassen? War der Unfall ein verschleierter politischer Mord? (Text: 3sat)