Dokumentation in 4 Teilen, Folge 1–4

  • Folge 1
    Moderne Architekten wollen und können nicht auftreten wie mittelalterliche Baumeister. Sie sind scheinbar in die Defensive geraten. Wie und wo kann man in der Stadt bauen? Wie gestaltet sich das Verhältnis von einer zutiefst profanen Umgebung und den Kirchen oder Synagogen? Fügen sie sich ins Stadtgebilde ein oder melden sie auf ihre Art Protest an gegen die Verweltlichung allen Lebens?
    Der Wiener Architekt Heinz Tesar hat in Donaucity, einem aus dem Boden gestampften Stadtteil inmitten von Hochhäusern quasi in die Erde einen schwarzen gedrungenen Kubus gebaut.
    Das harte, massive Äußere erinnert an eine Trutzburg, abschreckender als manches der monumentalen Hochhäuser, darunter auch das UNO-Gebäude. Doch drinnen erwartet den Besucher ein luftiger und erbaulicher Innenraum, der friedvoll und warm mit Birken und Ahornholz ausgestaltet ist und Gefühle von Religiosität, Heimat und Gemeinschaftlichkeit hervorruft.
    Manuel Herz hat in Mainz die neue Synagoge bewusst in ein urbanes und geschichtliches Umfeld gestellt und ganz aus dem Geist der Schrift gestaltet. Entstanden ist ein gezackter Solitär, der dem hebräischen Wort „Keduscha“, „Erhebung“, nachempfunden ist. Im Inneren wird sinnfällig, was der Architekt mit der dem Judentum angemessenen Versöhnung des Sakralen mit dem Profanen meint: ein Spiel des Lichts mit der Schrift und den Formen. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 10.07.2011arte
  • Folge 2
    Zuflucht vor der Welt suchen: Das bedeutete für den Menschen des Mittelalters, dem irdischen Jammertal möglichst rasch zu entkommen, um in den Himmel zu kommen – oder auch nicht. Das ist heute natürlich anders. Zuflucht suchen vor der Welt, das heißt für viele Menschen heute, dem Alltag zu entfliehen, dem hektischem Leben, der Angst vor dem Alleinsein, um Nestwärme zu suchen, Geborgenheit – und auch Stille.
    Über den Zufluchtscharakter definiert sich der Sakralbau in der Moderne ganz entscheidend. Die Stätten können den Charakter eines Kleinods tragen, das Stille, Kontemplation und Selbstfindung bietet oder bewusst an alte Traditionen einer naturnahen Sakralarchitektur anknüpft. Der Schweizer Architekt Peter Zumthor hat in der Voreifel die Bruder-Klaus-Kapelle errichten lassen – ein Gebäude ganz den Elementen der umgebenden Natur nachempfunden und im Inneren als eine synästhetische Komposition aus Licht, Raum und Gerüchen gestaltet.
    Peter Kulka hat im sauerländischen Meschede ein Haus der Stille bauen lassen – eine Stätte, die an Schlichtheit und Intensität kaum ihresgleichen findet.
    Der Minimalist Kulka und der Magier Zumthor, ein bekennender Heidegger-Schüler: Beide vollziehen mit den Mitteln moderner Architektur einen radikalen Wandel vom Repräsentativen zur subjektiven Intensität. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 17.07.2011arte
  • Folge 3
    Größe und Monumentalität galten einst als Zeichen, um die Größe und Unermesslichkeit Gottes anzuzeigen und den Menschen das Gefühl von Erhabenheit zu vermitteln. Immer wieder ging es einer Sakralarchitektur auch darum, Voraussetzungen für das rituelle gemeinsame Erleben von Transzendenz zu schaffen. Sind wir dessen überhaupt noch fähig? Und wie ließe sich Erhabenheit auf der Höhe unseres zumeist skeptischen, modernen Bewusstseins zurückgewinnen?
    Zwei Großprojekte im Sakralbau haben diese Reanimation des Sakralen versucht: die Herz-Jesu-Kirche in München, gebaut nach den Plänen des Architektenteams Allmann, Sattler, Wappner, und der Christus-Pavillon von Meinhard von Gerkan, der zunächst für die Expo 2000 in Hannover kreiert wurde und heute seinen endgültigen Sitz auf dem Gelände des Klosters Volkenroda in Thüringen gefunden hat.
    Die Herz-Jesu-Kirche in München ist schon einmal als der Ferrari unter den modernen Sakralbauten bezeichnet worden. Sie bildet in ihrer kristallinen Anmutung einen Solitär, der den Besucher in den Bann zieht. Die weltgrößten Kirchenportale sind eine Einladung zu einem entfesselten Spiel aus Licht, Raum und Farbe.
    Meinhard von Gerkans Christus-Pavillon verbindet monumentale Schlichtheit und Erhabenheit mit der Dimension alltäglicher, ästhetischer Erfahrung. Wie Joseph Beuys integriert er Gegenstände des Alltags, der Natur und Technik in den Bau – in diesem Falle zwischen zwei Fensterscheiben. So werden säkulare Befindlichkeiten in aufklärerischer Absicht in eine spirituelle Dimension zurückgeführt. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 24.07.2011arte
  • Folge 4
    Religionen und Kirchen leben von Traditionen, sie abzuschaffen ist also unmöglich. Wohl aber kann man sie so erneuern, dass sie den Menschen in seinen Befindlichkeiten, Ängsten und Erfahrungen ansprechen. Gerade diese Spannung zwischen Tradition und Erneuerung bietet den heutigen Architekten ein experimentelles Betätigungsfeld. Ja, man kann mit einigem Recht sagen, dass moderne Architektur im Sakralbau ein zukunftsweisendes Paradigma finden kann.
    Zwei Beispiele werden in diesem Beitrag vorgestellt:
    Die neue Synagoge in Dresden (Architektenteam Wandel, Hoefer, Lorch und Hirsch) nimmt bewusst Traditionen in ihre Konzeption auf: die jüngste deutsche Geschichte. Errichtet neben dem Platz der ehemaligen von den Nazis zerstörten Synagoge stellt sie außen einen massiven Kubus dar, der sich in einer sehnsuchtsvollen Windung gleich einer Schraubendrehung gen Osten wendet.
    Im Inneren entsteht hingegen der Eindruck von Zartheit und Vertrautheit. Das von oben herabströmende Licht erzeugt Spiritualität, eine Art von Vergeistigung, welche die steinerne Massivität außen überwindet. Das Diktat der Geschichte soll hier offensichtlich gebrochen werden, aber im Bewusstsein der Geschichte sollen die alten jüdischen Traditionen eine Renaissance erleben.
    Der Bau der Jubiläumskirche in Rom gründete auf anderen Absichten. Einer der bedeutendsten Architekturwettbewerbe im Jubiläumsjahr 2000 galt dieser Stadtkirche in Rom. Der Gewinner des Wettbewerbs, Richard Meier, hat der steinernen Übermacht der vielen Kirchen in Rom den fast ganz in Weiß gehaltenen Bau entgegengesetzt. Auch hier inszeniert der Architekt ein Zusammenspiel aus Materie, Licht, Beton und Glas, die einen Dialog mit dem Firmament führen. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 31.07.2011arte

Erinnerungs-Service per E-Mail

TV Wunschliste informiert dich kostenlos, wenn Spirituelle Räume online als Stream verfügbar ist oder im Fernsehen läuft.

Auch interessant…