„Star Trek: Strange New Worlds“: So startet die zweite Staffel – Review

Unsere Kritik zum ersten neuen Abenteuer von Captain Pike und Crew

Ralf Döbele
Rezension von Ralf Döbele – 15.06.2023, 18:22 Uhr

„Star Trek: Strange New Worlds“ startet in die zweite Staffel – Bild: Paramount+
„Star Trek: Strange New Worlds“ startet in die zweite Staffel

Achtung! Diese Kritik der Staffelpremiere von „Star Trek: Strange New Worlds“ enthält allerlei Spoiler in Text und Bild. Lesen auf eigene Gefahr!

Nach einem gelungenen und vielversprechenden Auftakt im vergangenen Jahr melden sich Captain Christopher Pike und seine Crew zurück. Bei Paramount+ läuft am heutigen Donnerstag die zweite Staffel von „Star Trek: Strange New Worlds“ vom Stapel. Mit abwechslungsreichem, episodischen Erzählen, der U.S.S. Enterprise als Hochglanz-Zuhause und der vielleicht stärksten Crew-Familie seit langer Zeit hatte das Prequel zur Originalserie 2022 bereits einen überaus guten Eindruck hinterlassen. Kann der Auftakt der neuen Folgen daran anknüpfen oder besteht die Gefahr dessen, was englischsprachige Serienfans einen „Sophomore Slump“ nennen, also ein Abfallen der Qualität im zweiten Jahr?

Alles in allem ist hier nach der ersten neuen Folge Entwarnung angesagt. Die Episode, die dem Andenken der im Sommer 2022 verstorbenen Nichelle Nichols gewidmet ist, macht vielerlei Dinge richtig – wenn auch definitiv nicht alle. Ein paar Klischees in Sachen Action und ganz spezifisch auch in Sachen „Star Trek“ schmälern den Gesamteindruck einer Staffelpremiere, die zwar gut ist, der zum „sehr gut“ aber doch das Gefühl des gründlich Durchdachten fehlt.

In der Staffelpremiere nur kurz mit dabei: Captain Pike (Anson Mount) und Nummer Eins (Rebecca Romijn) Paramount+

„Der durchbrochene Kreis“ greift recht schnell mehrere Storylines auf, die im Zuge des Cliffhangers am Ende der ersten Staffel offen geblieben waren. Nummer Eins alias Commander Una Chin-Riley (Rebecca Romijn) befindet sich noch immer in Sternenflotten-Gewahrsam, nachdem ihre Herkunft als genetisch manipulierte Illyrianerin bekannt geworden war. Captain Christopher Pike (Anson Mount) beschließt, Hilfe für ihre Verteidigung zu organisieren – wofür er aber die Enterprise drei Tage lang in die Hände von Lieutenant Spock (Ethan Peck) geben muss. Es ist das erste Mal, dass Spock ganz alleine die Verantwortung für das Schiff trägt. Doch die Enterprise befindet sich für eine Wartung angedockt an Raumbasis 1. Was kann schon passieren?

Natürlich eine ganze Menge, denn kurz nach Pikes Aufbruch greift Ensign Uhura (Celia Rose Gooding) einen Notruf von La’an Noonien-Singh (Christina Chong) auf. Die hatte zuletzt die Sternenflotte verlassen, um nach einem Angriff der Gorn nach den verschwundenen Eltern ihres Schützlings Oriana (Emma Ho) zu suchen. Sie fand sie schließlich auf Kajitar IV, einem Planeten, für den die Föderation und die Klingonen seit ihrem Waffenstillstand quasi geteiltes Sorgerecht haben. Der Grund liegt auf der Hand: der Planet ist eine gigantische Mine für Dilithium, das beide Ex-Kriegsparteien dringend für ihre Warp-Antriebe brauchen. La’an ist überzeugt, dass auf Kajitar IV finstere Pläne geschmiedet werden, die einen neuen Krieg zwischen Imperium und Sternenflotte heraufbeschwören sollen.

Eine Crew-Familie, entschlossen zum Dienstahl (für einen guten Zweck)Paramount+

Um dies zu vereiteln, trifft Lieutenant Spock, unterstützt von seiner Crew, eine Entscheidung, die sofort Erinnerungen an ein Kino-Abenteuer von Kirk und Co. weckt: die Entscheidung zum Diebstahl der Enterprise. Dummerweise ist die vor mittlerweile 40 Jahren entstandene Sequenz in „Star Trek III – Auf der Suche nach Mr. Spock“ einfach derart legendär und gut gemacht, dass „Strange New Worlds“ hier quasi von Anfang an auf verlorenem Posten kämpft. Notwendig wird der Diebstahl zudem nur, da Admiral April (Adrian Holmes) die Zustimmung zu der Mission verweigert. Wie kaum anders zu erwarten: Am Ende gibt es dann für den Diebstahl des Schiffs und das Eingreifen in eine Situation, die potenziell den Frieden im Alpha-Quadranten bedroht, nur einen Klaps auf die Hand. Weder Spock noch April rückt dies in ein besonders gutes Licht. Der gewöhnliche, der vermeintlich langweilige Weg, mit dem Spock und die Enterprise-Crew einfach den Auftrag erhalten hätten, Nachforschungen anzustellen, er wäre hier ganz klar der bessere gewesen.

Immerhin eine freudige Entwicklung bringt der Diebstahl mit sich: einen fulminanten ersten Auftritt von Carol Kane als neue Chefingenieurin Pelia. Vom ersten Moment an möchte man, dass die Frau mit ihrer überlebensgroßen Präsenz an Bord bleibt – auch, damit wir erfahren, wie es denn so ist, als Lanthanitin praktisch ewig zu leben und was es mit der Freundschaft zwischen ihr und Spocks Mutter Amanda auf sich hat.

Von null auf liebgewonnen: Carol Kane als neue Chefingenieurin Pelia Paramount+

Freude dürfte bei vielen „Star Trek“-Fans auch die Rückkehr der Klingonen auslösen, zumal sie im altbekannten „Next Generation“-Look daherkommen und nicht im goldig polierten, runderneuerten „Discovery“-Antlitz. Auch ihr Trinkverhalten deckt sich mit dem, was wir aus den Tagen von Picard und Sisko kennen, wobei wir höchst erfreut feststellen, dass sowohl La’an als auch Spock in Sachen Blutwein-Konsum durchaus mithalten können.

Auf direktem Konfrontationskurs mit den Klingonen sind in der Staffelpremiere allerdings vor allem zwei Figuren: Krankenschwester Christine Chapel (Jess Bush) und Dr. Joseph M’Benga (Babs Olusanmokun). Sie entdecken die Details, die hinter dem Plan der Abtrünnigen stecken. Dabei wird auch klar, dass beide umfassende Erfahrungen auf dem Schlachtfeld gegen die Klingonen sammeln mussten. Anstatt diesen möglichen Trauma-Aspekt der Figuren aber in Zwischentönen oder anderen Konfliktsituationen zu vertiefen, präsentiert uns „Strange New Worlds“ stattdessen eine überbordend lange Faustkampf-Sequenz, die Chapel und M’Benga lediglich dank eines bestimmten, per Hypospray verabreichten „Zaubertranks“ bewältigen können. Die Inszenierung weckt zwar keinesfalls Erinnerungen an Asterix und Obelix, aber doch an die zähsten Sequenzen der allerzähsten John-Woo-Filme, Super-Zeitlupe inklusive. Bleibt zu hoffen, dass wir in zukünftigen Folgen mehr über dieses Serum und sicher vorhandene Nebenwirkungen erfahren.

Hat man jenes absurde Ausufern erst einmal hinter sich gelassen, darf man glücklicherweise wieder über die farbenfrohe und überraschende Weltraum-Sequenz staunen, in der die Enterprise aus ihrem Versteck in den roten Ringen von Kajitar IV hervortritt und sich der direkten Kriegsgefahr und einem klingonischen Schlachtschiff gegenübersieht. Eine weitere Konfrontation mit dessen Kommandant weckt andere klingonische Erinnerungen, an die Gerissenheit, die wir aus „TOS“-Episoden wie „Kampf um Organia“ oder „Der erste Krieg“ kennen.

Spocks (Ethan Peck) erstes Kommando oder: Klingonische Feuerprobe bestanden.Paramount+

Besonders erfreulich an der ersten neuen Folge von „Star Trek: Strange New Worlds“ ist sicherlich, dass einige besonders spannende Erzählstränge aus Staffel eins praktisch sofort wieder aufgegriffen werden, sowohl was die Zukunft von Nummer Eins als auch die von La’an an Bord der Enterprise betrifft. Ebenfalls weiter am Horizont lauert die akute Bedrohung durch die Gorn, die im Vorjahr ein recht kontrovers aufgenommenes, aber doch sehr beeindruckendes Comeback feierten. Nicht minder interessant sind in diesem Zusammenhang Mr. Spocks angeschlagener emotionaler Zustand nach der Konfrontation mit den Gorn und die Auswirkungen, die dies auf seine Entscheidungen und seine Beziehung zu Christine Chapel hat. Mit Carol Kane ist zudem ein überaus vielversprechendes neues Besatzungsmitglied an Bord, das einen positiven ersten Eindruck hinterlässt.

Abgesehen von einigen Wendungen im Fortschreiten der Handlung, die letztendlich nur in einem vermeintlichen Coolness-Faktor ihre Rechtfertigung finden, präsentiert uns „Strange New Worlds“ eine überaus solide und unterhaltsame Staffelpremiere, die vor allem eines macht: Lust auf mehr. Die größten Stärken der Serie sind dabei noch immer dieselben: Eine Crew-Familie mit großartiger Chemie, deren Abenteuer und Leben an Bord der Enterprise erstrebenswert sind, die Erkenntnis, dass episodisches Erzählen auch heutzutage noch eine Position der Stärke sein kann und, deutlich gravierender als bei allen anderen Serien des Franchise seit 2017, ein überbordendes Ja, das ist Star Trek-Gefühl.

Meine Wertung: 3,5/​5

Die zweite Staffel von „Star Trek: Strange New Worlds“ startet am Donnerstag, den 15. Juni bei Paramount+. Die zehn neuen Folgen gehen dann bis August in wöchentlichem Turnus online.

Über den Autor

Ralf Döbele ist Jahrgang 1981 und geriet schon in frühester Kindheit in den Bann von „Der Denver-Clan“, „Star Trek“ und „Aktenzeichen XY …ungelöst“. Davon hat er sich als klassisches Fernsehkind auch bis heute nicht wieder erholt. Vor allem US-Serien aus allen sieben Jahrzehnten TV-Geschichte haben es ihm angetan. Zu Ralfs Lieblingen gehören Dramaserien wie „Friday Night Lights“ oder „The West Wing“ genauso wie die Prime Time Soaps „Melrose Place“ und „Falcon Crest“, die Comedys „I Love Lucy“ und „M*A*S*H“ oder das „Law & Order“-Franchise. Aber auch deutsche Kultserien wie „Derrick“ oder „Bella Block“ finden sich in seinem DVD-Regal, das ständig aus allen Nähten platzt. Ralf ist als freier Redakteur für fernsehserien.de tätig und kümmert sich dabei hauptsächlich um tagesaktuelle News und um Specials über die Geschichte von deutschen und amerikanischen Kultformaten.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Star Trek – Enterprise, Aktenzeichen XY … Ungelöst

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • (geb. 1987) am

    Die erste Staffel hat sehr viel richtig gemacht und war mit der dritten (und nur der) von Picard endlich wieder Star Trek.
    Die erste Folge jedoch ist wieder in die Prä-SNW-Ära zurückgefallen und die ziemlich hanebüchene Story explizit OHNE Cpt. Pike sollte lediglich auf Krampf gewisse Figuren in den Vordergrund bringen.
    Man kann eine Droge nehmen und eine 55 Kilo Frau schlägt 40 Worfs KO? Wieso brechen ihre Hände nicht? Wieso schlucken die Klingonen die nicht ständig? Woher kann die Krankenschwester und der Arzt (extrem schlecht gespielt) plötzlich Kung Fu, wie John Wick? Nur weil man Stereoide nimmt?
    Nöööö.... schade... war schonmal WESENTLICH besser.
    • (geb. 1957) am

      Zu extrem schlecht gespielt: Babs Olusanmokun (der Arzt) ist immerhin Träger eines schwarzen Gürtels in Brazilian Jiu-Jitsu.


      Das mit der Droge ist natürlich wieder so ein Gimmick jenseits von Logik und wissenschaftlicher Plausibilität, Hauptsache "cool".
  • am

    Nur eine Folge pro Woche? Also noch mehr als 2 Monate bis man die Staffel anschauen kann.
    • am

      Gerade diese Zeitlupenhaudrauf-Sequenz mittels DeusEx-Machina hat mir so gar nicht gefallen, der Rest war aber wieder okay bis gut. Die (deutsche) Stimme von der Neuen hat mich stellenweise etwas genervt. Aber trotzdem noch um Längen besser, als vieles was in der jüngeren Vergangenheit os abgeliefert wurde.
      • (geb. 1977) am

        Die beste New Trek Serie ist zurück. Ich denke, dass es mit Star Trek endlich wieder bergauf geht. Vielleicht kriegen wir noch viele gute Folgen zu sehen. 🖖

        weitere Meldungen