2020, Folge 903–922

  • Folge 903 (90 Min.)
    Viele Menschen haben eine ganz genaue Vorstellung davon, was ihnen das neue Jahr bringen wird. Sie stecken sich berufliche Ziele, planen den langer-sehnten Urlaub oder organisieren ihre Traumhochzeit. Oder sie sind über-zeugt, dass ihr Leben einfach im gewohnten Fahrwasser weitergeht. Doch allzu häufig kommt dann alles ganz anders. Denn das Leben ist nur selten planbar. Wer möchte nicht, dass sein Leben nach Plan verläuft? Viele Menschen wünschen sich, alles im Leben kontrollieren und vorausplanen zu können, um Sicherheit und Gewissheit zu haben.
    Doch immer wieder zeigt sich, dass so das Leben nicht spielt. Niemand ist gefeit vor Umbrüchen und Wendepunkten. Gerade wenn das Leben scheinbar in geregelten Bahnen verläuft, führt nicht selten der Zufall oder das Schicksal urplötzlich in eine ganz andere, nie erwartete Richtung. Das kann eine erfreuliche Überraschung sein, indem zum Beispiel die Liebe einschlägt, wo man sie am wenigsten erwartet hat. Oder wenn sich eine unscheinbar kleine Entscheidung plötzlich als goldrichtig und wegweisend entpuppt.
    Doch Wendepunkte können auch vor ungeahnte Herausforderungen stellen: Wer beispielsweise von einem Tag auf den anderen schwer erkrankt oder einen geliebten Menschen verliert, der steht häufig erst einmal vor dem Nichts und ist gezwungen, sein Leben ganz neu aufzustellen. Wer allen Mut zusammennimmt und ganz bewusst aus seinem Alltag ausbricht, der geht damit immer auch ein Risiko ein. Egal ob Berufswechsel oder Auswanderung: Nicht alle Träume halten dem Realitäts-Test stand.
    Doch der Neubeginn kann auch das große Glück bereithalten – wenn man durchhält. Steht man im Leben an einer Weggabelung, dann muss man sich entscheiden: Umkehren oder weitermachen? Gehen oder bleiben? Wie begegnet man Schicksalsschlägen und Umbrüchen im Leben? Und welche Chance kann in einem Neuanfang stecken – egal ob er freiwillig oder unfreiwillig ist? „Wenn es anders kommt im Leben“, das ist das Thema am 24. Januar 2020 bei Michael Steinbrecher im Nachtcafé. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 24.01.2020SWR Fernsehen
  • Folge 904 (90 Min.)
    Die hinterlistige Tante, der fürsorgliche Cousin oder die aufdringliche Nichte – zu den Verwandten sieht das eigene Verhältnis oft ganz unterschiedlich aus. Dieses kann harmonisch sein: Wie Pech und Schwefel hält die Familie zusammen, greift sich gegenseitig unter die Arme und unterstützt sich bei Problemen wie finanziellen Sorgen, Todesfällen und Schicksalsschlägen. Doch nicht nur Zusammenhalt und Geborgenheit können verwandtschaftliche Konstellationen bestimmen: Was, wenn die eigene Ehe auseinandergeht, weil sich die Partnerin in ihren Schwager verliebt? Oder, weil die Mutter nicht mit ihrer neuen Schwiegertochter auskommt? Ganz klassisch können auch Diskussionen um das Erbe eigentlich harmonische Beziehungen zerstören, Familienmitglieder auseinanderreißen oder sogar tragisch im Mord enden.
    Manch Familienunternehmen gründet auf der Überzeugung, dass man sich nur unter Verwandten vertrauen kann. Doch nirgends wird so erbittert gestritten wie in Familien. Geschwister bekämpfen sich bis aufs Blut, Enkel brechen den Kontakt zu ihren Großeltern ab. Der ein oder andere findet sich plötzlich in der Rolle des schwarzen Schafs wieder. Für viele gehen Familienzusammenhalt und Blutsverwandtschaft über alles, sie verspüren eine moralische Verpflichtung, mit allen auskommen zu müssen. Aber ist Blut tatsächlich dicker als Wasser? Wann ist es vielleicht doch besser, sich zu distanzieren? Und wie behält man die Ruhe bei nervigen Verwandten? (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 31.01.2020SWR Fernsehen
  • Folge 905 (90 Min.)
    „Das kannst du nicht!“ – Eine Aussage, die schmerzt. Denn sie bedeutet: Jemand traut uns etwas nicht zu, jemand glaubt nicht an uns. Mindestens genau so schmerzhaft ist es aber, wenn wir diesen Satz zu uns selbst sagen. Wenn es an Selbstbewusstsein mangelt und Zweifel die Oberhand gewinnen. Dabei gilt: „Glaube an dich selbst – besonders wenn kein anderer es tut.“ Egal ob berufliche Ziele, Vorsätze wie Abnehmen und Rauchstopp oder Träume und Visionen – nicht immer sind alle Menschen im Umfeld ebenso Feuer und Flamme für die eigenen Ideen wie erhofft. Anstatt auf Unterstützung trifft man auf Ablehnung und Gegenwind. Reaktionen, die enttäuschen und verletzen.
    Wie gelingt es da, weiter zielstrebig seinen Weg zu gehen und auch ohne Rückhalt an sich selbst zu glauben? Wenn die eigene Familie, vor allem die Eltern nicht an die Träume, das Talent oder den Erfolg ihres Kindes glauben, wiegt das für Betroffene besonders schwer. Denn gerade Mutter und Vater sollten ihre Kinder unterstützen und ihnen den Rücken stärken. Doch was, wenn man statt stolzem Lob und Ermunterung von den Eltern nur hört: „Das schaffst du niemals!“ Dann gilt es, sich mit Ehrgeiz und Willenskraft den Respekt und den eigenen Weg hart zu erarbeiten. Besonders häufig führen Vorurteile und Klischees dazu, dass Menschen in Schubladen gesteckt und unterschätzt werden.
    Ist jemand in den Augen Anderer zum Beispiel „zu alt“, wird er oder sie schnell auf das berufliche Abstellgleis geschoben, rein wegen des Alters aussortiert. Erfahrung und Leistungsfähigkeit scheinen nicht mehr zu zählen. Auch Menschen mit Behinderung kennen diese Vorurteile und werden schnell abgestempelt. Ihnen muss es gelingen, sich weder von ihrem Handicap noch vorm Urteil Anderer aufhalten zu lassen. Kann ein vermeintlicher Makel dann sogar zum Erfolgsfaktor werden? Wie geht man damit um, unterschätzt zu werden? Und was braucht es, um trotz Widerständen den Glauben an sich selbst nicht zu verlieren? (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 07.02.2020SWR Fernsehen
  • Folge 906 (90 Min.)
    Fehler möchte niemand machen, doch trotzdem passieren sie jedem von uns und kommen fast täglich vor. Es ist menschlich, auch mal falsch zu liegen und meist sind Fehlgriffe auch schnell korrigiert und schließlich vergessen. Doch es kann auch ganz anders kommen: Was, wenn Ausrutscher gravierende Folgen nach sich ziehen, wenn die Fehler Anderer das ganze Leben auf den Kopf stellen? Da ist die Patientin, die nach einer falschen Diagnose lebenslang an den Rollstuhl gefesselt ist oder aufgrund einer Verwechslung an einem völlig falschen Organ operiert wurde.
    Oder die Nachbarin, die durch einen Justizirrtum seit Jahren unschuldig hinter Gittern sitzt. Auch das vertauschte Kind, das nach der Geburt den falschen Eltern mitgegeben wird, muss unfreiwillig mit den Konsequenzen eines unbeabsichtigten Fehlers leben. Eine schlichte Namensverwechslung durch Behördenschlamperei hat schon so manche unvorhergesehene Lawine in Gang gesetzt. Irrtümer können aber auch zu unverhofftem Glück, Reichtum oder Erfolg, Fehltritte zum Happy End führen. Wer aus Versehen in die falsche U-Bahn einsteigt und dort seine große Liebe kennenlernt, ist rückblickend sicherlich froh über sein Missgeschick.
    Auch eine Bewerbung, die aus Versehen auf dem falschen Schreibtisch landet, kann der Zufallsstart für eine ganz große Karriere sein. Wie umgehen mit der Schuld, die man durch eine Fehleinschätzung anderen angetan hat? Was tun, wenn man feststellt, dass eine falsche Entscheidung unumkehrbare Auswirkungen hat? Und können die Betroffenen besser verzeihen mit dem Wissen, dass es sich „nur“ um ein Versehen gehandelt hat? (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 14.02.2020SWR Fernsehen
  • Folge 907 (90 Min.)
    Viele Wege führen zur Liebe. Manchmal sind es sogar lange Umwege oder auch unglaubliche Irrwege, die wir beschreiten, um letztlich bei unserem Traumpartner anzukommen. Und oftmals sind es gerade die Abzweigungen, die uns bereit und stark machen für die eine große Liebe. Es gibt sie, die Paare, die sich bereits im Sandkasten kennen und lieben lernen und in Harmonie und Liebesglück ihr gesamtes Leben miteinander verbringen. Doch so geradlinig verläuft es nicht für alle Liebeshungrigen. Viele Menschen suchen lange nach der wahren Liebe. Es gibt diejenigen, die viele Frösche küssen auf dem Weg zum Traumprinzen oder zur Traumprinzessin.
    Und andere, die lange lieber überzeugte Junggesellen bleiben, bevor sie sich mit weniger als Perfektion zufriedengeben. Aber irgendwann schlägt auch bei ihnen der Blitz ein – und das manchmal, wenn sie gar nicht mehr damit gerechnet haben. Und selbst bei Paaren, bei denen scheinbar alles in geregelten Bahnen läuft, muss dies nicht auf ewig so bleiben: Egal ob sich ein Partner kurz vor der Silberhochzeit plötzlich Hals über Kopf in eine andere Person verliebt oder ob die Partnerschaft nach einigen glücklichen Jahren im Rosenkrieg endet. Doch auch das muss noch nicht das Ende sein. Denn das Leben – und vor allem die Liebe – hat immer wieder Überraschungen parat.
    So kann es durchaus vorkommen, dass ein Paar nach Trennung und Scheidung beschließt, ihrer Liebe doch noch einmal eine zweite Chance zu geben … Manche Menschen brauchen einfach mehrere Anläufe. Und oftmals stehen die Beziehungen, die auf einem steinigen Weg mit Hürden und Hindernissen gewachsen sind, letztlich auf einem festeren Fundament als Traumtänzer, die es direkt und ohne Umwege auf „Wolke 7“ geschafft haben. Welche Vor- und Nachteile können Umwege auf der Suche nach der großen Liebe haben? Und wie gelingt es uns, diese als notwendig und sinnvoll zu akzeptieren? (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 28.02.2020SWR Fernsehen
  • Folge 908 (90 Min.)
    Wohl jeder von uns hat sie schon gespürt: Diese langsam hochkriechende unbändige Wut, weil wir uns ungerecht behandelt fühlten. Der Wunsch nach fairer Behandlung und Gerechtigkeit ist tief in uns verankert. Doch immer wieder sind wir im Alltag mit Situationen konfrontiert, die unser Gerechtigkeitsempfinden empfindlich stören. Wenn ein Raser, der den Tod eines jungen Menschen auf dem Gewissen hat, mit einer Bewährungsstrafe davonkommt, hinterlässt das nicht nur bei den Hinterbliebenen fassungsloses Kopfschütteln. Wer jahrelang in seine Versicherung einbezahlt und trotzdem auf seinem Hochwasserschaden sitzen bleibt, verliert den Glauben an Gerechtigkeit. So auch der Rentner, der sein hart erspartes Geld einem Anlagebetrüger anvertraut hat und nun vor dem finanziellen Ruin steht.
    Zu wissen, dass der Kriminelle nun ungestraft im Ausland unter Palmen ein Luxusleben führt, lässt nicht nur Fassungslosigkeit und Empörung, sondern auch die Frage aufkommen: „Wo bleibt hier die Gerechtigkeit?“. Wer Ungerechtigkeit erfahren hat, wünscht sich Wiedergutmachung und einen Ausgleich. Manchmal liegen jedoch Welten zwischen gefühlter Gerechtigkeit und gefällten Gerichtsurteilen. Dementsprechend groß ist die Versuchung, sich aus Wut und Enttäuschung selbst Recht zu verschaffen. Immer wieder sorgen unbescholtene Bürger aus dem Gefühl der Verzweiflung, Ohnmacht und dem Wunsch nach Vergeltung selbst für Recht und Ordnung, üben Selbstjustiz und werden so von Opfern zu Tätern. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 06.03.2020SWR Fernsehen
  • Folge 909 (90 Min.)
    Derzeit beherrscht die Corona-Krise unser Leben und stellt uns auf eine harte Probe. Fast nichts Anderes mehr ist im Bewusstsein von uns allen, die Pandemie beherrscht unseren Alltag nahezu vollständig. Die Virus-Pandemie kennt keine Grenzen, die Auswirkungen sind in allen Lebensbereichen spürbar. Es ist eine nie dagewesene Zäsur, die unseren Alltag herunterfahren lässt. Kitas und Schulen haben geschlossen, Gottesdienste finden nicht mehr statt, Kulturveranstaltungen sind abgesagt. Für viele Menschen wird die Situation dadurch existentiell: Kleinunternehmer, die ihren Laden schließen mussten und nicht wissen, wie es weitergehen soll.
    Künstler, die sonst vor vollen Rängen im Theater spielen, sitzen zu Hause. Fußballstadien, Kinos und Outlets – keine Zuschauer, keine Kunden – alles menschenleer. Hingegen gibt es Hamsterkäufe in Supermärkten und Drogerien, teilweise sind ganze Regalreihen leergefegt, Einkaufswägen gefüllt mit Nudelpackungen, Konserven und Toilettenpapier. Doch in dieser Krise und der kollektiv verordneten Besinnungspause spüren wir auch die Kraft und Stärke unserer Gesellschaft. Gerade jetzt ist eine unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft zu spüren. Denn auch Solidarität ist ansteckend!
    Marjoke Breuning leitet ein traditionelles Wäschefachgeschäft, das seit 175 Jahren in Familienhand ist. Doch nun sieht sie – wie auch tausende andere Einzelhändler – sehr schwere Zeiten auf sich zukommen. Denn ihr Laden in der Stuttgarter Innenstadt wurde jetzt geschlossen: „Seit dem Zweiten Weltkrieg hatten wir keine vergleichbare Krise. Es ist eine furchtbare und noch nie dagewesene Situation für unsere Mitarbeiter und unser Unternehmen“, so die IHK-Präsidentin der Region Stuttgart.
    Es ist die große Angst vor der Insolvenz, die unter allen Selbständigen umgeht. Nicht nur Unternehmen, auch Handwerkern oder Kulturschaffenden wie Tobias Mann brechen die Aufträge weg: „Allen, die ihr Geld dabei verdienen, wenn Menschen zusammenkommen, wurde innerhalb kürzester Zeit die gesamte Existenzgrundlage unter den Füßen weggezogen“, so der Kabarettist. Den Ausnahmezustand will der Satiriker mit Solidarität und Humor überstehen.
    Für Sozialpsychologe Dr. Jens Förster ist nachvollziehbar, dass eine neue und scheinbar unbeherrschbare Gefahr in der Bevölkerung Ängste erzeugt: „In solch einer Krise fokussieren sich viel erst mal nur auf das Problem. In so einer Situation ist es relativ typisch, dass wir erst mal egoistisch handeln.“ Er sieht allerdings den momentanen Ausnahmezustand auch als Chance für die Gesellschaft. Denn im besten Fall führt dies zu solidarischem Miteinander und neuen gemeinsamen Ideen, wie man die Zukunft gestalten kann.
    Solidarität statt Egoismus ist das Motto der Stunde von Paula Isbrecht. Die 23-Jährige zeigt, wie wichtig es ist, dass auch Jung und Alt in dieser Ausnahmesituation zusammenstehen. Um Senioren und Kranken in dieser schwierigen Situation zu helfen, versucht die Mediengestalterin, anderen in der Krise eine Stütze zu sein. Deshalb hat sie die „Nachbarschaftshilfe Stuttgart“ ins Leben gerufen: „Die Resonanz ist groß und so positiv. Mittlerweile haben wir um die 300 Menschen, die helfen. Es werden täglich mehr.“
    Auch das Leben von Rainer Fuchs als Diakon hat sich von heute auf morgen gravierend verändert. Derzeit kann er weder Gottesdienste noch Trauungen in seiner bayerischen Gemeinde abhalten. Das einzige, was noch stattfindet, sind Beerdigungen. Gerade für alte und kranke Menschen und diejenigen, die alleine leben, ist der zwischenmenschliche Kontakt auf ein Minimum geschrumpft. Trotzdem versucht er, seine Gemeindemitglieder zu erreichen und ihnen Hoffnung in dieser unsicheren Zeit zu geben: „Jetzt zählt der Gedanke der Nächstenliebe. Wir tun alles, was möglich ist, um mit den einsamen und älteren Menschen in Kontakt zu bleiben.“
    Auch Mediziner und Publizist Dr. Werner Bartens schätzt die Lage ernst ein, geht das Thema aber gleichzeitig pragmatisch ein. Zwar steht unser Gesundheitssystem vor einer gewaltigen Belastungsprobe und möglicherweise wird es Monate dauern, bis sich unser Alltag normalisiert. Panik ist aus seiner Sicht trotzdem nicht angebracht: „Mit der Globalisierung steigt das Risiko für Seuchen, doch damit müssen wir lernen zu leben.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 20.03.2020SWR Fernsehen
  • Folge 910 (90 Min.)
    Die Angst geht um! Kein anderes Thema bewegt die Menschen gerade mehr als Corona. Angst ist ansteckend und kann zermürben. Sie verändert unseren Alltag in fast allen Bereichen, reduziert unsere Lebensqualität und schränkt uns extrem in unseren Gewohnheiten ein. Denn es kann jeden von uns treffen. An jedem Ort. Das Herz rast, die Hände schwitzen, der Schwindel tritt ein – wir haben das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren oder gar zu sterben. Angst ist eines der wichtigsten Grundgefühle, die wir haben.
    Angst gehört zum Leben, sie hat eine Schutzfunktion und dient uns als Frühwarnsystem für eine Vielzahl alltäglicher Gefahren. Ständig platzen unterschiedliche Bedrohungen in unser Leben, in ängstlicher Erwartung vor Lebensbedrohlichem fühlen wir uns gleichzeitig mit dem Gefühl der Machtlosigkeit konfrontiert. Auch die Angst vor Terror hält die Menschen mittlerweile in Atem. Die Toten von Halle oder Hanau, die Amokfahrt in Volksmarsen – solche Schreckensszenarien hinterlassen ihre Spuren.
    Wer solch eine Tat überlebt, leidet lebenslang. Aber auch bei vielen nicht Betroffenen macht sich ein mulmiges Gefühl breit, sie fühlen sich schutzlos, manche trauen sich kaum noch auf die Straße. Sie fürchten sich bei jedem herrenlosen Koffer am Flughafen, bekommen Panik, wenn die Bahn kurzfristig im Tunnel anhält. Angst kann sich so entwickeln, dass sie krank macht. Ob soziale Phobie, Panikattacken oder Höhenangst – Angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen.
    Wie verändert Angst unsere Gesellschaft? Was ist Hysterie, was ist tatsächliches Risiko? Welche Wege führen aus der Angstfalle? „Wenn das Leben Angst macht“ – darüber spricht Michael Steinbrecher mit diesen Gästen: Andreas Breitkopf bereitet das Virus große Sorgen. Seit sieben Jahren pflegt er seine im Wachkoma liegende Mutter in den eigenen vier Wänden. Hilfe erhält er nur von seiner 78-jährigen Großmutter. Die Angst, sich beim Einkaufen mit Corona zu infizieren und das Virus nach Hause zu tragen ist bei ihm riesig: „Ich versuche extra vorsichtig zu sein und fasse Produkte im Supermarkt nur noch mit meinen Pflegehandschuhen an.“ Ella Paravyan war mit der Schule auf Abschlussfahrt in Nizza, als die Gruppe das LKW-Attentat am 14. Juli 2016 miterleben musste.
    Zwei Mitschüler und ihre Lehrerin verstarben, eine Schülerin wurde schwer verletzt. Seit dem Terroranschlag sind Ängste für die heute 22jährige Lehramtsstudentin an der Tagesordnung: „Die Angst ist so in mir drin, dass ich gar nichts richtig genießen kann.
    Ich denke immer, der Tod wird mich noch holen.“ Zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin drohte Christine Brekenfeld hochschwanger zu verbluten: „Ich war mit einer riesigen Angst vor dem Ende meines Lebens konfrontiert. Das war ein Beben, das durch mich hindurchging.“ Diese Todesangst verwandelte sich während einer Nahtoderfahrung in ein Gefühl des Friedens und Angenommenseins. Danach fand sie spirituelle Methoden, um auch im Alltag Ängste annehmen zu können.
    Sönke Ellerbrock hatte es in seinem Leben schon oft mit Naturgewalten zu tun. Als Kind erlebte er hautnah die Hamburger Sturmflut, auch sein Hotel-Restaurants direkt an der Elbe ist regelmäßig von Hochwasser bedroht. Doch erst seit Corona hat der Wirt zum ersten Mal wirklich Angst um die Zukunft seines Betriebs: „Bei Hochwasser siehst du den Schaden, der angerichtet wird. Das hier ist anders, einfach nicht greifbar.“ Angst ist auch der ständige Begleiter von Comedy-Autor Peter Wittkamp.
    Der Kreativ-Autor leidet seit seiner Jugend an Zwangsstörungen und Kontrollgedanken. Diese waren zeitweise so stark, dass er sich in die Psychiatrie einweisen ließ. Doch er nimmt seine Krankheit mit Humor: „Wenn man den Humor verliert, hat man gar nichts mehr.“ Dies gilt für ihn auch jetzt in der Corona-Krise. Elke und Gerd Döring verbrachten ihren Skiurlaub in Südtirol, als bei dem 67jährigen typische Symptome auftauchten. Zuhause wurde das Ehepaar positiv auf Corona getestet.
    Während Gerd Döring unter Husten, Kopfschmerzen und Fieber litt, hatte seine Frau keinerlei Beschwerden. „Wir hatten Glück im Unglück“, so die 63jährige, überwältigt von der Unterstützung vieler Menschen während der Quarantäne. Der Angstforscher Prof. Dr. Borwin Bandelow warnt vor Panik und plädiert für Gelassenheit. Gerade jetzt hätten viele das Gefühl, etwas Unbeherrschbarem ausgesetzt zu sein: „Die Angst ist im Moment ansteckender als das Virus selbst. Wir sollten nicht übervorsichtig sein, aber die allgemeinen Regeln befolgen“, so der Psychiater und Psychotherapeut. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 03.04.2020SWR Fernsehen
  • Folge 911 (90 Min.)
    Deutsche TV-PremiereFr 10.04.2020SWR Fernsehen
  • Folge 912 (90 Min.)
    Es ist gerade eine außergewöhnliche Zeit: Das gesellschaftliche Leben kommt weitestgehend zum Stillstand, soziale Kontakte sind größtenteils auf Telefon und Internet beschränkt und wir alle vermissen echte Begegnungen. Egal ob gesellige Familienfeier, Fußballstadion-Atmosphäre, ein Abend mit Freunden auf dem Sofa oder das spontane, unbeschwerte Gespräch im Supermarkt. Wir alle wissen, wie wohltuend Begegnungen sind und wie bedeutsam sie sein können. Manchmal treffen wir auf Menschen, bei denen wir sofort spüren: Diese Begegnung wird Einfluss auf mein Leben haben.
    Egal ob Liebe auf den ersten Blick, Freundschaft fürs Leben oder neuer Job – häufig reicht nur eine Begegnung aus, um die Weichen ganz neu zu stellen. Das Leben ist voller Menschen, die uns begleiten. Während die einen kommen und gehen, gibt es andere, die bleiben. Doch beide können gleichsam prägend sein. So kann sich der nette Smalltalk an der Bar zum Beispiel völlig unverhofft als Auftakt für ein neues Jobangebot in Übersee entpuppen. Und manchmal genügt nur ein Blick, ein Satz oder eine Berührung, um sofort eine Seelenverwandtschaft zu spüren: So können wir uns innerhalb von Sekunden sicher sein, gerade die Liebe unseres Lebens gefunden zu haben – oder auch den Bruder oder die Schwester im Geiste.
    Dabei können auch die Umstände des Kennenlernens dazu beitragen, dass etwas Großes entsteht: Beispielsweise ist es nicht selten, dass aus furchtbaren Erlebnissen wie einer Krise oder einer schweren Krankheit zunächst eine Schicksalsgemein-schaft entsteht, die dann zu einer Freundschaft fürs Leben führt. Eine Begegnung kann auch dahingehend weichenstellend sein, dass sie dazu führt, eigene Vorurteile zu überdenken und Vorbehalte abzulegen.
    Oder aber dazu, eine Bestimmung oder eine Aufgabe zu erkennen. – Dabei kann es eine Begegnung mit einer Person sein, aber auch eine spirituelle Begegnung. Das ganze Leben kann durch Begegnungen auf den Kopf gestellt werden. Schon hinter der nächsten Straßenecke kann eine lebensverändernde Überraschung warten. Doch wie erkennt man, dass eine Begegnung die Chance hat, das Leben zu verändern? Und wie gelingt es, offen dafür zu sein? (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 17.04.2020SWR Fernsehen
  • Folge 913 (90 Min.)
    In diesen unsicheren Zeiten wird gerade das ganze Leben durcheinandergeworfen. Alle sind mit einer nie da gewesenen Bedrohung konfrontiert – und auch die Liebe wird auf eine harte Probe gestellt. Oft wachsen Menschen in solchen Krisensituationen über sich hinaus und finden gerade im Unglück oder in der Not zueinander. Wenn es ernst wird, tun sich jedoch auch tiefe persönliche Abgründe auf, die einer langjährigen Liebe ein jähes Ende setzen können. Wie robust ist eine Beziehung, wenn es hart auf hart kommt? Wenn eine Krankheit alle perfekten Pläne der Zweisamkeit vernichtet? Wenn sich in einer Liebe plötzlich alles um Leben und Tod dreht? Wenn Bomben fallen, das Essen knapp wird und man um das eigene Leben bangen muss? Solche Ausnahmesituationen treiben Menschen nicht nur auseinander, sondern führen sie auch zusammen.
    Da ist das Pärchen, das inmitten einer Naturkatastrophe oder eines Unglücks eine schicksalhafte Verbindung eingeht. Oder der Schicksalsschlag, der zwei Menschen auf ewig zusammenschweißt. Jenseits der großen globalen Katastrophen finden die Krisen der Liebe auch im Kleinen statt – ob persönliche Niederlagen, die Trauer um ein Kind oder finanzielle Einbrüche.
    Durch plötzliche Einschnitte werden oft nicht nur Menschen, sondern auch deren Beziehung in die Knie gezwungen. Krisen sind aber nicht nur Schreckensbringer, sie eröffnen auch Chancen. Neue Sichtweisen auf sich selbst oder die Liebsten sorgen für einen Neustart, der auch in Beziehungen auf gute Wege führen kann. Was muss und was kann die Liebe alles aushalten? Inwiefern können Krisen der Liebe vielleicht sogar guttun? Gäste in der Sendung sind: Mit Anfang 50 lernte Sabine Asgodom die Liebe ihres Lebens kennen.
    Doch dem Paar blieben nur wenige unbeschwerte Jahre, bevor ihr Mann an Demenz erkrankte. Lange stand die Management-Trainerin ihm treu zur Seite, kümmerte sich trotz zunehmender Belastung um ihn. 2019 brachte sie ihn nach langem Ringen mit sich in einem Heim unter – wo er schon nach kurzer Zeit in einer Heimbewohnerin eine neue Partnerin fand: „Ich gönne es ihm, mir hat es aber das Herz gebrochen.“ Liebe überwindet alle Grenzen – auch auf äußerst spektakuläre und riskante Weise.
    Isolde und Hans Christian Cars ließen sich weder von der Mauer noch von den Krisen des Kalten Krieges aufhalten. Er lebte in Schweden, sie in Ostdeutschland – doch das sollte kein Hindernis bleiben. Mit einem Flugzeug brachte Hans Christian Cars seine Liebste in den Westen. Isolde Cars hat die Flucht nie bereut: „Wo die Liebe hinfällt, da hüpft man drüber.“ Hedwig Rossow war schwanger und mit ihrem Ehemann in den Flitterwochen, als die beiden aus dem Hinterhalt überfallen und ihr Mann erschossen wurde. Seitdem war sie hin- und hergerissen zwischen der Trauer um ihre Liebe und dem Glück über die Geburt ihres Kindes.
    Bis sie eines Tages mit einer außergewöhnlichen Frage konfrontiert wurde, die ihr ganzes Leben veränderte. Sie fand eine neue Liebe und gewinnt heute Kraft aus dem Verlust: „Meine Liebe wuchs in der Krise.“ G.G. Anderson war gerade frisch getrennt und hatte große Geldsorgen, als er vor 45 Jahren seine Frau Monika kennenlernte. Mit ihr an seiner Seite erlebte der Schlagersänger und Komponist nicht nur seinen Aufstieg und große Erfolge, gemeinsam standen sie auch persönliche Krisen, familiäre Schicksalsschläge und schwere Krankheiten durch: „Monika stand immer wie eine Eiche als Partnerin an meiner Seite.“ Danilo Hintze und Julia Pfetzing-Hintze waren ein Traumpaar, fünf Jahre lang war Streit in ihrer Beziehung ein Fremdwort.
    Bis ihr Sohn nach akutem Sauerstoffmangel bei der Geburt körperlich und geistig stark beeinträchtig wurde. Neben der psychischen Belastung für die jungen Eltern kamen existenzielle Sorgen dazu, die das Paar an ihre Grenzen brachte. Doch dank ihres Optimismus und mit Hilfe ihres Umfelds schafften sie es, den Dauerausnahmezustand zu bewältigen: „Egal welcher Stein uns in den Weg gelegt wurde, wir haben daraus immer etwas gebaut.“ Eine Liebe ohne Krise ist undenkbar.
    Das steht für den Psychotherapeuten Dr. Mathias Jung fest. Egal, ob eine Krise von außen über ein Paar hereinbricht oder es in der Beziehung selbst kriselt – gerade dann zeige sich die Widerstandsfähigkeit oder die Sollbruchstelle eines Paares, so der Philosoph: „Krisen sind dazu da, die Beziehung neu zu justieren. Manchmal führen sie zum Ende der Beziehung, im positiven Fall zur Erneuerung.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 24.04.2020SWR Fernsehen
  • Folge 914 (90 Min.)
    Manchmal genügt ein einziger Augenblick, der alles verändert. Nur ein Moment, der das Leben in ein „Davor“ und ein „Danach“ teilt. Wir alle sind ständig mit Veränderungen konfrontiert, das Leben ist nur selten planbar. Doch es gibt Veränderungen, die so einschneidend sind, das danach einfach nichts mehr ist wie zuvor. In manchen Fällen hält das Leben Überraschungen bereit, auf die wir nur noch reagieren können. Doch manchmal erleben wir auch Situationen, in denen wir plötzlich ganz klar spüren: Jetzt ist es Zeit für eine Entscheidung und Zeit für Veränderung.
    Momente, die alles verändern, können erfreuliche Überraschungen und Herausforderungen sein: das unerwartete, verlockende Jobangebot, für das man alle Zelte abbrechen und in ein fernes Land ziehen muss. Oder auch die buchstäbliche Liebe auf den ersten Blick, die uns aus der Bahn wirft und mit einem Mal alles andere vergessen lässt. Doch so wie sich alles schicksalhaft fügen und zum Besten wenden kann, genauso kann unser Leben, wie wir es bisher gekannt haben, auch innerhalb eines Wimpernschlags scheinbar zerbrechen.
    Zum Beispiel wenn ein geliebter Mensch ohne Vorbereitung plötzlich verstirbt oder eine Krankheitsdiagnose klarmacht, dass von nun an nichts mehr sein wird wie zuvor. Schicksalsschläge treffen uns oft aus heiterem Himmel und mit voller Wucht. Wie gelingt es, plötzliche und einschneidende Veränderungen anzunehmen? „Der Moment, der alles veränderte“, das ist das Thema bei Michael Steinbrecher im „Nachtcafé“ bei „TALK am Dienstag“ im Ersten. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 28.04.2020Das Erste
  • Folge 915 (90 Min.)
    Am 10. Mai ist Muttertag. Zeit für Kinder, ihre Mütter zu beschenken – und für Erwachsene eine willkommene Gelegenheit sie zumindest endlich mal wieder anzurufen. Für einige auch ein Tag, um den Verlust ihrer Mutter zu betrauern und in schönen Erinnerungen zu schwelgen. Für andere aber ein Tag, der sie an Leid und Schmerz erinnert, und den sie am liebsten aus dem Kalender streichen möchten. Es gibt Menschen, für die ist ihre Mutter lebenslang wichtigste Bezugsperson, Ratgeberin und Freundin. Der Fels in der Brandung und die Retterin in der Not.
    Andere spüren erst dann ihre große Bedeutung, wenn sie ihre Mutter verloren haben. Dabei ist es meist egal, ob das im frühen Kindesalter oder viel später im Leben passiert. – Es bleibt eine spürbare und schmerzhafte Lücke. Doch manche Menschen kennen eine liebende Mutter nicht. Auch wenn das für viele noch immer unvorstellbar ist: Es gibt Mütter, die ihre Kinder misshandeln, demütigen, oder missbrauchen. Dabei ist das Perfide häufig, dass die Kinder sich trotz alledem nach der Liebe ihrer Mutter sehnen.
    Frühe Erfahrungen, die oftmals das ganze Leben von Betroffenen nachhaltig prägen. Doch was zeichnet eine Mutter überhaupt aus? Was macht ihre Rolle so besonders? So wie sich Familie gewandelt hat und in stetigem Wandel ist, so ist es auch mit der Mutterrolle. Kann ein Vater all diese Funktionen und Attribute nicht genauso einnehmen? Und ist eine gute Mutter nur, wer das vermeintliche Rollenbild, gar die Klischees von der aufopfernden Mutter und dem Heimchen am Herd erfüllt? Ist jemand, der eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Träumen nachgibt, automatisch eine „Rabenmutter“? Oder liegt das Muttersein nicht in ganz anderen Dingen, nämlich vor allem in der Liebe zum Kind, begründet? Die Gäste bei Michael Steinbrecher: Die Schauspielerin Katrin Sass wurde von ihrer Mutter gezwungen, zeitlebens ein Familiengeheimnis zu hüten: Sie war aus einem Seitensprung der Mutter entstanden.
    Ihrem sozialen Vater durfte sie bis zu dessen Tod nicht sagen, dass sie es wusste. Eine Bürde für Katrin Sass: „Ich war am Anfang stinksauer auf meine Mutter. Das war völliger Wahnsinn von ihr, wie man in dieser Generation damit umgegangen ist.“ Richtig verzeihen konnte die Tochter der Mutter erst nach ihrem Tod.
    Als die langjährige Beziehung von Jasna Brnjakovic zerbrach, blieb ihre Sehnsucht nach einem Kind unverändert. Weil das Beratungsgespräch im Kinderwunschzentrum ernüchternd ausfiel, entschied sich die 37-Jährige für einen unkonventionellen Schritt zum Wunschkind: Sie suchte im privaten Umfeld nach einem Samenspender. Heute geht die 37-Jährige voll in ihrer Mutterrolle auf: „Ich denke, ich kann Vater und Mutter in einer Person sein.
    Ich habe beides in mir.“ Adrian Goiginger ist mit einer drogensüchtigen Mutter im Salzburger Junkie-Milieu aufgewachsen. Von außen betrachtet eine prekäre Kindheit. Für ihn jedoch das Gegenteil: „Meine Mutter war für mich immer die beste aller Welten. Es hört sich so kitschig an, aber sie hat mich geliebt. Ich glaube, wenn das erfüllt ist, dann bist du glücklich als Mensch. Dann ist es egal, in welcher sozialen Schicht du aufwächst.“ Vor drei Jahren verlor das Model Maribel Todt bei einem Unfall ihre Eltern und ihre Schwester.
    Als Vollwaise musste die damals 15-Jährige zu ihrer Großmutter ziehen, die mit der Situation überfordert war. Erst nach einem Klinikaufenthalt des Enkelkindes wurde sie zu einer wichtigen Bezugsperson für Maribel. „Ich würde sagen, dass es für mich keinen Mutterersatz gibt und niemals geben wird. Aber meine Oma ist auf jeden Fall ein Familienersatz.“ Als Gerald Molitor nach 34 Ehejahren verlassen wurde und plötzlich alleine mit vier Kindern dastand, konnte er jederzeit auf seine Mutter zählen.
    Das will er heute zurückgeben und pflegt seine inzwischen 98-jährige, demente Mutter hingebungsvoll bei sich zu Hause: „Dass sie ins Heim kommt, stand nie zur Debatte. Meine Mutti war immer für mich da, jetzt bin ich für sie da.“ Die Journalistin Barbara Tóth weiß um die besondere Rolle der Mutter in der Gesellschaft. Und sie kennt ebenfalls das Klischee der „bösen Stiefmutter“ – aus eigener Erfahrung in einer Patchwork-Familie: „Man fühlt sich als Stiefmutter in einer sehr undankbaren Rolle.
    Am Ende ist man die Schuldige für vieles, obwohl man eigentlich ganz viel zusammenhält und sich sehr bemüht.“ In ihrem Fall führte die konfliktbeladene Patchwork-Konstellation sogar zur Trennung. Für die Psychotherapeutin Claudia Haarmann ist keine Beziehung wichtiger als die Mutter-Kind-Bindung, da diese bereits vor der Geburt einsetzt. „Ein werdender Mensch, ein ganz kleines Kind braucht ganz viel Mutter, ganz viel Schutz und ganz viel Geborgenheit. Wenn es das bekommt, dann entsteht eine Quelle in einem kleinen Kind und diese Quelle heißt: Ich fühle mich geliebt, ich bin gehalten und alles ist gut, die Welt ist gut.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 08.05.2020SWR Fernsehen
  • Folge 916 (90 Min.)
    Wir alle stehen heutzutage unter Druck. Unser Leben ist geprägt von Anforderungen, Erwartungen und Ansprüchen. Ob im Job, in der Familie oder in der Partnerschaft – viele fühlen sich unter Dauerstrom. (Text: SWR Fernsehen)
    Deutsche TV-PremiereFr 15.05.2020SWR Fernsehen
  • Folge 917 (90 Min.)
    Der Tod ist immer eine Zäsur. Unerbittlich und endgültig. Was löst der Tod in uns aus? Welche Auswirkungen hat er auf unser Leben? Und wie gelingt es uns, nach dem Verlust eines geliebten Menschen neu anzufangen? (Text: SWR Fernsehen)
    Deutsche TV-PremiereFr 22.05.2020SWR Fernsehen
  • Folge 918 (90 Min.)
    Geld, Glaube oder die perfekte Liebe – jeder definiert seine eigenen Lebensziele anders. Doch gemeinsam ist ihnen: Das Streben nach einem glücklichen und erfüllten Leben. Einige Menschen wissen schon von klein auf, was ihnen wichtig ist. Deshalb arbeiten sie konsequent an ihrer Karriere oder daran, reich und berühmt zu werden. Andere folgen ihren politischen Überzeugungen und Idealen – sie stellen sich deshalb in den Dienst der Gesellschaft. Manche wiederum finden erst spät heraus, was für sie im Leben zählt – Kinder, soziales Engagement oder gar ein Leben für den Glauben. Manchmal ändern sich die Prioritäten. Vor allem dann, wenn das Schicksal zuschlägt, bekommt die Frage nach den Zielen im Leben häufig eine ganz andere Ausrichtung. Wenn die eigene Existenz auf dem Spiel steht oder man enge Freunde oder Angehörige verliert – manch einer sucht dann plötzlich eine ganz neue Antwort auf die Frage, was im Leben wirklich zählt.
    Zu Gast bei Michael Steinbrecher im NACHTCAFÉ sind: Christine Neubauer, für die Schauspielerin zählt abseits des roten Teppichs vor allem innere Zufriedenheit. Jo Weil, outete sich aktuell in der Öffentlichkeit als schwul, um endlich zu sich und seiner Liebe zu stehen. Schwester Mechtild, war eine erfolgreiche Managerin, doch innere Leere führte sie als Nonne ins Kloster. Claudia Obert, die Unternehmerin steht zu ihrer Leidenschaft für Geld und Luxus. Dr. Enrique Steiger, der Schönheitschirurg operiert die High Society und rettet Leben in Kriegsgebieten. Prof. Dr. Wilhelm Schmid, Philosoph der Lebenskunst. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 26.05.2020Das Erste
  • Folge 919 (90 Min.)
    Einige Verbindungen im Leben sucht man sich nicht aus: Einen Schicksalsschlag durchzustehen, schweißt zusammen. Das Erlebte stärkt nicht nur jeden Einzelnen, sondern auch die Verbindung. So geht es oft auch Menschen, die sich zuvor nicht kannten und dennoch das gleiche Schicksal teilen – ob bei einer schweren Erkrankung oder einer Verlusterfahrung. Auch Menschen, die plötzlich zu einer Schicksalsgemeinschaft werden, machen diese Erfahrung – zum Beispiel bei einer Geiselnahme. Doch es gibt auch Menschen, mit denen eine einzige Begegnung ausreicht, die das Leben prägt – ob eine Lehrerin, die früh ein Talent erkennt oder ein Nachbar, der in einer Krise selbstlos hilft. Darüber spricht Michael Steinbrecher mit seinen Gästen im „NACHTCAFÉ: Schicksal verbindet!“ am Freitag, 29. Mai, 22 Uhr, im SWR Fernsehen.
    Die Gäste im „NACHTCAFÉ“:
    Laura Karasek hat auch nach seinem Tod eine enge Verbindung zu ihrem Vater
    Als Laura Karasek ihr erstes Buch schrieb, war ihr Vater, der berühmte Literaturkritiker Hellmuth Karasek, ihr größter Fan. Sein Tod 2015 hat die 38-Jährige schwer getroffen und hatte etwas Schicksalhaftes für sie, denn kurz zuvor wurden ihre Zwillinge geboren. Ihr Band ist auch heute noch stark, obwohl sie längst aus seinem Schatten getreten ist: „Ich bin ihm sehr ähnlich. Ehrgeiz, der Hunger aufs Leben. Auch das Exzentrische. Das sehe ich auch in meinen Zwillingen.“
    Rainer Bracht wurde in der Sahara entführt und erlebte 177 Tage Geiselhaft
    Rainer Bracht war 2003 auf einer Motorradtour in der Sahara, als er von Entführern verschleppt und 177 Tage gefangen gehalten wurde. Eine zusammengewürfelte Schicksalsgemeinschaft, die nur ein Ziel kannte: Überleben. „Wenn Sie 15 unterschiedliche Leute auf der Straße einfangen und sperren die zusammen auf engstem Raum ein, da gibt es natürlich auch Differenzen.“ So der 62-Jährige. Doch zwischen den Fremden entstanden Freundschaften für das Leben.
    Karola Pagel-Neuholz erfuhr spät, dass sie während einer Vergewaltigung gezeugt wurde
    Lange konnte sich Karola Pagel-Neuholz die Gefühlskälte und Ablehnung ihrer Mutter nicht erklären. Selbst als sie vom Stiefvater missbraucht wurde, stand ihr die Mutter nicht bei. Erst im Alter von 43 Jahren erfuhr sie, dass ihre Mutter selbst Opfer einer Vergewaltigung war – aus der Karola entstanden ist. Doch anstatt Mutter und Tochter in diesem tragischen Schicksal zu vereinen, hat es sie entzweit: „Unser Leben hätte so anders verlaufen können, wenn ich gewusst hätte, warum sie so zu mir war.“
    Achim Hummel schenkte einem Mädchen mit seiner Stammzellspende ein neues Leben
    Seine eigene Tochter verlor Achim Hummel am plötzlichen Kindstod. Kurz darauf ließ er sich als Stammzellspender registrieren und bekam die Gelegenheit, das Leben eines kleinen, amerikanischen Mädchens zu retten. Im Laufe der Jahre entstand ein liebevoller Kontakt zwischen den Kontinenten: „Da ist eine ganz spezielle Beziehung zu Katelyn. Wenn wir uns treffen, ist es, als wenn sie mein eigenes Kind wäre“, sagt der 59-Jährige, der auf Katelyns Hochzeit den Ehrentanz mit ihr tanzte.
    Silke Pan ist seit einem Bühnenunfall mit ihrem Partner querschnittsgelähmt
    Silke Pan war Artistin und trat zusammen mit ihrem Mann als Trapez-Künstlerin auf. Doch bei einer Übung konnte er sie nicht rechtzeitig auffangen – sie stürzte schwer und ist seither querschnittsgelähmt. Schwere Zeiten für das Paar, doch ihre Liebe überstand diese Härteprüfung: „Das hat uns zusammengeschweißt. Nach dem Unfall haben wir geheiratet, um uns zu sagen, dass uns nichts mehr auseinanderbringen kann.“
    Angelika Kallwass ist als Psychotherapeutin tätig
    Für die Psychotherapeutin Angelika Kallwass steht fest, dass Schicksale verbinden können, weil ein blindes Verständnis vorausgesetzt werden kann: „Ein gemeinsames Schicksal kann trösten und eine gute Basis sein.“ Und sie weiß, dass es beruhigend sein kann, Ereignissen durch den Schicksalsbegriff einen höheren Sinn zuzuweisen. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 29.05.2020SWR Fernsehen
  • Folge 920 (90 Min.)
    Ferne Länder entdecken, mit Freunden Feste feiern, auf Open-Air-Konzerte gehen – der gewohnte eigenständige Lebensstil ist nicht mehr so unbeschwert, wie er einmal war. Stattdessen erleben die Menschen gerade, wie schnell ihr Leben, das bisher von persönlicher Entscheidungsfreiheit geprägt war, ins Wanken geraten kann. Freiheit ist eine große Sehnsucht, die in jedem Menschen verankert ist. Sie ist unmittelbar verknüpft mit dem Wunsch nach Autonomie und Selbstverwirklichung – frei von Zwängen, Abhängigkeiten und dem Gefühl der Einengung.
    Doch Freiheit bedeutet für jeden etwas anderes und sieht für jeden anders aus. Da ist das Sektenmitglied, das sich aus der krankhaften Kontrolle der Glaubensgemeinschaft befreit und endlich ein freies Leben führen kann. Oder die Weltenbummlerin, die Job und Familie verlassen hat für ein unabhängiges Rucksackleben. Der Häftling, der viele Jahre hinter Gittern verbrachte und für den sich nun zum ersten Mal wieder das Tor zur Außenwelt öffnet. Sein erster Schritt in die Freiheit ist ein unvergesslicher Moment, gleichzeitig ist dieses Glücksgefühl auch mit vielen Ängsten verbunden.
    Denn das Gefühl der grenzenlosen Freiheit, von persönlicher Selbstverwirklichung und endlosen Möglichkeiten kann auch verunsichern. So gibt es auch Menschen, die gewisse Vorgaben im Leben brauchen, um darin Halt und somit ihre ganz eigene Freiheit zu finden. Was macht Freiheit im Grunde aus? Wann fühlen sich Menschen frei und wie groß ist der Wunsch nach einem komplett autonomen Leben wirklich? Welchen Preis bezahlen sie für die Freiheit? „Sehnsucht nach Freiheit“ – das ist das Thema bei Michael Steinbrecher im „Nachtcafé“.
    Viele Jahre lebte Christine Thürmer nach dem Motto: „Schneller, höher, weiter.“ Nachdem die erfolgreiche Managerin entlassen wurde und ein guter Freund einen schweren Schlaganfall erlitt, begann sie ihre Träume zu verwirklichen und ging auf Wanderschaft. Mittlerweile ist sie mit fast 50.000 Kilometern die meistgewanderte Frau der Welt: „Das Einzige, das einem draußen Grenzen setzt, ist die Natur, ansonsten bin ich völlig selbstbestimmt. Beim Wandern habe ich unglaublich viel Freiheit.“
    Zwischen Tannen und Tieren lebt Wolfgang Schreil in tiefer Verbundenheit mit der Natur. Der Wald ist für das bayerische Urgestein Kraftquell und Freiheit zugleich. Und so liegt „Woid Woife“ auch das Wohlergehen der Waldbewohner am Herzen. In einem Bauwagen mitten im Grün pflegt der ehemalige Totengräber verletzte Tiere, bis er sie in die Freiheit entlassen kann: „Das ist ein ganz wunderbares Gefühl. Nicht nur dieses Tier fühlt sich dann frei, auch ich fühle mich frei.“
    Wolfgang Welsch verbrachte nach einem missglückten Fluchtversuch fast sieben Jahre in DDR-Gefängnissen. Dort war er der Willkür der Stasi-Beamten ausgeliefert und Opfer grausamer Foltermethoden. Den Tag, an dem er von der Bundesrepublik freigekauft und mit 40 Mithäftlingen in den Westen gebracht wurde, wird der Politologe nie vergessen: „Die jahrelange Sehnsucht nach Freiheit erfuhr eine so eindrucksvolle, auch stille Antwort. Nach der endlosen Tortur waren wir endlich frei. Es war wie eine Erlösung.“
    Seit ihrer Jugend war Sherab Palden von der inneren Freiheit des Buddhismus fasziniert. Doch erst einmal kostete sie das weltliche Leben aus, studierte und bekam zwei Kinder. 2012 fasste sie dann den Entschluss, gemeinsam mit ihren Töchtern in ein buddhistisches Kloster zu gehen. Dort übt sie sich seitdem in aller Abgeschiedenheit in radikaler geistiger Freiheit: „Ich habe in den letzten Jahren eine ganz andere Lebensqualität bekommen und einen inneren Reichtum, den ich vorher als weltliche Person nicht gekannt habe.“
    32 Jahre lebte Peter Reischer auf einem Bauernhof in einer sektenähnlichen Wohngemeinschaft. Angeführt wurde die Kommune von einem charismatischen Künstler, der durch gezielte Manipulationen und Erniedrigungen seine Anhänger gegeneinander ausspielte und dadurch in Schach hielt: „Ich arbeitete unentgeltlich als Architekt, hatte weder Privatsphäre noch Kontakt zur Außenwelt. Jeder bespitzelte den anderen.“ Erst durch eine Zufallsbegegnung schaffte der heutige Journalist den Absprung in ein freies Leben.
    Für die Philosophin Dr. Rebekka Reinhard ist Freiheit der zentrale Aspekt, der das Leben im besten Sinn auf den Kopf stellen sollte. Ob es nun das Loslösen von gesellschaftlichen Erwartungen, alten Denkmustern, Lebensstilen oder aus unliebsamen Beziehungen und Strukturen ist. Die philosophische Beraterin ist sich sicher: „Jeder Mensch muss sich irgendwann in seinem Leben fragen, wie er frei sein kann.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 19.06.2020SWR Fernsehen
  • Folge 921 (90 Min.)
    Bewegung und Fitness sind wichtig für die seelische und körperliche Gesundheit. – Doch wie fit ist eigentlich noch gesund? Ist der zunehmende Körperkult und die Fixierung auf ein makelloses Aussehen ein gesellschaftlicher Irrweg? Bewegungsmangel ist das neue Rauchen. Mangelnde Bewegung ist heute weltweit ein führender Risikofaktor für gesundheitliche Probleme wie Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes. In Europa sind laut Weltgesundheitsorganisation jährlich eine Millionen Todesfälle auf Bewegungsmangel zurückzuführen. Schon die alten Römer wussten: „In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist.“ Doch heißt gesund: fit, muskulös und perfekt? Hochleistungssport ist heute nicht länger Profisportlern und Vereinsmitgliedern vorbehalten.
    Die wenigsten treiben Sport für Bestplatz, Medaille oder Preisgeld. – Es geht um Selbstoptimierung und Leistungsfähigkeit. Darum, den Körper fit und belastbar zu machen für alle Anforderungen, die Alltag, Arbeit und Leben stellen. Denn: Wer fit ist und so aussieht, der hat bessere Chancen auf dem Arbeits- und auch auf dem Singlemarkt.
    Der Körper als Kapital selbst dort, wo eigentlich das zählt, was im Kopf oder im Herzen steckt. Wer sich dem Diktat der Fitness verweigert, hat einen schweren Stand. Müßiggang ist verpönt. Wer Spaziergänge für ausreichende körperliche Ertüchtigung hält, wird als faul abgestempelt. Der Feierabend soll bitteschön im Fitnessstudio verbracht werden, das Wochenende beim Marathon und der Urlaub nicht faulenzend am Strand, sondern mindestens im Yoga-Retreat, noch besser beim Ironman auf Hawaii. Es gibt eine ganze Industrie, die von diesem anhaltenden Trend profitiert: Fitnessstudios, Sportbekleidung, Spezialnahrung – bis hin zu Kosmetik und Schönheits-OPs.
    All das garantiert satte Umsätze. Coaches und Influencer präsentieren die von ihnen durch hartes Training geformten Idealkörper auf Internetplattformen und werben so für ihr jeweiliges Erfolgsrezept. In den Körper wird investiert, denn er ist Aushängeschild und Einnahmequelle. Ein Wettstreit um den immer fitteren Körper, das immer weiter perfektionierte Äußere, ist längst entbrannt und kaum mehr aufzuhalten. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 26.06.2020SWR Fernsehen
  • Folge 922 (90 Min.)
    Wer kennt es nicht, das Gefühl, in seinem Leben festgefahren zu sein. Viele stellen sich dann die Frage: Verschwendet man nicht seine besten Jahre, wenn man so weiterlebt wie bisher? Mit dem falschen Job, mit der eingeschlafenen Beziehung, die nicht mehr glücklich macht, oder mit den Freunden, die nicht guttun? Soll man den Sprung in ein zweites Leben wagen? Kritische Lebensphasen können der Auftakt für einen willkommenen Neustart im Leben sein. Dafür braucht es Mut, Risiken einzugehen. Doch das zweite Leben sucht man sich nicht immer aus – oft sind es unfreiwillige Brüche, die zu einem Cut im Leben zwingen.
    Das können Momente der Unachtsamkeit sein, die zu einem verheerenden Unfall und damit zu einem Leben gefangen im eigenen Körper führen. Oder es ist die plötzliche Trennung des Partners, die zum Auslöser wird, das bisherige Leben zu hinterfragen – um es schließlich völlig umzukrempeln. Doch braucht es nicht zwingend einen Neustart, um seinem Leben eine andere Wendung zu geben. Menschen, die ein Doppelleben führen, gefällt der reizvolle Kick, zwischen zwei Leben hin- und herzuspringen.
    Wer z. B. über Jahre eine heimliche Affäre hat, wechselt ständig in ein anderes Ich, aber auch immer begleitet von der Angst, dass die Zweitexistenz eines Tages auffliegt. Mit einer anderen Scheinwelt machen Betrüger vor allem im Internet Kasse: Sie klauen die Identität ihrer ahnungslosen Opfer und verfolgen damit kriminelle Geschäfte. Dieses fiktive zweite Leben hat weitreichende Folgen für alle Beteiligten. „Mein zweites Leben“ – das Thema am Freitag, 3. Juli 2020 im „Nachtcafè“.
    Rosanna Rocci durchlebte nach 15 Jahren Ehe mit der Trennung von ihrem Mann eine schwere Lebenskrise. Das Scheitern ihrer großen Liebe warf die Schlagersängerin völlig aus der Bahn – sie brauchte Zeit, um ihr Leben neu zu ordnen. Aus dieser Phase ging sie gestärkt und mit neuem Selbstvertrauen hervor: „Früher dachte ich immer, dass es anderen gutgehen muss und habe mich dabei vergessen. Heute schaue ich zuerst, dass es mir selbst gutgeht.“
    Mario Schmidt wurde Opfer einer großangelegten Betrugskampagne. Kriminelle klauten im Internet seine Fotos und Videos und erschufen damit eine neue fiktive Person. Seitdem bringen die Betrüger mit seinem Gesicht unzählige gutgläubige Anleger um viel Geld. „Mir wurde meine Identität geklaut, mein Gesicht, meine Erscheinung, wie ich bin. Meine größte Angst ist, mein Leben zu verlieren.“
    Udo Wieczorek hatte immer wiederkehrende Albträume von schrecklichen Kriegsszenen. Der Finanzbeamte begab sich auf Spurensuche und fand in einer Blechdose eine handgeschriebene Botschaft, die ihn zur Überzeugung brachte: Ich habe schon einmal gelebt – als Soldat im Ersten Weltkrieg, der damals versehentlich seinen besten Freund erschoss: „Ich weiß nicht, warum sich diese Seele gerade mich ausgesucht hat“, sagt Udo Wieczorek.
    Beatrice Herbold war mehrere Jahre die geheime Geliebte von Helmut Kohl. Regelmäßig traf sie sich mit dem Altkanzler hinter verschlossenen Türen – nur ein sehr kleiner Kreis wusste von der Affäre. Doch trotz des Versteckspiels führten die beiden eine innige Beziehung: „Er war bei mir ganz anders als in der Öffentlichkeit. Er war sehr liebevoll, respektvoll. Ich habe zu ihm eine große Vertrautheit gespürt und er zu mir genauso.“
    Jochen Wier war 18, als er mit schwersten Verbrennungen auf dem Dach einer S-Bahn gefunden wurde. Dieser verhängnisvolle Abend, der bis heute viele Fragen offenlässt, hat sein Leben komplett verändert: Beide Unterschenkel und sein linker Arm mussten amputiert werden. „Ich hatte noch die Hoffnung, dass das alte Leben wiederkommt. Nach ein, zwei Jahren hat sich das im Kopf geändert, da kam die Selbstakzeptanz.“
    Als Experte für Lebenskunst weiß Prof. Dr. Wilhelm Schmid sehr genau, worauf es bei Veränderungsprozessen ankommt und unter welchen Voraussetzungen ein Neustart gut gelingen kann. Können wir ein zweites Leben annehmen oder haben wir den Mut es aktiv zu ergreifen? Der Autor und Philosoph ist überzeugt: „Wir haben viele Leben in uns. Die Frage ist, wie viel wir davon freisetzen wollen und können.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 03.07.2020SWR Fernsehen

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