Dokumentation in 2 Teilen, Folge 1–2

  • Folge 1
    Vor 75 Jahren, am 22. Juni 1941, überfiel die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion. Ein mörderischer Krieg begann. An der Ostfront kämpften zehn Millionen von insgesamt 17 Millionen Wehrmachtsoldaten. Aus sowjetischer Sicht war es ein existenzieller Krieg, es ging ums Überleben. Der Kampf gegen die Invasoren wurde als nationale Aufgabe des ganzen Volkes erlebt: der „Große Vaterländische Krieg“. Die Sowjetunion hat 27 Millionen ihrer Bürger verloren. Die riesigen Betonmonumente des Großen Vaterländischen Krieges in Brest oder Wolgograd jedoch dienten nicht allein dem Gedenken der Toten.
    So wurde der mustergültige Heroismus gefeiert. Der Sowjetstaat feierte damit sich selbst. Obwohl dieser Krieg zahllose wirkliche Helden hervorbrachte, bevorzugte die sowjetische Propaganda erfundene Figuren. Etwa Alexander Matrossow, der sich vor einen feindlichen MG-Bunker geworfen haben soll. Oder die 28 Panfilow-Soldaten, die 1941 bei Moskau fielen, als sie mit Molotowcocktails 18 deutsche Panzer zerstörten. Sie werden bis heute verehrt, obwohl ihre Geschichte eine Erfindung ist. Erfundene Vorbilder wirken stärker. Der Leiter des Zentralen Staatsarchivs löste 2015 landesweite Empörung aus, als er Dokumente veröffentlichte, die belegten, dass die 28 Panfilow-Soldaten durch eine „Zeitungsente“ zu Ruhm gekommen sind.
    Er wurde mittlerweile entlassen. Wie es wirklich war, will in Russland heute kaum jemand wissen. Große Kriegstaten, die es nie gab, überstrahlen nicht nur das Leid und Elend des Krieges, sondern sogar die Leistungen wirklicher Helden. Die verwirrende und widersprüchliche Realität ist zur Ideologiebildung unnütz. Der Mythos tritt an ihre Stelle. 75 Jahre nach Kriegsbeginn pflegt der russische Staat ein etwas vereinfachtes Bild vom Krieg, das noch unter Stalin entstanden ist.
    Aus der Erinnerung an den Großen Vaterländischen Krieg schöpft Russland immer noch seine Identität. Der russische Staat braucht Helden. Der Film von Grimme-Preisträger Artem Demenok erzählt vom Krieg und davon, wie er in der individuellen und öffentlichen Erinnerung fortlebt. Menschen kommen zu Wort, für die der Krieg die prägendste Erfahrung ihres Lebens ist. Das Archivmaterial zeigt maßgeblich die sowjetische Perspektive. Es ermöglicht, „die andere Seite“ zu sehen. Der Krieg gegen die Sowjetunion ist ein epochales Ereignis, das bis heute nachwirkt.
    Der zweiteilige Film zeigt zwei Ansichten des Krieges zwischen Deutschland und der Sowjetunion. Die erste Folge erzählt vom Krieg aus russischer Sicht, der mehr zur nationalen Identitätsstiftung beiträgt als irgendein historisches Ereignis in Russland sonst. Die zweite Folge errzählt von einem Massenmord im „Erinnerungsschatten“ der deutschen Gedenkkultur, so Bundespräsident Joachim Gauck 2015, von einem der größten Verbrechen des Zweiten Weltkrieges: die Vernichtung von drei Millionen Soldaten der Roten Armee in Kriegsgefangenenlagern der deutschen Wehrmacht. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 30.05.2016Das Erste
  • Folge 2
    Vom Russlandkrieg wird in großen Kapiteln erzählt: Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941, rascher Vorstoß der Truppen, die im frühen und kalten Winter an der Linie steckenblieben, Schlacht vor Moskau und bei Stalingrad, der Fall Berlins. Gleichzeitig fand der Holocaust statt, der das düstere Kriegsgeschehen noch überschattete. Eine weitere Untat, von der nur höchst selten gesprochen wird, von der viele nichts wissen und viele lieber nichts wissen würden, ist dahinter verborgen: der Tod von drei Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen, hervorgerufen durch physische Gewalt, Aushungerung und Krankheit.
    Eine der bedrückendsten Tragödien des Zweiten Weltkrieges. Ein Massenmord hinter dem Massenmord. Vieles unterscheidet dieses Verbrechen vom Holocaust, unter anderem die Fotos und Filme, die dessen Verlauf von Anfang an festhalten. Es sind nicht nur die Erinnerungen der Überlebenden. Die Täter selbst haben ihr Tun dokumentiert als wären sie sich keiner Schuld bewusst. Die Frage, ob ihr Schicksal ein Verhängnis war oder der Beginn einer planvollen Vernichtung, stellte sich den Kriegsgefangenen nicht.
    Sie alle konnten nicht verstehen, was mit ihnen geschah. Eines aber wussten wohl die meisten von ihnen, dass es kein Zurück gab. In der Heimat galten sie nun als Feiglinge, Deserteure und Verräter. Der Film vollzieht das Verhängnis, die Untat, nach. Es geht ihm nicht darum, die Täter schuldig zu sprechen, sondern die Opfer in Erinnerung zu rufen, fast alles junge Männer, zum Teil noch Kinder. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 06.06.2016Das Erste

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