Am vergangenen Wochenende lief wie üblich ab 10:03 Uhr im Ersten „Immer wieder sonntags“ live aus dem Europa-Park Rust. Unter anderem war in der von Stefan Mross moderierten Show der Sänger Vincent Gross dabei, der schon seit vielen Jahren regelmäßig zu Gast ist. Diesmal allerdings spielte sich hinter den Kulissen etwas ab, das zu Unmut bei ihm führte. Denn eigentlich wollte Vincent Gross in der Sendung seinen neuen Song „Camping“ präsentieren, was ihm jedoch kurzfristig vom SWR untersagt worden sei. Der Grund: Er sei zu anzüglich.
Auf seinem Instagram-Kanal erläutert Vincent Gross, dass er den bisher noch unveröffentlichten Song bei der Generalprobe zur Sendung noch performt habe. Danach kam jemand vom Sender und meinte zu mir: ‚Vincent, den Song können wir nicht machen.‘ Auf die Nachfrage weshalb, erhielt er die Antwort Weil der Text zu anzüglich ist. Er habe dann keine Wahl mehr gehabt und in der Live-Show stattdessen seinen Hit „Ouzo“ gesungen, der 2023 veröffentlicht wurde.
Doch um welche Textpassage geht es nun eigentlich, die dem SWR zu weit ging? Laut Vincent Gross sei dieser Part strittig gewesen: Dann rappelt’s im Karton, digi-dong, digi-dong. Hast du Lust zu komm’n? Digi-dong, digi-dong. Mit etwas Fantasie kann man in diese Zeilen eine Doppeldeutigkeit mit einer sexuellen Anspielung hineininterpretieren – was bekanntlich gerade in Schlagertexten nicht selten gemacht wird.
Dennoch wurde Vincent Gross von der Entscheidung des SWR überrascht und teilte gegenüber der BILD mit. Ich war sprachlos. Der 28-Jährige weiter: Fakt ist: Im ganzen Song ist kein einziges anzügliches Wort drin. Ich hätte nicht geglaubt, dass ein wackelnder Campingwagen heute schon zu viel fürs deutsche Fernsehen ist. Ich mache Musik mit Augenzwinkern. Auch mit einem anderen geplanten Song von Vincent Gross hatte der SWR offenbar Probleme: Ursprünglich wollte ich meinen Song ‚Rum‘ singen. Da aber dort das Wort ‚Tod‘ vorkommt, wurde ich von der Produktion gebeten, einen anderen Song zu singen.
Auf Nachfrage erhielt die BILD vom SWR folgendes Statement: Die Redaktion übernimmt und verantwortet die Titelauswahl und achtet darauf, dass Künstler:innen und Lieder zur Sendung passen. Für den Song „Ouzo“ habe man sich letztendlich entschieden, da es ein Lied mit hohem Wiedererkennungswert und spürbar guter Stimmung sei. Er ist generationsübergreifend, passt mit seiner Melodie und seiner Stimmung zu ‚Immer wieder sonntags‘ und kam beim Live-Publikum sehr gut an. Auf den Vorwurf von Vincent Gross, weshalb man sich gegen den Song „Camping“ entschieden hat, ging der SWR hingegen gar nicht ein.
Dennoch steckt in dem Statement eine Tatsache, über die öffentlich nur selten gesprochen wird. Bei „Immer wieder sonntags“ sowie anderen Musikshows liegt die Entscheidung, in welcher Form und mit welchen Songs die Künstler dort auftreten, in der Hand des Senders bzw. der Produktionsfirma. Die musikalischen Gäste können zwar ihre Wünsche äußern, doch künstlerische Freiheit besteht in dem Zusammenhang nicht wirklich. Um Konsequenzen zu vermeiden – sprich: möglicherweise künftig nicht mehr eingeladen werden -, fügen sich die meisten Künstler zähneknirschend diesem Prinzip. Insofern ist es ein selbstbewusster Schritt von Vincent Gross, dies dennoch öffentlich zu machen und etwaige Folgen in Kauf zu nehmen.
Beim „ZDF-Fernsehgarten“ gab es vor drei Jahren eine ähnliche Situation. In der alljährlichen Mallorca-Party sollten unter anderem DJ Robin & Schürze mit ihrem Nummer-1-Hit „Layla“ auftreten. Im Vorfeld der Sendung gab es jedoch Aufregung darüber, dass der Song über die Puffmama, die schöner, jünger, geiler ist, nur in einer entschärften, jugendfreien Variante performt werden soll. Denn auch das ZDF will generell vermeiden, dass Songs mit zweideutigen oder derben Texten präsentiert werden – was in einer Ballermann-Show eine besondere Herausforderung darstellt. So wurde aus Peter WackelsScheiß drauf – Malle ist nur einmal im Jahr etwa Pfeif drauf. Die Debatte über die mögliche Zensur von „Layla“ schlug jedoch so hohe Wellen, dass der „ZDF-Fernsehgarten“ nachgab und der Song tatsächlich in seiner Originalfassung am Sonntagnachmittag im ZDF performt wurde. Interpret DJ Robin meldete sich übrigens unter dem Instagram-Posting von Vincent Gross zu Wort und kommentierte augenzwinkernd mit Lach-Emojis: Finde ich auch zu krass den Text.
Kommentare zu dieser Newsmeldung
Dotwin am
und diesen Sender-Schmocks müssen wir für eine solche Bevormundung auch noch Gebühren zahlen und ständig wollen sie mehr. Die gehören alle abgeschafft.
Winslow (geb. 2001) am
Den Leuten, die Sonntag Mittag ARD schauen, kann man ja auch nicht mehr zu viel zumuten. Die Textzeile ist ja auch zu nah dran an die Werbung eines bestimmten Onlinehändlers (ihr wisst genau, wen ich meine). Aber zumindest Lieder über Alkohol gehen klar. Na dann Prost!
TV Wunschliste schrieb: ------------------------------------------------------- > > Ursprünglich wollte ich meinen > Song 'Rum' singen. Da aber dort das Wort 'Tod' > vorkommt, wurde ich von der Produktion gebeten, > einen anderen Song zu singen. >
Das kann ich noch nachvollziehen, dass mancher dies vielleicht geschmacklos empfunden hätte als Musikbeitrag in einer Fernsehsendung, in der eine Woche zuvor jemand gestorben ist.
Die anderen Beispiele kann ich inhaltlich nicht nachvollziehen. Zumal man die Lieder ja vorher kennt und dann entscheiden könnte, ob man Sängerin/Sänger überhaupt einlädt. Ich finds nicht anzüglich - und die meisten Zuschauer sicher auch nicht, wenn sie denn überhaupt auf den Text achten.
Andererseits kann man natürlich auch sagen: wenn ein Sender oder eine Produktionsfirma einen Music-Act einlädt & bezahlt, dann darf der Auftraggeber sich auch aussuchen, welches Lied der Künstler dann singen soll. Wenn ich einen Maler in meine Wohnung kommen lasse, muss er zum Streichen ja auch die Farbe nehmen die ich möchte.
> Andererseits kann man natürlich auch sagen: wenn > ein Sender oder eine Produktionsfirma einen > Music-Act einlädt & bezahlt, dann darf der > Auftraggeber sich auch aussuchen, welches Lied der > Künstler dann singen soll. Wenn ich einen Maler > in meine Wohnung kommen lasse, muss er zum > Streichen ja auch die Farbe nehmen die ich > möchte.
Genau so ist es Helmprost. Ein anderes Beispiel wäre eine Hochzeitstorte, die ich mit Erdbeeren bestellen möchte und nicht mit Kirschen.
Hoffentlich möchte nicht demnächst Wencke Myhre vorbeischauen und ihren Knaller von 1967 "Komm allein" singen. Und was werden die öffentlich-rechtlichen Tugendwächter erst sagen, wenn jemand die Originalzeile aus "My Fair Lady" vorträgt "How kind of you to let me come"?
Interessanter aber: Glaubt man beim ZDF wirklich, dass sich die Zuschauer dieser Sendung noch für Sex interessieren und irgendwelche "schmutzigen" Gedanken haben? Oder dass sie überhaupt noch irgendetwas mitkriegen? Wichtig dürfte doch nur sein: Wenn der Fernsehfriedhof gegen 14 Uhr vorbei ist, gibt es Abendessen.
Torsten S am
Echt jetzt? Zu Anzüglich? Hört euch mal die ganzen anderen Texte im Schlager an, die sehr Erfolgreich sind, wie es da angeht. Ich sag nur Roland Kaisers "Du, deine Freundin und ich". Eindeutiger gehts doch kaum noch!
Verdissimo (geb. 1987) am
Als ob da irgendein Songtext anspruchsvoll wäre.
Vritra am
Ami-Verhältnisse. Sie hätten ja "Beeps" darüberlegen können. 😂