„Unwort des Jahres“ 2012 kommt von Jörg Kachelmann
„Opfer-Abo“ verunglimpft tatsächliche Gewaltopfer
Michael Brandes – 15.01.2013, 12:32 Uhr

Das „Unwort des Jahres“ 2012 lautet „Opfer-Abo“. Der ehemalige ARD-Wetterfrosch Jörg Kachelmann hatte den Begriff im vergangenen Jahr in mehreren Interviews verwendet.
Kachelmann war 2011 vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Im folgenden Jahr holte er dann in seinem Buch „Recht und Gerechtigkeit“ und in begleitenden Interviews zu einem Rundumschlag gegen Justiz und Medien aus. Dabei stellte er auch die Behauptung auf, Frauen würden von ihrem „Opfer-Abo“ profitieren. „Im Bereich Missbrauch und Vergewaltigung sind Falschbeschuldigungen ein Massenphänomen geworden“, sagte er beispielsweise dem Spiegel. Verleumdungen seien für Frauen „heute eine beliebte und effektive Waffe geworden“, um ihre Interessen durchzusetzen.
Nach Ansicht der aus Sprachwissenschaftlern bestehenden Jury stellt das Wort „Opfer-Abo“ in diesem Zusammenhang „Frauen pauschal und in inakzeptabler Weise unter den Verdacht, sexuelle Gewalt zu erfinden und somit selbst Täterinnen zu sein. Das hält die Jury angesichts des dramatischen Tatbestands, dass nur 5–8 % der von sexueller Gewalt betroffenen Frauen tatsächlich die Polizei einschalten und dass es dabei in nur bei 3–4 % der Fälle zu einer Anzeige und einem Gerichtsverfahren kommt, für sachlich grob unangemessen. Das Wort verstößt damit nicht zuletzt auch gegen die Menschenwürde der tatsächlichen Opfer.“
Die Jury legt Wert darauf, mit ihrer Entscheidung nicht über den Fach Kachelmann oder darüber, inwiefern Einzelpersonen von Verleumdungen betroffen sein können, geurteilt zu haben. Kritisiert wird ein „Wortgebrauch, der gängige Vorurteile in Bezug auf eine Vortäuschung von Vergewaltigungen oder eine Mitschuld der Frauen bestätigt. Ausdrücke dieser Art drohen letztlich den zivilgesellschaft-lichen und juristischen Umgang mit sexueller Gewalt in bedenklicher Weise zu beeinflussen.“
Zu weiteren Unwörtern wählten die Sprachforscher die Begriffe „Pleite-Griechen“ und „Lebensleistungsrente“. Für das Jahr 2012 wurden 1019 verschiedene Wörter vorgeschlagen. Die häufigsten Einsendungen waren „Schlecker-Frauen“ (163mal), „Anschlussverwendung“ (125mal) und „Moderne Tierhaltung“ (102mal). Das „Unwort des Jahres“ 2011 lautete „Döner-Morde“.
Kommentare zu dieser Newsmeldung
LouZipher am via tvforen.de
Komisch - die Unworte des Jahres hat man oft nie gehört ....Dragon8 am via tvforen.de
Das ist ja der Unterschied zum "Wort des Jahres". Da gibts wenigstens die Regelung, dass es praktisch in aller Munde sein muss, was beim Unwort nicht sein muss. Ich finde ja ein Unwort des Jahres sollte man immer bei der BILD suchen. Da finden sich andauernd neue beknackte Wortschöpfungen wie halt das schon genannte "Pleite-Griechen". Ich denke jedenfalls das Unwort für 2013 dürfte auch schon fest stehen: "ARD-ZDF-Deutschlandradio-Beitragsservice".andreas_n am via tvforen.de
LouZipher schrieb:
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> Komisch - die Unworte des Jahres hat man oft nie
> gehört ....
Trifft auf mich nicht zu.
Die letzten fünf Unwörter waren "Döner-Morde", "alternativlos", "betriebsratsverseucht", "notleidende Banken" und "Herdprämie".
Nur das Wort "betriebsratsverseucht" war an mir vorbeigerauscht, alle anderen konnte ich zuordnen.Fatty Arbuckle am via tvforen.de
Ich habe den Begriff "Opfer-Abo" zwar auch noch nicht bewusst wahrgenommen, finde aber die Begründung der Jury absolut schlüssig !
Timmy am via tvforen.de
Demokratieabgabe kam etwas zu Spät.linkin_park am via tvforen.de
"Anschlussverwendung" finde ich viel übler. Dieser FDP-Asi Rösler. Zum Glück bald weg vom Fenster.Die Steinlaus am via tvforen.de
Das ist auch mein eindeutiger Favorit für das Unwort des Jahres gewesen.
Frau_Kruse am via tvforen.de
Vielen Dank, Mädels! Ich kannte den Begriff gar nicht (dachte, das wäre Jugendjargon für Mobbing -"Ey, die Alte hat'n Opfer-Abo!"), werde ihn nun aber in meinen Wortschatz aufnehmen.
Im übrigen ist für mich das Unwort jedes Jahres "Unwort".
(Freiheit ist Sklaverei!)