Sondersendung zum Fall Günter Grass

ZDF bremst Wickert aus

Jutta Zniva – 15.08.2006

Just einen Tag vor der von der ARD vorverlegten Premiere von „Wickerts Bücher“ zu Günter Grass ändert das ZDF sein Programm und widmet sich in einem „aspekte extra“ der Autobiografie des Nobelpreisträgers – und dessen SS-Mitgliedschaft als 17jähriger.

In der Sondersendung werden sich neben Martin Walser auch Walter Jens, Michael Jürgs, Hellmuth Karasek, Egon Bahr, Michael Wolfssohn, Leon de Winter, Lech Walesa u.a. zu Wort melden. „aspekte extra“ stellt zum ersten Mal „Beim Häuten der Zwiebel“ vor, jenes Buch, „über das alle reden, das aber kaum jemand kennt“. Weiters wird nachgefragt, wie das Bekenntnis des 78jährigen Schriftstellers, das weltweit die Wellen hoch schlagen ließ, in Deutschland und im Ausland – „von Warschau über Israel bis London“ – aufgenommen wird.

„Der Fall Grass – Die späten Einsichten des Literaturnobelpreisträgers“ ist am Mittwoch, 16.8.06, um 22:15 Uhr im ZDF zu sehen.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Ich will den guten Günther Grass ja auch gar nicht höher loben, als er es verdient hat - und seine neue Marketingstrategie ist eines Nobelpreisträgers äußerst unwürdig - aber seinem Werk die Wichtigkeit absprechen zu wollen, weil man sich von seinem Stil gelangweilt fühlt kann ich hier unmöglich gutheißen. Mir ist schon klar, dass nicht Jedem Alles gefallen muss, aber einen allseits hoch anerkannten Autoren mit einem Satz wie "Wer ist GG?" im Sinne von "Was ist an dem schon so wichtig?" herabzusetzen geht mir da eben doch eine kleine Spur zu weit. Abgesehen davon ergibt es dann auch nicht gerade sonderlich viel Sinn, wenn man Namen und Werktitel einzelner Literaten kennt ohne sich ernsthaft mit Einigem auseinandergesetzt zu haben, was sie denn nun eigentlich genau geschrieben haben. Mit solchem Pseudoallgemeinwissen kann man dann allenfalls noch am Stammtisch Eindruck machen. Zwischen einem Sachbuch und literarischer Fiktion gibt es dann auch noch einige, himmelweite Unterschiede, vor allem in der Art der Rezeption, die man nicht außer Acht lassen sollte.

    Was nun die SS - Vergangenheit von Grass angeht, so war die wohl doch schon etwas länger bekannt, was den Schluss nahelegt, dass der Mann nur deshalb plötzlich damit an die Öffentlichkeit geht, um sein neues Buch zu verkaufen, in dem man dann die ganzen 2 Monate, die er als 17jähriger in dieser Truppe verbracht hat nachlesen kann. In seinem Alter muss man wohl auch sehen, wo man bleibt. Das ändert für mich allerdings nichts am Wert seines bisherigen Werkes, ob man sein "Walrossgesicht" nun mag oder nicht.

    Wie auch immer, trotzdem nett von dir, dass du mich als Hesse auf einen bisher nicht bemerkten Lautverschleifungsfehler aufmerksam gemacht hast. Teutoburg von Teutonen ergibt ja auch mehr Sinn als Teuteburg beim Teutates :)
    Hab' ich wieder was gelernt.
    • am via tvforen.de

      wie erwartet wird dieses buch wohl auch aufgrund der grossen werbung ein megabsteller:
      http://magazine.web.de/de/themen/nachrichten/panorama/vermischtes/2777814,cc=000005480300027778141d9Mdl.html


      ...
      Kurz nach dem vorgezogenen Verkaufsstart war die erste Auflage von 150 000 Exemplaren nahezu vergriffen. Bis Donnerstagmorgen waren nach Angaben des Steidl Verlags in Göttingen 130 000 Stück verkauft. Die zweite Auflage mit 100 000 Büchern sei bereits im Druck. "Es wird keine Engpässe geben, der Buchhandel wird zügig mit Nachschub versorgt", sagte Verlagssprecherin Claudia Glenewinkel. Beim Internet-Buchhändler Amazon sprang der Titel am Donnerstag auf Platz eins der meistverkauften Bücher.
      ... usw
      • am via tvforen.de

        Ihr habt schon recht, man muss Günther Grass nicht gelesen haben! Ebenso braucht man keinen George Orwell, keinen William Shakespear, keinen Goethe, Lessing, Homer, Brecht, Böll, Hesse, Thomas Mann, Theodor Fontane, Max Frisch. Und wer will sich denn ewig daran erinnern, dass das größte Verbrechen der gesamten Menschheit vor 60 - 70 Jahren von Deutschland ausging? Lasst die Kinder mal lieber lernen, wie Herrmann der Cherusker damals im Teuteburger Wald die Römer platt gemacht hat, anstatt ihnen zu predigen, dass ihre Urgroßväter am Tod unzähliger Menschen mit schuldig sind. Wer braucht schon sozialkritische, intellektuelle, anspruchsvolle Literatur oder einen kritischen Umgang mit dem dunkelsten Zeitalter unserer Geschichte? Ach und Nobelpreis - sind uns're ja gar nich so für. Ist doch auch nur'n Preis, den sich irgendwer ausgedacht hat. Was muss man da schon für können? Und überhaupt kann man auch so einkaufen gehen. Oder zum Frisör. Wieso schicken wir unsere Kinder überhaupt noch in die Schule, wo ihnen dumme Deutschlehrer mit so nem Blödsinn wie Günther Grass kommen? Die sollen mal lieber lernen, wie man ordentlich arbeitet! Da lob ich mir die Privatsender, wo die Zuschauer selbst ihre Lieblingsfernsehserien und solche Sachen in ihre Top 10 wählen können. Wer braucht denn da Nobelpreise? So'n Quatsch. Schickt die Intellektuellen alle auf den Mond! Wir reißen einfach unsere Häuser nieder und stellen unsere Fernseher in die nächst gelegene Höhle, wo wir endlich da weitermachen, wo wir mal angefangen haben! Dann schreibt uns hier keiner mehr vor, was zur Allgemeinbildung gehört und was nicht! Dann schaffen wir das lesen nämlich ganz ab. Können doch sowieso nur noch die Wenigsten! Dann sind wir endlich alle wieder gleich dumm!!! Günther Grass, wenn ich so was sehe - also bitte! Nobelpreis. Ich musste ja erst mal den Duden unterm Bett hervorziehen, wo er als Stütze gedient hat, um nachzusehen, wie das überhaupt geschrieben wird. Wer braucht denn sowas???
        • am via tvforen.de

          Hihi - schön gesagt. Dass man mit Grass nichts anfangen kann, bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass man an Lesen und Bildung nicht interessiert und gegen Intellektuelle ist. Es gibt aber auch andere schreibende Menschen, die aufklärerisch wirken und mehr oder weniger zufällig keinen Nobelpreis bekommen (haben). Ich denke da z. B. an Anna Seghers und Lion Feuchtwanger, die nicht so dröge schreiben wie G.G.
        • am via tvforen.de

          Ah, wir haben einen wahrhaft Intellektuellen unter uns, der uns mal so kräftig was auf unsere Matschbirnen gibt und uns die Welt erklärt. Darauf haben wir ja schon lange gewartet. Und mitten drin im Monolog ein Hinweis auf die jüngere deutsche Geschichte und die Bedeutung sozialkritischer, intellektueller und anspruchsvoller Literatur. Genau darum geht es bei Walroßverschnitt Grass, daß nach über 60 Jahren ans Tageslicht gekommen ist, daß er wie viele andere bei denen war, über die seit der Zeit immer wieder moralisch zu Gericht gesessen wird. Nur bei den anderen wußte man es früher oder später, nur bei Herrn Grass nicht und nun...ups...der gehörte auch zu dem Verein. Hat Wasser gepredigt und Wein gesoffen. Hat der deutschen Nation in seinen Werken angeblich den Spiegel vorgehalten und hat selber Dreck am Stecken. Oder ist eine Mitgliedschaft eines Nobelpreisträgers bei der Waffen-SS verzeihbarer, entschuldbarer oder vertretbarer als bei Herrn Hinz oder Kunz?
          Und um meine Meinung zu Literaten und Schriftstellern zu präzisieren, Literatur ist Geschmackssache und in Bezug auf "Allgemeinbildung" muß man die Werke eines Dichters/Autoren nicht kennen, bzw. sie auch nicht gelesen haben. Man muß nur wissen, daß es ihn gab/gibt und höchstens, welche Bedeutung ihm zugemessen wird. Wenn man seine Bücher nicht liest, ist das noch lange kein Mangel an Allgemeinbildung. Das sagt bloß etwas darüber aus, ob man einen Autor mag oder nicht. Ich sage ja auch nicht, du hättest keine Allgemeinbildung, wenn du noch nie eine Symphonie von Beethoven gehört hast. Ich habe auch noch nie Musik von Schönberg oder Honegger gehört, kenne ihre Namen aber trotzdem als Vertreter der modernen Klassik.
          Aber um auf die Literatur zurückzukommen. Wer die Bücher der von Dir genannten Schriftsteller lesen will, der soll es tun. Und von fast allen der genannten habe ich auch schon etwas gelesen, rechne mir das aber trotzdem nicht auf meine Allgemeinblidung an, weil sowohl Schreibstil als auch Inhalt und Bedeutung von jedem Leser anders aufgenommen und interpretiert werden. Bei jedem der Autoren stecken andere Motive zum Verfassen ihrer Werke dahinter. Orwell würde ich als Visionär einstufen. Shakespeare war ganz einfach Theaterdichter, dessen Werke man heutzutage in heutiger Ausdrucksweise als Boulevardtheater abtun würde (siehe Romeo und Julia, Was ihr wollt, Der Widerspenstigen Zähmung) vermutlich nehmen sich die heutigen Regisseure deswegen auch das Recht heraus, die Stücke derart so inszenieren, das man schreiend aus der Vorstellung rennen möchte. Dies betrifft genauso Werke von Schiller (der im Herzen Revolutionär war und dies auch in seinen Stücken zum Ausdruck brachte) bis Brecht. Letzterer aus bürgerlichen Verhältnissen stammend, sich früh im Leben der Linken zuwandte, um seine letzten Jahre in Ost-Berlin zuzubringen, wo man ihm Kränze wand und hofierte, er aber schon 1950 die österreichische Staatsbürgerschaft annahm (zur "Freude" der Partei) oder seine sämtlichen Werke in Westdeutschland veröffentlichte, was zur Folge hatte, daß sämtliche "östliche" Veröffentlichungen Lizenzausgaben waren.
          Und so kann man jeden Autor auseinander nehmen. Thomas Mann, dessen Gesamtwerk ich ebenfalls für überschätzt halte, auch wenn er den Nobelpreis erhielt, kann ich auch nichts abgewinnen.
          Mein Fazit ganz speziell auf Günther Grass: Ich weiß, daß es ihn gibt, und wer ihn lesen will, der soll es tun. Und wer ihn in den Himmel heben will, dem sei es auch freigestellt. Nur weil eine Reihe von Literaturpäpsten und solche, die sich dafür halten, sich mit der Kenntnis seiner Werke rühmen, muß ich mir das nicht antun und etwas lesen, was mir nichts bringt. Unter dem Deckmantel sozialkritischer Motivation wird sogennannte anspruchsvolle Literatur auf den Markt gebracht. Grass, Böll und andere ihrer Zunft verarbeiten doch oft genug eigene Erfahrungen und Lebensumstände. Das ist legitim und wer ihren Stil mag, bitteschön....das zu lesen ist aber kein Teil der Allgemeinbildung. Die Hintergründe ihrer Werke (Krieg, Vertreibung und andere Ereignisse der Geschichte), die muß man kennen, die geistigen Ergüsse eines Herrn Grass hingegen sind obsolet in Bezug auf das, was mal passiert ist. Dazu lese man lieber ein gut geschriebenes Sachbuch.
          Man kann das jetzt noch seitenlang weiter ausführen, das würde aber zu weit führen und darum nur noch ein Schlußwort:
          Günther Grass ist ein deutscher Autor des 20.Jahrhunderts, er ist Nobelpreisträger, über seine Bedeutung und den Wert seiner Werke läßt sich, wie bei jedem anderen Schriftsteller streiten. Seinen Namen und einige seiner Titel sollte man kennen, man muß sie aber nicht gelesen haben.
          In diesem Sinne

          P.S. Es heißt Teutoburger Wald und nicht Teuteburger Wald. DAS gehört zur Allgemeinbildung (Rechtschreibung und Erdkunde) und vor allem, was da vor 2000 Jahren passierte (Abteilung Geschichte). Wer die Geschichte nämlich nicht kennt, kann auch nicht über die Werke der Literaten urteilen, denn sie schrieben in ihrer jeweiligen Epoche.
          Und wer den zweiten Weltkrieg und die Zeit von 1933 bis 1945 verstehen will, muß auch wissen, was davor passiert ist. Das hat nämlich zu der Katastrophe geführt. Und wie wir nun wissen, hatte auch Herr Grass seinen Anteil daran. Das hat er aber in seinem Elfenbeinturm 60 Jahre lang verdrängt.
        • am via tvforen.de

          Danke Laura, da stimme ich voll und ganz zu. Das kann man meinem Beitrag von eben noch hinzufügen. Und das gilt für jeden Autoren.
      • am via tvforen.de

        grass mochte ich noch nie, der strahlt immer so ein arrogantes "seht her, was für ein wichtiger autor ich bin" für mich aus. außerdem hat er so einen ekligen seehund-oberlippenbart. :-)

        "im krebsgang" möchte ich trotzdem demnächst mal lesen (aber wegen des themas, nicht wegen grass.)

        mein gott, sollen doch alle deutschlehrer und feuilletonisten ausflippen, wenn sie ihn sehen, aber dieser "ss"-hype ist absolut lächerlich. reines marketing, sonst nichts. pfui, günther.

        hehe, abgesehen davon: wer weiß denn eigentlich, HAND AUFS HERZ, was die SS eigentlich war?! wenn ich sehe, wie wenig wissen bei jugendlichen da ist über unser land (beginn WK2, gründung BRD, DDR, mauerbau etc.etc), ich denke mir immer, denen muss doch so eine "debatte" wie etwas von einem anderen planeten vorkommen.
        • am via tvforen.de

          stella2 schrieb:
          >
          > hehe, abgesehen davon: wer weiß denn eigentlich, HAND AUFS
          > HERZ, was die SS eigentlich war?!

          Tja leider gehört das zu den Themen, die auch heute dank bestimmter Kreise in den Medien behandelt werden, und so auch bei der Bevölkerung stets aktuell bleibt.

          Mit älterer Geschichte dagegen sieht es schlecht aus. Was sehr schade ist.
      • am via tvforen.de

        cessnaritter, wenn es dich nicht gäbe, man müsste dich erfinden!

        danke. genau das wollte ich damit sagen.
        • am via tvforen.de

          Danke für das Kompliment! Aber wer hat bloß Günther Grass erfunden? Das hätte man sich sparen können!
        • am via tvforen.de

          Schreib erstmal einen Bestseller, der von irgendeiner Jury völlig in den Himmel gelobt wird und mit nichts geringerem als einem weltweit anerkannten und geschätzten und begehrten Preis ausgezeichnet wird...
          Oder noch besser, erreiche, dass man dir diesen hochgeachteten Preis für dein Lebenswerk verleiht...

          Ich bin mir sicher, dass das deine Einstellung ändern würde.


          Es gibt einfach Werke, die zur Allgemeinbildung gehören und das nicht, weil sie ausgezeichnet wurden, sondern einfach, weil sie Teil der Geschichte sind.
          Ob man die Literaten oder die Literatur einzelner Autoren bevorzugt oder ablehnt, bleibt jedem selbst überlassen, man kann aber nur über etwas urteilen, das man kennt.
      • am via tvforen.de

        bisschen mehr muss schon an dem dran sein.
        oder gibts jetzt nobelpreise für literatur an jeder ecke?
        kann mich ja irren ...
        • am via tvforen.de

          "Wer ist Günther Grass?"

          Ein Schriftsteller aus Telgte, der die Blechtrommel erfunden hat.
          • am via tvforen.de

            der der im moment in allen möglichen medien sein neues buch präsentiert
        • am via tvforen.de

          Wer ist Günther Grass?
          • am via tvforen.de

            Aber wer Paris Hilton ist oder Viktoria Beckham-dat weiste sicher !
          • am via tvforen.de

            Ich glaube, die Frage, wer das sei, war eher ironisch gemeint. Aber selbst wenn nicht, frage auch ich: Wer ist der schon? Ein Schriftsteller, der auf viel zu hohem linken Roß saß, und endlich mal herunter geholt wurde! Man kann ohne Schaden durchs Leben wandeln, ohne jemals Grass gelesen zu haben.
            Und er ist nicht der erste Prominente, der von seiner Vergangeheit eingeholt wurde.
          • am via tvforen.de

            cessnaritter schrieb:
            >
            > Man kann ohne
            > Schaden durchs Leben wandeln, ohne jemals Grass gelesen zu
            > haben.

            Natürlich, aber immerhin hat er einen Nobelpreis und insofern sollte man ihn gelesen haben.
            Manche Werke gehören zur Allgemeinbildung!
          • am via tvforen.de

            Das ist Ansichtssache. Ich bin ganz gewiß kritisch und anspruchsvoll, aber ein (Literatur-)Nobelpreis besagt trotzdem nicht, daß der so geehrte Autor auch wirklich zum Allgemeinwissen gehören muß, nur weil eine Kommission eines seiner Werke in den Himmel hebt.
        • am via tvforen.de

          oderr auch nicht... harhar! ;-))
          • am via tvforen.de

            man kann jetzt schon sagen dass das Buch auf jeden Fall ein Megabestseller wird bei den ganzen Berichten und Sondersendungen usw.

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