Deutschlands Superhirn – Neuauflage mit Steven Gätjen – Review

Neuauflage der Show mit Gedächtnisprofis – von Glenn Riedmeier

Glenn Riedmeier
Rezension von Glenn Riedmeier – 09.06.2016, 22:35 Uhr

Moderator Steven Gätjen, Gedächtnisweltmeisterin Christiane Stenger und Kommentator Norbert König

Für Steven Gätjen verlief der Wechsel von ProSieben zum ZDF bislang eher suboptimal. Mit seinem Debüt „Die Versteckte Kamera 2016 – Prominent reingelegt!“ legte er im Februar inhaltlich und quotentechnisch eine Bauchlandung hin und auch die Showreihe „I Can Do That!“ verharrte nur im Mittelmaß. Am Donnerstag, 9. Juni, erhielt der 43-Jährige mit der Neuauflage der Familienshow „Deutschlands Superhirn“ die dritte Chance, sich mit einem Showformat bei seinem neuen Arbeitgeber zu etablieren.

Ursprünglich wurde das Format zwischen 2011 und 2013 im ZDF vom selbsternannten „Quizonkel“ Jörg Pilawa moderiert, bevor er wieder zurück zur ARD gewechselt ist. Insgesamt wurden sechs Ausgaben ausgestrahlt. Von einer Fortsetzung war beim ZDF lange Zeit keine Rede mehr. Kürzlich wurde das Format allerdings in die Vereinigten Staaten exportiert (als „Superhuman“), weshalb der Mainzer Sender offenbar wieder Interesse an seiner Gemeinschaftsproduktion mit Endemol Shine und Pilawas Firma Herr P. aufgebaut hat. Es kommt schließlich nicht allzu oft vor, dass eine deutsche Formatidee den Sprung ins amerikanische Fernsehen schafft. Die Sendung wurde darüber hinaus bereits in die Fernsehmärkte von China, Italien, Brasilien, Spanien und Frankreich exportiert.

In der Show präsentieren Kandidaten herausragende Gedächtnisleistungen und treten gegeneinander an, um am Ende einen Geldpreis von 25.000 Euro zu gewinnen. Jeder Teilnehmer verfügt über eine spezielle Begabung, wie etwa ein besonders ausgeprägtes Erinnerungsvermögen, oder die Fähigkeit, überdurchschnittlich gut hören, schmecken, fühlen, riechen oder sehen zu können. In diversen Challenges stellen die Kandidaten ihre Talente unter Beweis.

Die Kandidaten Max Kier und Aneska Heidemüller können mit verbundenen Augen Mastermind spielen.


Zu den Teilnehmern zählen der 38-jährige Kölner Tanzlehrer Helge Rühs, der 50 verschiedene Tänze nur am Erhören der Schritte erkennen kann, und der 50-jährige Diplom-Informatiker Gert Mittring, der elf Mal Weltmeister im Kopfrechnen wurde und einen bestimmten Zahlencode aus einer riesigen Matrix heraussuchen kann. Die 14-jährige Aneska Heidemüller und der 12-jährige Max Kier treten hingegen an, um blind und simultan drei Bretter des Logikspiels „Mastermind“ in nur fünf Versuchen zu lösen – ein Spiel, bei dem es mehr als 1000 Lösungsmöglichkeiten gibt. Die 29-jährige Architektin Alisa Kellner hingegen merkt sich 40 verschiede Farbcodes, während sie die Fassade eines Hochhauses nach unten läuft. Der 34-jährige deutsche Gedächtnismeister Johannes Mallow behauptet, sich während der Show Flugrouten von 100 Passagieren merken zu können, die er erst kurz vor der Sendung kennengelernt hat.

Steven Gätjen besucht die Kandidaten in kurzen Vorstellungsfilmen und führt souverän durch die Show. Er erlaubt sich lustige Bemerkungen, hält sich jedoch auch an den richtigen Stellen zurück. Gedächtnisweltmeisterin Christiane Stenger und Kommentator Norbert König begleiten den Wettkampf, der unweigerlich an „Wetten, dass..?“ erinnert. Die sympathische 28-Jährige, die über einen IQ von 145 verfügt, im Alter von 16 Jahren ein Studium der Politikwissenschaften begann und mehrere Gedächtnisweltmeisterschaften gewann, erklärt zwischen den einzelnen Runden spielerisch, worauf es bei den Gedächtnisleistungen ankommt. Norbert König, der vor allem als Sportmoderator bei den Olympischen Winter- und Sommerspielen bekannt ist, kommentiert vereinzelte Challenges. Allgemein lebt die Show allerdings von den Kandidaten selbst, die bei den Zuschauern für Verblüffung und Bewunderung sorgen – im Prinzip ein Selbstläufer. Der Gewinner wird von den Zuschauern im Studio bestimmt, die am Ende der Sendung einen der Kandidaten zum „Superhirn“ wählen.

Im Vergleich zur früheren Pilawa-Version wurde die Sendezeit von 165 auf angenehme 90 Minuten gekürzt. Diese Straffung tut dem Format sehr gut. Unterhaltsam ist die Sendung allemal, jedoch darf nicht unter den Teppich gekehrt werden, dass es sich hierbei um eine Art „Wetten, dass..? light“ handelt. Sportliche Wetten, Showacts und prominente Gäste gibt es zwar nicht zu sehen, doch die mentalen Herausforderungen hätten ohne Weiteres auch in dem inzwischen eingestellten Showklassiker präsentiert werden können. Einen Preis für Innovation erhält das ZDF deshalb nicht, aber man muss ja auch nicht immer das Rad neu erfinden. Die Leistungen waren unterschiedlich genug, um keine Eintönigkeit aufkommen zu lassen. Zudem war „Deutschlands Superhirn“ deutlich besser produziert als die US-Adaption, welche sich durch eine erhebliche redaktionelle Bearbeitung in der Postproduktion mit nachträglich eingefügten Schnitten auf das angeblich schockierte Publikum auszeichnete. Für Steven Gätjen war es seine bisher beste, wenn auch ungefährlichste Leistung. Eine weitere Ausgabe der Show ist für den 23. Juni angekündigt. Um den Spannungsfaktor zu erhöhen wäre es allerdings schön, wenn man sich – gerade mit Gätjen als „Schlag den Raab“-erprobten Moderator – künftig trauen würde, die Show live auszustrahlen

Glenn Riedmeier
© Alle Bilder: ZDF/​Max Kohr

Über den Autor

Glenn Riedmeier ist seit Anfang 2013 als Journalist bei fernsehserien.de tätig und dort vorrangig für den nationalen Bereich zuständig. Er schreibt News rund um das aktuelle Fernsehgeschehen und verfasst Kritiken, vor allem zu relevanten Starts aus der TV-Unterhaltung. Darüber hinaus führt er Interviews mit bekannten TV-Persönlichkeiten. Unter anderem sprach er bereits mit Bastian Pastewka, Jürgen Domian, Stephanie Stumph, Fritz Egner, Jochen Bendel, Beatrice Egli, Collien Ulmen-Fernandes, Carolin Kebekus und Torsten Sträter. Des Weiteren verfasst er zu besonderen Anlässen wie Jubiläen von TV-Sendern oder -Formaten ausführliche Rückblicke und Specials – aus einem nostalgischen und zugleich kritisch-informierten Blickwinkel. Schon seit frühester Kindheit war der 1985 geborene Münchner vom Fernsehen fasziniert. Am Wochenende stand er freiwillig früh auf, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Seine Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben. Darüber hinaus begeistert er sich für Gameshows wie „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“ und ist mit hoher Expertise gleichzeitig Fan und kritischer Beobachter der deutschen Schlagerwelt. Auch für Realityformate wie „Big Brother“ und „Die Verräter“ hat er eine Ader – auf rein krawalliges Trash-TV kann er dagegen verzichten. Im Comedy-Bereich begeistert er sich vor allem für Sitcoms, Stand-up-Comedy und Late-Night und hält diesbezüglich auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den USA offen.

Lieblingsserien: Meister Eder und sein Pumuckl, Eine schrecklich nette Familie, Twin Peaks, 24

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