Kann man wirklich schon von einem Happy End sprechen? The Walt Disney Company und der Sender ABC haben bestätigt, dass die vergangene Woche zunächst bis auf Weiteres ausgesetzte Late-Night-Show „Jimmy Kimmel Live!“ ab dem heutigen Dienstag wieder produziert und ausgestrahlt wird. Ob es Absprachen mit dem Late-Night-Host Jimmy Kimmel oder Verhaltens-Auflagen für seine Rückkehr gibt, ist bisweilen noch nicht bekannt.
Nachdem die Wiederaufnahme der Produktion bestätigt wurde, hat der Sendernetzbetreiber Sinclair (überträgt das ABC-Programm über 39 örtliche Affiliates) angekündigt, die Sendung zunächst nicht auszustrahlen. Nexstar, das weitere 32 Märkte abdeckt, hat sich kurzfristig noch nicht geäußert. In den USA wird das Programm der Networks von Lokal-Stationen („Affiliates“) in die insgesamt knapp 200 Märkte übertragen (von denen wiederum die 50 größten 75 Prozent der Bevölkerung erreichen). Der Aussetzung von „Jimmy Kimmel Live!“ bei ABC waren die Ankündigungen von Sinclair und Nexstar vorausgegangen, die Late-Night-Show bis auf Weiteres nicht auszustrahlen. Sinclair und Nexstar vertreten die beiden größten Affiliate-Gruppen von ABC.
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Die offizielle Situation
Die offizielle Situation zwischen ABC/Walt Disney einerseits und Kimmels Team andererseits bleibt zunächst undurchsichtig. Disney hat am Montag ein eher vages Statement veröffentlicht, von Kimmel gab es bisher nichts zu hören – der wird vermutlich am Dienstag den Auftakt seiner Sendung für ein Statement nutzen. Von The Walt Disney Company heißt es:
Vergangenen Mittwoch haben wir die Entscheidung getroffen, die Herstellung der Sendung auszusetzen, um eine angespannte Situation in einem emotionalen Moment für unsere Nation nicht weiter aufzuheizen. Es war eine Entscheidung, die wir getroffen haben, weil wir das Gefühl hatten, dass manche Kommentare zu einer unpassenden Zeit gekommen sind und daher unangemessen erschienen. Wir haben die vergangenen Tage dazu genutzt, gehaltvolle Gespräche mit Jimmy zu führen, und nach diesen Gesprächen haben wir beschlossen, die Sendung am Dienstag zurückkehren zu lassen.
Was bisher geschah
In den USA hatte die Ermordung des rechtskonservativen Polit-Kommentators Charlie Kirk im Alter von 31 Jahren am 10. September für allgemeine Bestürzung gesorgt. Der galt als einflussreicher Anhänger von Donald Trumps MAGA-Bewegung („Make America Great Again“) und war bei einem Auftritt in Utah erschossen worden.
Während die Aufklärung der Tat noch andauerte, nahm auch Jimmy Kimmel an der öffentlichen Diskussion teil. Der erklärte Kritiker von Trump kritisierte in seiner Sendung, dass die MAGA-Gruppierung trotz ungeklärter Situation versuche, den Täter bereits als politisch links stehend auszumachen und dadurch politisch Punkte zu sammeln, während es auch Berichte gab, ein verhafteter mutmaßlicher Täter (der mittlerweile angeklagt wurde) sei dem rechten Spektrum zugehörig (Zitat: We hit some new lows over the weekend with the MAGA gang desperately trying to characterize this kid who murdered Charlie Kirk as anything other than one of them and doing everything they can to score political points from it.)
Kontroverse und FCC
Am nächsten Morgen äußerte sich FCC-Chairman Brendan Carr bei einem Podcastauftritt sehr kritisch über Kimmel – Carr steht der Behörde vor, die einerseits Monopolbildungen in den Medien unterbinden und andererseits die an Sender vergebenen, dem Staat „gehörenden“ Rundfunkfrequenzen verwalten und Verstöße dort (etwa gegen Jugendschutz) ahnden soll.
Carr hatte Kimmels Aussagen harsch angegriffen (It appears to be the sickest conduct possible) – und dabei bei den meisten Beobachtern für Verwunderung gesorgt, denn diese seien definitiv so bösartig gewesen, wie von Carr dargestellt. Daneben sprach Carr direkt die Affiliates an, die sich überlegen sollten, ob sie so etwas weiterverbreiten wollen, sowie vage davon, dass man „dies“ auf eine einfache oder auf eine schwierige Weise lösen könne.
Die Bemerkung wurde allgemein als Drohung Richtung ABC aufgefasst, Carr könne die Macht seiner Behörde für regulatorische Maßnahmen gegen das Network nutzen – eine Deutung, der Carr derzeit widerspricht, die aber trotzdem zum Gebaren der Regierung Trump und ihrer Behörden passen würde.
Nexstar und Sinclair
Kurz darauf kam die oben erwähnte Ankündigung der beiden größten Affiliate-Gruppen Nexstar und Sinclair, „Jimmy Kimmel Live!“ nicht mehr zu übertragen. Beide Firmen sind in laufenden geschäftlichen Verhandlungen um Zukäufe – was letztendlich der Zustimmung der FCC bedarf.
Daraufhin kam es zu Gesprächen zwischen Disneys Oberboss Bob Iger und der bei Disney für Fernsehsender und Streaming verantwortlichen Dana Walden (aussichtsreiche Kandidatin auf die Iger-Nachfolge) mit Kimmel. Auch The Walt Disney Company will sich übrigens vergrößern und das NFL Network aufkaufen. Als diese Gespräche nicht fruchteten, wurde „Jimmy Kimmel Live!“ noch am selben Tag aus dem Programm genommen.
Boykottaufrufe
Direkt nach Aussetzung von „Jimmy Kimmel Live!“ stellten sich weite Teile der Entertainment-Branche hinter den Moderator, denn die Absetzung sei ein Angriff auf die Redefreiheit – ein in den USA enorm hoch geschätztes Grundrecht, das im Ersten Verfassungszusatz garantiert wird.
Insbesondere Kimmels Late-Night-Kollegen nutzen ihre Sendungen für kritische Beiträge über ABCs Verhalten und Carrs Drohung.
Daneben gab es Protestaufrufe gegen The Walt Disney Company. Insbesondere zur Kündigung von Disney+-Abonnements wurde aufgerufen, daneben solle man aus Solidarität bis auf Weiteres auf Besuche der Disney-Freizeitparks und den Kauf von Merchandise verzichten.
Was das in den vergangenen Tagen in Zahlen bedeutet hat, ist unbekannt. Die Disney-Aktie hatte allerdings um bis zu fünf Prozent nachgegeben.
Präsident Trump hatte sich über die Absetzung von „Jimmy Kimmel Live!“ gefreut und NBC aufgefordert, auch die Shows mit Jimmy Fallon und Seth Meyers abzusetzen. Beiden wirft er vor, über ihn zu viel Negatives zu sagen.
Wie gesagt, zum jetzigen Zeitpunkt fällt eine Deutung der Rückkehr von „Jimmy Kimmel Live!“ schwer. Letztendlich war seine Sendung ohne stichhaltigen Anlass abgesetzt worden. Bei seiner Rückkehr hat er also eigentlich keinen Grund für eine Entschuldigung. Andererseits müssen seine Vorgesetzten Bob Iger und Dana Walden ihr Gesicht wahren. Die veröffentlichte Erklärung zur zwischenzeitlichen Absetzung und Rückkehr von „Jimmy Kimmel Live!“ jedenfalls ist sehr schwach.
Klar ist auch, dass Präsident Trump und seine Regierung weiter gegen kritische Stimmen schießen und vor allem vage Drohungen dazu nutzen werden, um vor allem gewinnorientierte Firmen unter Druck zu setzen.