„Krankheit und Tod sollten nicht mehr tabuisiert werden“: Interviews mit dem „Club der roten Bänder“

Die Hauptdarsteller über drei ereignisreiche Jahre

Dennis Braun
Dennis Braun – 10.11.2017, 12:00 Uhr

Welche Staffel war die mental herausforderndste, gerade im Hinblick auf die sehr ernste Thematik?

Damian: Am intensivsten war für mich auf jeden Fall die dritte Staffel. Am Ende habe ich mich so stark mit dieser Rolle identifiziert, dass sie auch in meinem Privatleben eine Menge Raum eingenommen hat. Daher bin ich froh, nach dem Club Anschlussprojekte gefunden zu haben, um nicht eventuell in ein mentales Loch zu fallen.

Ihr habt mit der Serie Themen wie Magersucht und Krebs in den Mittelpunkt gerückt, über die in Deutschland leider immer noch viel zu wenig gesprochen wird. Was würdet ihr euch wünschen soll auch nach dem Ende des Clubs in den Köpfen der Menschen hängenbleiben?

Ivo: Die Kernbotschaft der Serie ist sicherlich: ‚Egal, welcher Schicksalsschlag kommt, es gibt immer einen Weg, damit umzugehen.‘ Obwohl beispielsweise Leo gesagt wird, dass seine Überlebenschancen nicht sehr groß sind, entscheidet er sich trotzdem für das Leben – Spaß zu haben, Abenteuer zu erleben und gleichzeitig gegen die Krankheit zu kämpfen. Du musst das Leben positiv sehen.

Timur: Familie und Freunde sind der Boden eines glücklichen Lebens – diese Einstellung habe ich vor allem durch Albert Espinosa gelernt. Ganz egal welche Hürden man im Leben überwinden muss, es gibt für alles eine Lösung und wenn man füreinander da ist, fallen viele Dinge wesentlich einfacher. Ich würde mir wünschen, dass sich unsere Zuschauer genau das zu Herzen nehmen.

Damian HardungMG RTL D/​Robert Grischek
Damian: Mir ist wichtig, den Menschen einen offeneren Umgang mit den Schicksalen des Lebens gezeigt zu haben. Schweigen hilft niemandem. Eine gewisse Balance zu finden und ein Bewusstsein für welche Krankheit oder Lebenssituation auch immer zu entwickeln, ist meiner Meinung nach entscheidend. Dabei kommt es auch darauf an, trotz allen Hürden ein Stück weit Normalität herzustellen und das Schönste aus bestimmten Momenten herauszuholen. Glück wird von jedem Menschen anders erlebt, und diesen Aspekt einmal aus der Perspektive eines schwer Kranken zu sehen, ist glaube ich eine essenzielle Botschaft der Serie.

Tim: Das Bewusstsein, dass es nicht nur um die Krankheiten geht, sondern vor allem um die Kinder, die darunter leiden und in den Krankenhäusern damit zu kämpfen haben. Man kann sie besuchen, mit ihnen spielen und damit dafür sorgen, dass sie trotz ihres Schicksals eine gute Zeit haben können. Ein Ende der Tabuisierung von Krankheiten und Tod wäre mir persönlich sehr wichtig.

Nick: Ich würde mich freuen, wenn die Menschen durch unsere Serie die wirklich wichtigen Dinge im Leben wie Familie, Freunde und Gesundheit noch mehr schätzen lernen. Wenn man mal einen starken Schnupfen hat und es einem in dem Moment vielleicht schlecht geht, so sollte man immer wieder unsere Figuren stellvertretend für die Realität im Kopf haben, die mit lebensbedrohlichen Krankheiten konfrontiert sind. Die Resonanz unserer Zuschauer zeigt mir, dass diese Botschaft bei sehr vielen angekommen ist.

Luise BefortMG RTL D/​Robert Grischek
Luise: Im Bezug auf meine Rolle bin ich froh, dass das Thema Magersucht angesprochen und dem Zuschauer ein Einblick in die Krankheit vermittelt wird. Die Lehre aus der Serie ist sicherlich, niemanden zu verurteilen, sich gegenseitig zu respektieren und einen Menschen zu nehmen, wie er ist. Gleichzeitig ist mir wichtig zu zeigen, dass man auch durch eine schwere Krankheit Kraft und Mut schöpfen und eine stärkere Person werden kann.

Wie hat sich jeder einzelne von euch durch den Club verändert und was nehmt ihr von eurer Rolle mit in euer Leben?

Ivo: An meiner Rolle Toni hat mich am meisten beeindruckt, dass er immer versucht, für alle Probleme eine Lösung zu finden. Er geht trotz seines Handicaps Asperger sehr pragmatisch an die Dinge heran, das hat mich auch privat inspiriert.

Timur: Bei Alex ging es vor seinem Tod darum, Familie zu finden – die hatte er mit einem Vater, der nie für ihn da war, nämlich nicht. Die findet er bei seinen Freunden im Club, die ihm das geben, was er Zeit seines Lebens nie kannte. Gerade in der ersten Staffel habe ich an mir selbst bemerkt, dass ich aufgrund der vielen Arbeit nicht so viel Zeit mit meinen Freunden verbringen konnte, wie ich das wollte. Das hat für mich noch einmal einen besonderen Stellenwert bekommen, sodass ich versuche, immer genügend Zeit freizuschaufeln und sie mit Familie und Freunden bestmöglich auszukosten.

Damian: Jonas war immer sehr reflektiert und hatte trotz seines Schicksals eine fast rationale Sicht auf die Dinge. Er war zudem immer bestrebt, für sich selbst einen Ausgleich zum Kampf gegen die Krankheit zu finden, beispielsweise das Skaten. Nach seiner Entlassung fühlte sich die erneute Begegnung mit seinen Freunden im Skatepark anders an, es war nichts mehr so wie vorher. Trotzdem hat er gelernt, diese Situation anzunehmen und mit ihr umzugehen. Sich selbst an die unterschiedlichen Gegebenheiten anzupassen ist sicherlich etwas, das ich mir von Jonas abschauen kann.

Tim: Die Rolle Leo und auch Albert Espinosa haben mich vor allem extreme Dankbarkeit für mein Leben gelehrt, ebenso wie das Nicht-Tangieren von Nichtigkeiten: Kleine Dinge, über die ich mich vorher viel zu sehr geärgert habe, nehme ich mittlerweile wesentlich gelassener hin.

Nick: Privat habe ich mich in diesen drei Jahren extrem weiterentwickelt, am Anfang der Serie war ich 13, jetzt bin ich 16. Auch Hugo hat während und nach seines Komas zusammen mit seinen älteren Freunden Dinge erlebt, die für sein Alter nicht wirklich normal sind. Diese enge Bindung zum Club hat nicht nur ihn, sondern auch mich als Person viel reifer werden lassen.

Luise: Ein Zitat von Albert Espinosa hat mich sehr bewegt: „Es ist nicht traurig zu sterben. Es ist traurig, sein Leben nicht intensiv gelebt zu haben.“ Das nehme ich beispielsweise für mich mit. Bewusster zu leben. Und auch die kleinen Dinge wahrzunehmen und dafür dankbar zu sein.

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