Hannes Ringlstetter im Studio seiner BR-Show BR/Markus Konvalin
fernsehserien.de:Das bayerische Publikum kennt Sie inzwischen schon seit vielen Jahren. Ihre eigene Show „Ringlstetter“ präsentieren Sie seit Ende 2016 im BR Fernsehen. Wie aufwendig ist es, so eine wöchentliche Sendung zu stemmen?
Hannes Ringlstetter: Das ist schon ordentlich mit Arbeit verbunden, da brauchen wir uns nichts vorzumachen. Aber mittlerweile sind wir ein eingespieltes Team. Der Inner Circle besteht aus unserem Chefredakteur, Caro Matzko und mir. Unser Autorenpool denkt sich die Nummern aus und schreibt die Gags, die uns am Sonntagabend in einer Zoom-Konferenz vorgeschlagen werden. Montags und dienstags arbeiten wir dann an dem Ablauf der Show und sprechen mit den Gäste-Redakteurinnen über die geplanten Talks. Meistens gibt es einen riesigen Materialberg, den wir für die Show ausdünnen müssen, und wir feilen an den Gags, bevor dann am Mittwoch die Aufzeichnung stattfindet.
Ich habe die Show von Anfang an mitverfolgt und durchaus Veränderungen wahrgenommen. Am Anfang gab es mehr Sketche und redaktionelle Einspielfilme, unter anderem von Philipp Walulis. Ich erinnere mich auch an verschiedene Studioaktionen, in denen Sie beispielsweise mal wie Harald Schmidt früher etwas mit Playmobil-Figuren nachgestellt haben. Mittlerweile gibt es solche Inhalte kaum noch. Wie würden Sie die Entwicklung Ihrer Sendung beschreiben?
Hannes Ringlstetter: Late-Night ist eine fiese Nummer, das habe ich am eigenen Leib erlebt. In Deutschland gibt es da vor allem zwei Probleme. Die Late-Night-Kenner vergleichen einen sofort mit Harald Schmidt oder den amerikanischen Hosts – und die, die keine anderen Late-Night-Shows kennen, finden das Format seltsam: Denn zuerst erzählt einem jemand verschiedene Dinge, und dann kommen irgendwelche Gäste. Als Macher kommt man aus dieser Form aber nicht heraus, sonst ist es keine Late-Night-Show. Die Sendung muss mit Inhalten gefüllt werden, die zu einem passen – und genau das ist das größte Problem. Durch den wöchentlichen Rhythmus und die Tatsache, dass bei uns 40 Leute an der Show mitarbeiten, hat man praktisch nie Zeit, die begangenen Fehler in Ruhe zu korrigieren, weil dann schon die Vorbereitung der nächsten Sendung ansteht. Man operiert sozusagen immer am offenen Herzen.
BR/Markus Konvalin
Ich glaube allerdings, dass das ganz normal ist und es immer eine gewisse Zeit braucht, bis sich eine Sendung gefunden hat und richtig rund ist.
Hannes Ringlstetter: Ja, wir haben wie jede andere Late-Night-Show auch lange gebraucht, bis wir unser – jetzt kommt ein blödes, neumodisches Wort – Narrativ gefunden haben. Klaas Heufer-Umlauf ist mit „Late Night Berlin“ genau das Gleiche passiert. Das erste Dreivierteljahr war auch dieser Late-Night-Versuch schwer zu ertragen. Harald Schmidt hatte das Glück, dass man damals keine amerikanischen Late-Night-Shows in Deutschland kannte. Er hat am Anfang ganze Strecken von David Letterman kopiert, bis er seinen eigenen Stil gefunden hat. Offenbar muss jede Late-Night durch diesen Prozess. Wenn man keinen Sender an der Seite hat, der einem ein Jahr Zeit gibt, um so eine Show zu etablieren, überlebt sie nicht. Es ist einerseits wichtig, dass die Zuschauer einem das, was man ihnen erzählt, auch abnehmen. Andererseits muss sich eine Show auch von dem abheben, was es sonst noch gibt. Wir haben ja schon die „heute-show“, Jan Böhmermann und vieles mehr. Direkt vor meiner Show läuft das Satireformat „quer“ und anschließend eine klassische Kabarettsendung – wenn ich genau das Gleiche machen würde, bräuchte das niemand und auch ich würde abschalten.
Was sind die Dinge, die Ihre Show von anderen Formaten abheben?
Hannes Ringlstetter: Wir haben uns irgendwann dafür entschieden, uns von dem typischen Late-Night-Zynismus zu verabschieden. Stattdessen sind wir in eine alberne, selbstironische Welt rund um Bayern eingetaucht. Seitdem wir diese Erzählform gefunden haben, ungefähr ein Jahr nachdem wir auf Sendung gingen, haben wir plötzlich die anderen Elemente nicht mehr gebraucht. Die haben dann eher gebremst und wie Fremdkörper gewirkt. Wenn Caro und ich uns wieder mal hochgeschaukelt haben und danach der Film von Walulis kam, haben wir das plötzlich als Bruch empfunden. Wir hatten am Anfang auch Spitzenautoren, aber es hat nicht gepasst, weil es einfach nicht meine Sprache war. Mittlerweile wissen die Autoren aber, wie sie etwas schreiben müssen, damit mir die Zuschauer abnehmen, dass das von mir ist. Für mich persönlich war aber die entscheidendste Veränderung noch etwas anderes: Nach einem Dreivierteljahr haben wir von einem Stand-up im Stehen umgestellt auf einen Monolog im Sitzen. Das war für mich energetisch das Allerwichtigste. Das klingt vielleicht komisch, aber es ist tatsächlich so. Im Sitzen sagt man Dinge anders als im Stehen, wo etwas schnell oberlehrerhaft rüberkommt. Außerdem entgehe ich dadurch dem direkten Vergleich mit Harald Schmidt. Es haben auch wirklich alle gesagt, dass die Show ihnen seitdem besser gefällt und sie nicht mehr so künstlich wirkt.
Caro Matzko BR/Markus Konvalin
Wirklich verblüffend, welch große Wirkung solche vermeintlich kleinen Stellschrauben haben können. Eine wichtige Rolle bei „Ringlstetter“ spielt auch Ihre Kollegin Caro Matzko. Wie haben Sie beide eigentlich zueinander gefunden? Gab es ein Casting für einen weiblichen Sidekick?
Hannes Ringlstetter: Als wir die Show entwickelt haben, hieß es vom Sender, dass es schön wäre, wenn eine Frau dabei wär. Ich habe mich daran erinnert, dass die Caro regelmäßig beim „Vereinsheim Schwabing“ dabei war, als ich die Sendung noch moderiert habe. Ich habe sie vorgeschlagen und mich danach mit ihr getroffen. Die Chemie hat sofort gestimmt, weil sie einfach diese Mischung aus Intelligenz und Schlagfertigkeit besitzt, mit der man mich begeistern kann. Und dann ist sie auch noch eine Super-Redakteurin und einfach ein wahnsinnig lieber Mensch! Ich bin sehr froh, dass der Sender meinem Wunsch nachgekommen ist, obwohl es am Anfang große Akzeptanzprobleme bei den bayerischen Zuschauern gab. Die red ja gar ned boarisch!, haben sie sich beschwert – doch mittlerweile lieben sie sie! Der Bayer an sich braucht einfach immer eine gewisse Zeit, bis er sich an etwas gewöhnt und zu schätzen weiß.
Auf der nächsten Seite spricht Hannes Ringlstetter darüber, ob die Deutschen überempfindlich in Sachen Humor sind und was den bayerischen vom rheinländischen Humor unterscheidet.