Hollywood wird bestreikt: Tarifverhandlungen zwischen Autoren und Produzenten gescheitert

Beobachter rechnen mit mehrmonatigem Arbeitskampf

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 02.05.2023, 11:01 Uhr

Hollywood wird bestreikt: Tarifverhandlungen zwischen Autoren und Produzenten gescheitert – Beobachter rechnen mit mehrmonatigem Arbeitskampf – Bild: WGA/AMTPT

Die Verhandlungen um einen neuen Tarifvertrag zwischen der US-amerikanischen Autorengewerkschaft WGA (Writers Guild of America) und dem Produzentenverband AMPTP (Alliance of Motion Picture and Television Producers) sind in der Nacht zum Dienstag gescheitert. Die Autorengewerkschaft hat einen Streik ausgerufen, der offiziell mit dem Ablauf des bisherigen Tarifvertrags zwischen beiden Parteien um Mitternacht (US-Ostküstenzeit) begonnen hat.

Unmittelbar betroffen sind die täglichen Late-Night-Talkshows im US-Fernsehen, deren Autoren neben vorbereiteten Sketchen auch täglich das aktuelle Newsgeschehen verwursten, so dass sie nicht „auf Vorrat“ produziert werden konnten. Diese Sendungen können nun wegen des Autorenstreiks nicht produziert werden, wovon aber auch alle anderen dortigen Beschäftigten betroffen sind. Die Sender zeigen zunächst Wiederholungen.

Vermutlich folgen als nächstes wöchentliche Formate wie „Saturday Night Live“ und „Last Week Tonight with John Oliver“, deren kommenden Ausgaben am Wochenende anstehen.

Gescheiterte Verhandlungen

Am Sonntagabend, knapp vier Stunden vor dem Auslaufen des jüngsten Tarifvertrags, hatten die beiden Parteien ihre seit knapp sechs Wochen laufenden Verhandlungen beendet, ohne zu einem neuen Abschluss zu kommen. Laut einem Statement der WGA waren beide Verhandlungsparteien weit von einem Kompromiss entfernt, wofür sich die Parteien gegenseitig die Schuld geben.

Die WGA hatte sich auf die Fahnen geschrieben, für ihre Klientel auch zukünftig das Berufsleben zu sichern. Sie beschreibt, dass die von ihr vertretenen Autoren trotz des Contentbooms mit mehr Serien denn je (Schlagwort Peak TV) insgesamt weniger Geld verdient hätten als früher. Sie summiert, dass die Produzenten mit ihren Vorschlägen den gesamten Berufsstand zum „Freelancertum“ verdammen würde und sich die Autoren von einem Gig zum nächsten hangeln, statt eine „Karriere“ zu verfolgen.

Gerungen worden war vor allem um die Beteiligung der Autoren an Einnahmen aus dem Streaming („New Media“), nachdem ihre früheren Einnahmequellen aus Fernsehwiederholungen wegbrachen. Dazu wurde von der WGA auch eine „zuschauerabhängige Ausstrahlungsprämie“ (Residuals) für die Verwertung im Streaming ins Spiel gebracht: Das würde aber voraussetzen, dass die Streamingplattformen dafür Zuschauerdaten und Abrufzahlen bestätigen würden, was sie bisher nicht tun und auch weiter ablehnen.

Weiterhin fordert die Gewerkschaft eine Mindestbesetzung für den Autorenstab („Writers Room“) von Serienstaffeln/​Miniserien in Abhängigkeit vom Episodenumfang – beginnend bei sechs Autoren für sechs Episoden. Die Produzenten lehnen das ab und verweisen auf Formate wie „The White Lotus“, wo alle Drehbücher einer Staffel von einer Person/​dem Serienschöpfer verantwortet werden.

Generell vertritt die WGA die Ansicht, dass es an der Zeit ist, Ausnahmen für Projekte in den „Neuen Medien“ zu schließen (etwa sind hier die Autoren bei „Variety-Formaten“ wie Talkshows vom tarifvertraglichen Mindestlohn ausgenommen). Die Produzenten argumentieren, dass ihre Firmen mit den noch im Aufbau befindlichen Streamingdiensten weiterhin Verlust machen und wollen die Ausnahmen daher beibehalten.

Und letztlich geht es auch um „ganz normale“ Gehaltssteigerungen: Die Gewerkschaft habe laut Deadline etwa für den neuen Tarifvertrag – der die kommenden drei Jahre abdecken soll – Erhöhungen beim „Mindestlohn“ um sechs, fünf und fünf Prozent angestrebt, die Produzenten hatten zuletzt weniger als die Hälfte geboten.

Weiterer Fahrplan in Hollywood

Am 30. Juni laufen die Tarifverträge der AMPTP mit den Regisseuren (DGA) und Schauspielern (SAG-AFTRA) aus. Die Verhandlungen mit der DGA sollen am 12. Mai beginnen. Während die Autoren die Arbeit niedergelegt haben, gehen die Produktionen in Film und Fernsehen einstweilen weiter, soweit das eben ohne sie möglich ist. Die meisten Produktionen hatten allerdings wegen der gespannten Lage ihre Dreharbeiten so gesetzt, dass man nun erst einmal in Produktionspausen geht. Die Serien für die Ende Mai auslaufende Network-Season 2022/​23 sind zudem bereits im Kasten.

Allerdings beginnen die Autoren in der Regel bereits ab Mitte Mai und den Upfronts mit dem Ausarbeiten der Geschichten für die neuen Staffeln, die dann ab Ende Juli mit den Dreharbeiten beginnen, um im September ausgestrahlt werden zu können.

NBC hat in weiser Voraussicht frühe Serienverlängerungen bei „La Brea“ und „Quantum Leap“ genutzt, um direkt schon weitere Episoden produzieren zu lassen, damit man „im Streikfall“ wenigstens etwas neues Programm im Herbst hat.

Der letzte Streik der WGA fand 2007/​08 statt und dauerte rund 100 Tage. Branchenbeobachter unken laut Deadline, dass der jetzige Streik wegen der Positionen der beiden Tarifparteien wohl länger als jener dauern dürfte. Der bisher längste Streik der WGA fand ab März 1988 statt und dauerte 153 Tage.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Weiß gar nicht mehr was 2007 alles "versaut" wurde...zumindest Prison Break Staffel 3!

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