In der European Broadcasting Union waren im Spätsommer die Wellen hochgeschlagen: Streitthema war die Beteiligung von Israel, das damals Gaza mit einem kriegerischen Militäreinsatz überzogen hatte, am anstehenden 70. Eurovision Song Contest. Einige Nationen hatten für die im kommenden Mai anstehende Endrunde mit Boykott gedroht, sollte Israel (wie bisher üblich) teilnehmen dürfen. Nun wurde im Wesentlichen entschieden: Israel darf teilnehmen. Umgehend ließen Spanien, die Niederlande, Irland und Slowenien ihrer Boykott-Drohung eine Bestätigung folgen: Sie wollen an der kommenden Endrunde nicht teilnehmen.
Die EBU hält seit Donnerstag in Genf eine Generalversammlung ab. Dort wurde in einer Abstimmung hinter verschlossenen Türen mit großer Mehrheit (laut Zeit) entschieden, dass keine Abstimmung über die Teilnahme einzelner EBU-Mitgliederstaaten am Eurovision Song Contest nötig sei: Jedes Mitgliedsland, das teilnehmen wolle, dürfe teilnehmen. Entsprechend gab es keine gesonderte Abstimmung über eine Teilnahmeberechtigung Israels, das auch 2026 teilnehmen will.
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Grundsätzlich wollte und will die EBU verhindern, dass Politik in den internationalen Song-Wettbewerb hineinspielt.
Im Spätsommer hatten unter anderem auch Belgien, Schweden und Finnland einen Boykott erwogen – aus diesen Ländern gibt es aber keine Updates.
Hintergrund
Israel hatte 1973 erstmalig am 1956 begründeten Eurovision Song Contest teilgenommen. Die Nation ist teilnahmeberechtigt, da sie in den von der Europäischen Rundfunkunion für eine Mitgliedschaft in der EBU gesetzten geografischen Grenzen liegt („vom Atlantik bis zum 40. Längengrad Ost und zum 30. Breitengrad Nord“) – was übrigens auch diverse Nationen im Norden Afrikas und Nachbarstaaten von Israel im Nahen Osten umfasst. Die haben aber laut The Guardian zumeist wegen Israels Teilnahme selbst nicht teilgenommen. Insgesamt hat die EBU 56 Mitgliedsstaaten.
Nach einem Angriff durch die Terrormiliz Hamas am 7. und 8. Oktober 2023 hat Israel mit einem fortgesetzten Militärschlag gegen den Gazastreifen reagiert. Internationale Beobachter sind geteilter Ansicht darüber, ob die Militäraktion in ihrer Endphase noch ihrem angekündigten Ziel diente, entführte Geiseln aus der Gewalt der Hamas zu befreien. Auf jeden Fall hat sie zu einer großflächigen humanitären Krise für die dortige Zivilbevölkerung geführt, die Politik der aktuellen Regierung Israels wird vielfach massiv kritisiert.
Seit dem 10. Oktober 2025 herrscht eine unter amerikanischer Verhandlung erreichte Waffenruhe. Die sieht zunächst die Rückführung der verbliebenen israelischen Geiseln bzw. von deren Leichen einerseits sowie die Freilassung palästinensischer Gefangener andererseits vor. Die Umsetzung läuft aktuell nicht problemlos ab.
Kommentare zur jetzigen Entscheidung
In der Begründung für den Boykott hat etwa die niederländische Rundfunkanstalt Avrotros mitgeteilt, dass die Lage in Gaza nach wie vor äußerst besorgniserregend und instabil sei. Insbesondere gebe es keine nennenswerte Verbesserung der humanistischen Lage, so dass man wegen der vertretenen eigenen Werte nicht neben Israel am Wettbewerb teilnehmen könne. Aus Slowenien heißt es: Unsere Botschaft lautet: Wir werden nicht am ESC teilnehmen, wenn Israel dabei ist. Im Namen der 20.000 Kinder, die in Gaza ums Leben gekommen sind.
Der israelische Präsident Izchak Herzog zeigte sich natürlich erfreut über die Entscheidung: Israel verdient es, auf allen Bühnen der Welt vertreten zu sein. Daneben bedankte er sich bei Israels Freunden, die eine Teilnehme ermöglicht hätten.
Wie tagesschau.de meldet, hat die ARD die Entscheidung wie folgt kommentiert: Wir sind sehr froh, dass am Ende die Regeln, die Werte und die Unparteilichkeit der öffentlich-rechtlichen Medien stärker waren als die emotionalen öffentlichen Debatten des Tages, heißt es von Katja Wildermuth (BR-Intendantin), die als Vertreterin von ARD und ZDF im Executive Board der Europäischen Rundfunkunion sitzt.
Mit Spanien fehlt einer der „Big Five“
Medienpolitisch markant ist besonders der Boykott von Spanien. Wie Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich gehört die Nation zu den sogenannten Big Five: Sie sind die größten Geldgeber der EBU. Daher sind ihre „ESC“-Teilnehmer automatisch für die Endrunde gesetzt.
Auch das Fehlen von Irland ist schmerzhaft, ist das Land mit sieben Siegen beim ESC und dessen Vorgänger eine der drei erfolgreichsten Nationen (hinter dem neunfachen Sieger UK, gleichauf mit Schweden).