„Der Mann will töten“: RTL verkauft Übung als Amoklauf

Reißerischer Magazinbeitrag sorgt für Aufsehen

Michael Brandes – 30.09.2010

"Der Mann will töten": RTL verkauft Übung als Amoklauf – Reißerischer Magazinbeitrag sorgt für Aufsehen – Bild: RTL

Einen vermeintlichen Amoklauf hat RTL den Zuschauern seines NRW-Regionalmagazins vorgegaukelt. Moderatorin Sonja Schwetje leitete die am Dienstag ausgestrahlte Sendung mit folgenden Worten ein: „Amoklauf in Köln! Ein Mann verschanzt sich in einer Berufsschule! Spezialkräfte stürmen das Gebäude!“ Die Fernsehbilder zeigen jene Spezialkräfte am angeblichen Tatort in Aktion, ein Reporter kommentiert kurzatmig: „Hinter den Mauern ein Amokläufer. Verhandlung unmöglich. Der Mann will töten.“ Später ist die Rede von Schüssen und Schreien, die nach außen dringen. Erst nach knapp zwei Minuten werden die Zuschauer verbal aufgeklärt: „Das Ganze ist zum Glück … nur eine Übung.“

Das Video zur Sendung war auch auf dem Internetportal RTLnow zu sehen, wurde aber inzwischen gelöscht. Der Beitrag wurde jedoch vom Medienjournalisten Stefan Niggemeier im „FAZ“-Fernsehblog („Ein Sender läuft Amok“) ausführlich dokumentiert und kommentiert.

Auf der Internetseite rtlregional.de wurde inzwischen eine Stellungnahme des RTL West-Programmchefs Jörg Zajonc veröffentlicht. Das journalistische Anliegen von RTL West sei es, „Beiträge so zu gestalten, dass sie von möglichst vielen Menschen mit Interesse verfolgt werden“. Jedoch habe man in diesem Fall offensichtlich „die Aussagekraft der Bilder überschätzt“. Zajonc verweist auf die neongelben Warnwesten der SEK-Beamten, die im Bild zu sehen waren: „Für uns Journalisten der klare Hinweis darauf, dass es sich um ein Training und nicht um einen Ernstfall handelt. Aus diesem Grund haben wir – aus Sicht der Kritiker – deutlich zu spät explizit erklärt, dass es sich um eine Übung handelt.“ Immerhin räumt der Programmchef ein, die Irritationen der Zuschauer seien „berechtigt“ und zu bedauern. Künftig wolle man „die Berichterstattung zu ähnlichen Themen anders gestalten“.

Die fehlende klare Trennung zwischen Fiktion und Realität ist bei RTL-Sendungen kein Einzelfall. Vor allem mit dem vermeintlich dokumentarischen Anstrich seiner „Scripted Reality“-Formate erzielt der Kölner Sender derzeit glänzende Einschaltquoten. Besonders problematisch wird es allerdings, wenn auch in Nachrichtensendungen und Magazinen inszeniert wird. So musste RTL beispielsweise im Mai wegen eines Berichts im Magazin „Extra“ ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro an einen 63-jährigen Handwerker zahlen. Grund war die massive Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Mannes, der als vermeintlicher Drogendealer dargestellt wurde und daraufhin mit Anfeindungen aus dem eigenen Familien-, Freundes- und Geschäftskreis konfrontiert worden ist (fernsehserien.de berichtete).

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    30. Oktober 1938 Orson Welles "Krieg der Welten"

    Beweist zwei Dinge:
    - Man kann die Menschen leicht verunsichern!
    - Die Medien versuchen immer sich zu übertrumpfen.
    • am via tvforen.de

      viele Menschen sind einfach auch nur Dumm -aber das wird ja in unserer political...wischiwaschi gesellschaft nur ungern gehört ,-)))

      zumal ich die bezeichnung dumm nicht schlimm finde -schlieslich liegt as an jedem selbst an diesem zustand etwas zu ändern....
  • am via tvforen.de

    >Tote, Tränen, Titten


    genauso sieht es aus - ist das nicht einfach schrecklich?

    ach ja da kommen ja auch noch unanseheliche Männer im Tanga dazu, ach und "echte Pinsel" die da malen.

    Oh mein Gott, wird mir schlecht.
    • am via tvforen.de

      Nach diesem unglaublichen und unerhörten Vorgang sollte RTL vorerst die Sendelizenz entzogen werden. So etwas ist Lüge, Betrug und bewusste Desinformation. Mit solchen Methoden wurden im dritten Reich die Massen beeinflusst. RTL tut hier das Gleiche - nur auf andere Weise.

      Die gesamte Glaubwürdigkeit der Massenmedien wird hier eklatant gefährdet und in Frage gestellt.

      Und Herr Zajonc darf immer noch frei rumlaufen? RTL schaut tatenlos zu, wie dieser Herr geistlose Erklärungsversuche vom Stapel lässt, ohne umgehend gefeuert zu werden? Herr Zajonc hätte ehrlich sein sollen: "Wir haben das gemacht, weil wir Quotengeil sind und uns Recht, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit scheissegal sind!" Ich glaube, Herr Zajonc wäre selbst zum Kloputzen zu blöd!

      RTL: NUR NOCH ZUM KOTZEN!
      • am via tvforen.de

        kwT
        • am via tvforen.de

          scripted reality ..soso ... auf deutsch: Lügen verbreiten ...
          gehts noch tiefer?
          • am via tvforen.de

            ...als wenn es nicht schon genug reale Schreckensnachrichten gäbe.....
          • am via tvforen.de


            Vor allem mit dem vermeintlich dokumentarischen Anstrich seiner "Scripted Reality"-Formate erzielt der Kölner Sender derzeit glänzende Einschaltquoten.


            So recht mag ich das nicht glauben wollen; wenn dem aber so ist - armes Deutschland ...
          • am via tvforen.de

            Vor allem ist traurig, dass es Millionen bekloppte gibt, die sich das jeden Tag mit Begeisterung anschauen. Von allen Privatsendern hat sich RTL in den letzten 15 Jahren am meisten zum Negativen verändert, wenn man mal von ganz wenigen Glanzlichtern ("WWM") absieht.
          • am via tvforen.de

            Stimmt. Außer WWM gibt's da aber eigentlich gar nichts mehr.

            RTL ist schon längst das neue RTL2.
        • am via tvforen.de

          das ganze nennt sich natürlich Journalismus ! ! -journalisten dürfen ja alles -auß ihrer eigenen sicht -ich finde es widerlich...........
          • am via tvforen.de

            Sir Hilary schrieb:
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            > journalisten dürfen ja alles -auß ihrer eigenen
            > sicht ...


            Es wäre völlig egal, ob sie aus eigener Sicht alles dürften, wenn das nicht auch viele Zuschauer so sehen würden. Schau Dir doch mal an, was allein hier im Forum alles mit Meinungs- oder Pressefreiheit entschuldigt wird. Wir haben in Deutschland ein relativ scharfes Mediengesetz, dazu kommt die freiwillige Selbstkontrolle durch Medien- und Presserat. Dass diese Regeln immer wieder gebrochen werden, liegt einzig und allein an der Akzeptanz durch den Zuschauer bzw. Leser. Es ist leider Tatsache, dass sich mit Sensationsmacherei und Dreckwäsche jede Menge Geld verdienen lässt. Tote, Tränen und Titten sorgen nunmal für höhere Einschaltquoten als Tatsachen.
          • am via tvforen.de

            Leo schrieb:
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            > Sir Hilary schrieb:
            > --------------------------------------------------
            > -----
            > > journalisten dürfen ja alles -auß ihrer
            > eigenen
            > > sicht ...
            >
            >
            > Es wäre völlig egal, ob sie aus eigener Sicht
            > alles dürften, wenn das nicht auch viele
            > Zuschauer so sehen würden. Schau Dir doch mal an,
            > was allein hier im Forum alles mit Meinungs- oder
            > Pressefreiheit entschuldigt wird. Wir haben in
            > Deutschland ein relativ scharfes Mediengesetz,
            > dazu kommt die freiwillige Selbstkontrolle durch
            > Medien- und Presserat. Dass diese Regeln immer
            > wieder gebrochen werden, liegt einzig und allein
            > an der Akzeptanz durch den Zuschauer bzw. Leser.
            > Es ist leider Tatsache, dass sich mit
            > Sensationsmacherei und Dreckwäsche jede Menge
            > Geld verdienen lässt. Tote, Tränen und Titten
            > sorgen nunmal für höhere Einschaltquoten als
            > Tatsachen.


            Du sprichst mir aus der Seele Leo, es wird viel zu viel mit der meinungs und pressefreiheit entschuldigt -was eine beliebige Gesellschaft zur folge hat -----

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