34 1/2 Jahre Mordsquoten
Die ungeschriebenen ‚Tatort‘-Gesetze
Jutta Zniva – 03.06.2005

Seit „Taxi nach Leipzig“ (1970) mit Walter Richter als Kommissar Trimmel sind 34 1/2 Jahre und 599 Fälle vergangen. 70 Kommissare waren im Einsatz, und Sonntagabend schauen meist beachtliche 8 Millionen im „Ersten“ zu. Klaus J. Behrendt, der Kölner „Ballauf“, rechnet für TV DIGITAL anschaulich: Das seien pro Tatort also zirka so viele Fans, wie in „140 große Fußballstadien“ hineinpassen. Sprich: Mörderquote für jene Produktion, die man im ARD-Jargon „Länderspiel mit Leichen“ nennt.
Zum Jubiläum des kommenden 600. Falles (05.06.05, „Scheherazade“) ermittelte Yvonne Kruse für TV DIGITAL in Sachen jenes Sonntagabendkrimis, der – wie VW oder Persil – eine geradezu klassische deutsche Marke ist. Die Fernsehjournalistin protokollierte unter anderem zwei höchst amüsante ungeschriebene Gesetze, die Teil des Geheimnisses des Tatort-Erfolges sind:
Die heimlichen Paragraphen des Tatort:
§ 1 – Das Zölibat des Kommissars
„Selten gibt es eine feste Beziehung, und wenn doch, dann wird sie irgendwann in die Luft gesprengt (so erging es der Frau von MDR-Ermittler Ehrlicher), tritt lediglich als Lieferantin von frischen Frikadellen in Erscheinung (am Herd stand die Exfrau von Kommissar Haferkamp, der von 1974 – 1980 in Essen Dienst schob) oder sorgt für permanenten Stress. Unübertroffen in dieser Kategorie: Hannelore, die zickige Freundin von SWR-Kommissar Bienzle. Die notorische Bindungslosigkeit wurde 1992 sogar einmal direkt vor der Kamera ironisch thematisiert. Da sagte Kommissar Stoever alias Manfred Krug zu seinem Kollegen Brockmöller (charles Brauer): ‚Du denkst wohl, ich bin total impotent, was? Bloß weil ich in 20 Tatorten noch nie ‚ne Frau hatte.‘ „
§ 2 – Der Übeltäter muss gefunden werden
Yvonne Kruse deckte eine weitere Dienstvorschrift von allerhöchster ARD-Ebene für Tatort-Produktionen auf: „Der Mörder wird immer geschnappt. In 99 % aller Fälle herrscht am Ende Gerechtigkeit. Die Zuschauer lieben diese Verlässlichkeit, weshalb bei der ARD viel Wert auf ein glückliches Ende gelegt wird. ‚Der Übeltäter muss gefunden werden‘, formuliert es Programmdirektor Dr. Günter Struve gegenüber TV DIGITAL, ‚die Vorstellung, dass wir 90 Minuten drehen, an deren Ende der Täter entkommt, empfinde ich als unbefriedigenden und wenig wertvollen Beitrag für das Fernsehen.‘“
Kommentare zu dieser Newsmeldung
kleinbibo am via tvforen.de
Ich bin kein Tatort-Experte: "In 99 % aller Fälle herrscht am Ende Gerechtigkeit." Bedeutet das, es gibt einige ganz wenige Folgen mit offenen Ende?Wilkie am via tvforen.de
kleinbibo schrieb:
>
> Ich bin kein Tatort-Experte: "In 99 % aller Fälle herrscht am
> Ende Gerechtigkeit." Bedeutet das, es gibt einige ganz
> wenige Folgen mit offenen Ende?
Zollfahnder Kressin - ermittelte Anfang der 70er Jahre - hatte in dem Kriminellen "Sievers" (gespielt von Ivan Desny) einen intelligenten Gegenspieler, den er nie dingfest machen konnte. Hier war es tatsächlich so, daß am Ende nicht vollkommene Gerechtigkeit hergestellt war. Aber: Filme wie "Kressin stoppt den Nordexpress" zählen zu den absoluten Top-Filmen der Tatort-Reihe.chrisquito am via tvforen.de
...
ich erinnere mich auch an einen (ostfriesischen ? ;-) ) Tatort, mit dem Titel "Watt Recht is mott Recht blieven" oder so ähnlich ...
das ist dann auch am Schluss der Spruch des Kommissars, als er den Falschen verhaftet (der allerdings für einen anderen freiwillig in den Bau geht...)
dürfte so 25 Jahre her sein....
mfg
chrisquitoWilli am via tvforen.de
Wat Recht is, mutt Recht blieben - ja, ein schwacher Tatort
Die besten gab es in den 70 ern - die Zeiten sind vorbei.sir hilary am via tvforen.de
mann könnnte auch mal wieder einen tatort mit "richtiger"action machen !
wo zur abwechslung mal wieder ein großes verbrecher syndikat dahinter steht.
diese ewigen " psychologische dramamorde", wo sich am ende der täter umbringen will, gehen mir owas von auf die eier, wie ich es schon gar nicht mehr sagen kann.
gruß sir hilaryFlying Burrito am via tvforen.de
An diesen Tatort kann ich mich auch noch erinnern - Uwe Dallmeier spielte den Kommissar und es wurde kaum gesprochen. War schon etwas merkwuerdig.Willi am via tvforen.de
Masse statt Klasse - seit Jahren
Seit einiger Zeit kommen jedes Jahr ca. 30 neue Tatort-Fälle
Viele davon sind nur Durchschnitt
Richtig Klasse-Tatort-Fälle gibt es immer weniger
Kein Vergleich zu den 70 ern - die Fälle waren meist um Längen besser
Es gibt wenigstens noch einige gute Ermittler, aber manche mag ich nicht
und nerven mich nur noch:
Odenthal geht mir auf den Keks, Blum vom Bodensee mag ich nicht,
Frau Lindholm nervt mich, Borowski ist mir zu dröge,
Tatort aus Österreich ist schwach und nur die schönen Landschaftsaufnahmen
trösten etwas hinweg.
Thiel/Boerne finde ich sehr gut, echt urkomisch,
Ballauf/Schenk und Batic/Leitmayr wirken immer noch frisch.Waldfrosch am via tvforen.de
am stärksten waren Tanner und Schimanski. Klasse war auch Krug, oder?Willi am via tvforen.de
Schimanski ist heute nicht mehr so gut wie früher.
Im Juni läuft ein neuer Schimanski, hat aber mit Tatort nichts
mehr zu tun, da es seit 1997 eine eigene Schimanski Reihe gibt.
Stoever/Brockmöller fand ich früher gut, aber seitdem sie anfingen zu fingen, wurde es immer peinlicher.
Die beiden haben sich überdauert und zum Glück sind sie in Rente gegangen.Waldorf am via tvforen.de
Ob sie dort mit ihren T-Aktien glücklich geworden sind?Werderaner am via tvforen.de
In den 70-ern gab es noch TATORTE, die nahezu Spielfilm-Qualität hatten und in denen noch richtig "erdiger Realismus" zu finden war.
Heute sind viele Folgen viel zu hochgestochen und schicki-micki-mäßig. Die handelnden Figuren wirken konstruiert und unecht.
Echte Milieustudien gibt es leider nur noch selten.
Dennoch gibt es immer wieder mal Highlights und daher bleibe ich auch weiter ein echter Fan!
Interessanter Link für alle Krimi-Enthusiasten:
[url]http://forum.tatort-fundus.de[/url]