Mensch Heimat

Unten sieht die Stadt aus wie Klein-Venedig. Oben in der Altstadt wie Klein-Heidelberg. Überall Kirchenglocken und Musik. Diese Kurzformel über Wertheim klingt nach einem Touristenmagneten. Doch das Leben in der nördlichsten Stadt Baden-Württembergs war schon früher und ist auch heute auf magische Weise ein Geheimtipp. Millionen Menschen kennen Wertheim wegen des Outlet-Centers als „Wertheim-Village“, ohne die Stadt selbst zu kennen. Die junge Altenpflegerin Michaela Merz lacht inzwischen nur noch, wenn man ihr entgegnet: „Wertheim, klar kenne ich das, lassen die einen da auch übernachten?“. Michaela Merz spielt Fanfare und ist eine von drei Menschen, die ihrem Wertheim eine eigene Note verleihen.
Aike Zügner leitet die Betriebsschlosserei bei König und Meyer, einem der elf Weltmarktführer, auf die Wertheims Oberbürgermeister so stolz ist. Aike baut Musik-Equipment vom Notenhalter für Orchester bis zum Keyboard-Ständer für die Heavy-Metal-Band Rammstein. Pianistin Fedra Blido und ihr Mann Stefan leiten gemeinsam die Musikschule und tauchen ein in das pulsierende Leben der historischen Altstadt mit 4000 der insgesamt 23.000 Einwohner:innen. Fedra Blido lebt hier inzwischen so lange wie einst in ihrem Geburtsland Albanien. Sie hat sich in Wertheim ihre Heimat erarbeitet und genießt die Vertrautheit dieses historischen Marktfleckens – der sich für sie niemals auf ein Shopping-Center verkürzen ließe. (Text: SWR)

Silke Schumacher, Leonhard Kurz und Joachim Burkhart leben in der baden-württembergischen Schwäbisch Hall, „der kleinesten Metropole“ der Welt, wie die Haller:innen liebevoll sagen. Zu Recht, denn hier fehlt es an nichts. Das zeigt Leonhard auf seiner Dachterrasse: eine gut erhaltene historische Altstadt und mittendrin die moderne Kunst des Würth Museums. Auf dem Wochenmarkt treffen sich die Haller:innen, hier finden auch Leonhard, Silke und Joachim regionale Produkte aus Hohenlohe. Darauf legt jede:r großen Wert. Joachim in seinem legendären Café Ableitner, einer Zuckerbäckerei seit 250 Jahren.
Leonhard als Winzer – er weiß sein Leben zu genießen, wenn er mit den Freund:innen auf den alten Simpsons ins Freilichtmuseum zum Mittagessen düst. Tischlerin Silke feuert die „Unicorns“ an, die Profi-Footballer aus Schwäbisch Hall. Danach auf ein Glas in die Weinbar- sie hat die Regale gebaut. Die drei zeigen ihre Lieblingsplätze und Rückzugsorte sowie unbekannte Seiten einer scheinbar bekannten Stadt. Drei Liebeserklärungen an eine Stadt, drei Menschen mit ihren persönlichen Geschichten, die Lust machen, Schwäbisch Hall zu besuchen. (Text: SWR)

Albstadt, die kleine Stadt auf der Schwäbischen Alb, ist im Umbruch: nachhaltig, regional und mit Herzblut. Drei Menschen aus Albstadt machen mit mutigen Ladenkonzepten, neuen Geschäftsideen und überraschenden Lebensentwürfen von sich reden. Anna Pröbstle, 38, ist fünffache Mutter und führt einen Unverpackt-Laden. Mit ihrem Netzwerk von lokalen Erzeuger:innen bringt sie Produkte aus der Region groß raus. Nebenbei betreibt sie eine Hundezucht. Dank der Buchenwälder um Albstadt geht Johannes Abt die Arbeit nicht aus. Sein Lieblingsmaterial ist gestockte Buche – Holz, das durch Pilze filigrane Muster und Farben bildet. Lampen, Deko und Großmöbel tüftelt er aus. Philipp Wichmann ist auf den verschlungenen Albtrauf-Trails beruflich unterwegs – mit dem Fahrrad. Der 34-Jährige hat eine Fahrrad-Schule gegründet und coacht E-Bike-Anfänger:innen und Mountainbike-Profis. Auf 730 Metern Höhe zieht es die rund 46.000 Einwohner:innen des Städtchens sogar im Winter bei Kälte und Schnee nach draußen. (Text: SWR)

Das Kleid ist gekauft, die Anspannung ist groß: Sandy Hildebrandt steht kurz vor ihrer Hochzeit. In wenigen Tagen wird sie in Weinheim getraut. Trauzeugin Melike ist die wichtigste Begleiterin. Die Stadt Weinheim gilt als Hochburg des Heiratens. 450 Paare geben sich hier im Durchschnitt pro Jahr das Ja-Wort. Braut und Bräutigam reisen dafür selbst aus entfernten Regionen an. Einen besonderen Charme bietet der ritterlichen Hochzeitssaal. Das Turmzimmer im Schloss ist der Arbeitsplatz von Andrea Klawonn. Die Chefin des Standesamtes hat schon mehrere tausend Paare getraut. Sobald die Saison losgeht, ist auch Fotograf Frank Witt mit seiner Kamera in seinem Element. Der 63-Jährige trägt Hawaii-Hemden als Markenzeichen und erlebt sein Weinheim voller Überraschungen. Im Gegensatz zu anderen Orten hat die Stadt gleich zwei Burgen und verbreitet das ganze Jahr über mediterranes Flair. (Text: SWR)

Die Berglen sind neun kleine Dörfer auf einem Höhenzug zwischen Schurwald und Welzheimer Wald mit einem einzigartigen Superlativ: Auf den Hängen von Berglen liegt Europas größtes zusammenhängendes Streuobstgebiet. Diese Wiesen werden schon lange genutzt und spielen eine wichtige Rolle für die Ökologie im Südwesten. Kein Wunder, dass sich in den Dörfern alle vier Jahreszeiten um Obstbäume, Wiesenblumen und Äpfel drehen. Für manche Bewohner.innen der Berglen sind die Streuobstwiesen zur Lebensgrundlage geworden. Wie man Naturschutz, Wirtschaftlichkeit und Familienleben auf den Wiesen zusammenbringt, zeigen drei Menschen aus Berglen. (Text: SWR)

Die baden-württembergische Stadt Bruchsal ist stolz auf ihr Barock-Schloss, aber auch auf findige Leute, die jede Menge Innovationen entdecken. Das Flugtaxi kommt aus Bruchsal. Auch ultra-moderne Landmaschinen. Wer steckt hinter diesen neuen Ideen? Bereits Schüler:innen werden in Bruchsal mit einem sogenannten „Begeisterbus“ fit für die Zukunft gemacht. Die Initiative geht von Steffen Heil aus. Der Wissenschaftler reist mit dem Z-Lab, einer Art Labor, durch die Schulen der Stadt. Ob vollautomatisches Gewächshaus oder andere Projekte, junge Menschen lernen, welche Lösungen ihre Welt nachhaltiger gestalten. Klaus Biber aus Bruchsal gehört zu den seltenen Handwerkenden eines Spezialgebiets: Musikautomaten. Er ist Restaurator alter Schätzchen, die als beeindruckende Sammlung im Bruchsaler Schloss besichtigt werden können. Als Einziger wartet er alle Türschlösser und historischen Gegenstände im Barockschloss. (Text: SWR)

Tübingen hat Charme. Das Leben spielt sich, vor allem in den Sommermonaten, draußen ab. Ein romantischer Neckarabschnitt lädt zum Flanieren ein, Cafés und Restaurants zum Genießen. „Fast wie in Frankreich“ finden die drei Hauptpersonen des Films, die hier ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben: Die drei Französinnen Ariane Batou To-Van, Colline Charli und Raphaëlle Hückstädt-Rivet leben in Tübingen. Die Stadt war von 1945 bis 1991 französische Garnisonsstadt. Noch heute sind viele Spuren französischen Lebens sichtbar.
Ariane (33) ist Chefin des Deutsch-Französischen Kulturinstituts. Sie arbeitet und wohnt im ehemaligen Prinzenpalais am Österberg. Wenn sie die Gassen der Altstadt hinunterläuft, freut sie sich über das pulsierende Leben in den Cafés und während des Marktes. Raphaëlle (42) und ihr deutscher Mann Martin machen im Nachbarschaftscafé Crêpes. Mit ihrem französischen Austauschschüler:innen und ihren Kindern unternimmt sie eine Stocherkahnfahrt, ein sanftes dahin Gleiten auf dem Neckar, vorbei am Hölderlinturm.
Die Mutter von vier Kindern weiß diese Ruhe zu schätzen. Studentin Colline (26) ist von Paris nach Tübingen gezogen und liebt das Leben in ihrer WG und in der Kleinstadt. Beim Radausflug an den Baggersee holt sie ihre Ukulele raus und singt ihr Tübingen-Lied. Und wenn sie durch das französische Viertel flaniert, erzählt sie von ihrem Opa, der hier als Soldat stationiert war. Alle drei zeigen ihre Lieblingsplätze und Rückzugsorte und unbekannte Seiten eines scheinbar bekannten Ortes. (Text: SWR)

„Ob Kusel an uns klebt oder wir an Kusel“, kann Elise Kramer nicht sagen: Fest steht: drei Versuche wegzuziehen sind gescheitert. Jetzt lebt sie nicht nur den längsten Teil ihres Lebens in der Mini-Metropole des Westricher Berglandes, sondern startet hier als Tortenbäckerin voll durch. Auch Lara Braun ist „ihrem“ Kusel verschrieben, dabei aber viel international unterwegs. Obwohl die Rettungsschwimmerin schon Weltmeisterschaften in Europa und Australien bestritten hat, sieht sie ihre Zukunft in Kusel. Wie früher zieht sie ihre Bahnen im örtlichen Vitalbad, dem Stolz der Stadt.
Der Lehrer Johann Steuer tut alles dafür, dass Schule auch im ländlichen Gebiet interessant bleibt: So sieht er seinen Beitrag für Kusel, denn Gemeinschaft und Leben sind das, was den ganzen Landkreis vital hält. Warum strahlt die drittkleinste Kreisstadt Deutschlands solch eine Magie aust? Was ist das Geheimnis ihrer Schönheit und Anziehung? Autorin Ulrike Gehring geht der heimlichen Magie des 6000-Einwohner:innen-Städtchens in Rheinland-Pfalz in dieser Ausgabe von „Mensch Heimat“ nach und findet eine große Kraft. (Text: SWR)

Betina Ignacio, Markus Keller und Thomas Wild leben in Konstanz, der größten Stadt am Bodensee. Südliches Flair und Leichtigkeit am „schwäbischen Meer“ – das versprühen auch die Protagonisten und lassen die Zuschauer an ihrem Sommer am See teilhaben. Die temperamentvolle Bê spielt mitunter in der Morgenstimmung auf ihrer Ukulele am Ufer – der Deutsch-Brasilianerin liegt Rhythmus und Lebensfreude im Blut. Gleichzeitig wird sie nicht müde, auf Umweltprobleme in ihren beiden Heimatregionen hinzuweisen. Markus ist in vielen Vereinen der Stadt aktiv: von Fasnet über Bonsai-Zucht bis hin zur Münstergeschichte – er weiß Bescheid und „war noch nie länger als zwei Wochen“ von daheim weg, wie er sagt.
Wenn er vor dem „Lädele“ sitzt, dem Antiquitätenladen mitten in der Altstadt, liebt er es, mit den Leuten zu plaudern. Thomas’ Element ist das Wasser durch und durch. Hier hat er alle Möglichkeiten: Motorbootfahren, segeln, mit dem Schiff und den Kindern auf die Mainau fahren oder im Sonnenaufgang angeln. Dazu ein Fischimbiss am Hafen – für ihn das perfekte Leben. Die drei zeigen ihre Lieblingsplätze und Rückzugsorte und sowie unbekannte Seiten eines scheinbar bekannten Ortes. Drei Liebeserklärungen an einen Ort, drei Menschen mit ihren ganz persönlichen Geschichten. Und die machen auch den Zuschauern Lust, Konstanz zu besuchen. (Text: SWR)

Den Ortsnamen Gruibingen verbinden viele mit langen Staus auf der A8, doch mit seinem Businesspark ist Gruibingen auch ein moderner Wirtschaftsstandort. Wie lebt es sich in dem Dorf an der Autobahn? Die Syrerin Zouka Klizi liebt ihre Arbeit als Betriebsleiterin an der Autobahnraststätte. Mit elf Jahren zog sie mit ihrer Familie in die Nähe von Gruibingen. Zunächst ein Kulturschock für das Mädchen. Steuerfinanzbeamtin Nadine Zanker ist wie viele aus Gruibingen von klein auf bei der Freiwilligen Feuerwehr. In ihrer Freizeit sichert Nadine nicht nur brennende Autos auf der Autobahn, sondern schult auch den Feuerwehr-Nachwuchs. Michael Ries möchte nachhaltig und mit Spaß unterwegs sein. Der Softwaremanager testet in der schönen Naturlandschaft um den Ort einen selbst entwickelten elektrischen Gelände-Power-Sportwagen. In Zukunft will er auch Varianten für die Landwirtschaft und andere Anwendungsbereiche entwickeln. (Text: SWR)

Im 16. Jahrhundert konnten sich die Brettener Bürger:innen aus einer Belagerung retten, indem sie einen gut gefütterten Mops vor die Stadtmauern schickten und damit vortäuschten, noch jede Menge Nahrungsmittel vorrätig zu haben. Die Feinde gaben sich geschlagen ob der vermeintlichen Durchhaltekraft der Brettener und hackten dem Mops zum Rückzug frustriert den Schwanz ab. Tierärztin Nathalie Zitsch, die Bretten nur schweren Herzens für das Studium verlassen hat, Familie Schneider, deren Leben sich durch den Vierbeiner Rupert gerade völlig verändert oder Tierpark-Chefin Annika Willig: Sie alle kennen die Legende vom Brettener Hundle. Und unabhängig davon sind sie alle auf ein Leben mit Tieren eingestellt. Sie zeigen den Zuschauer:innen die Kraichgaustadt aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Der Film von Ulrike Gehring porträtiert eine Stadt, die seine Tradition bis in die Moderne führt. (Text: SWR)

Menschen, geprägt vom Leben in einer Stadt, in der nichts klein zu sein scheint – außer vielleicht die Stadt selbst. Bei gerade 36.000 Einwohner:innen lockt das Technikmuseum jährlich Zigtausende von Menschen an. Auch das gigantische Bundesligastadion des Sinsheimer Vereins TSG Hoffenheim ist weit über die Region hinaus ein Begriff. „Mensch Heimat“ stellt drei Menschen vor, die mit „gigantischen“ Aufgaben zu tun haben: Da ist Joachim Bohn, der 55-jährige „Herr“ über ein riesiges Fußballstadion. Jan-Niklas Laier ist seit der Kindheit Stammgast im beeindruckenden Technikmuseum und hat selbst überdimensionierte Modellflieger am Start. Und bei Hundefrisörin Chiara Epp lassen sich echte Hunderiesen die Mähne föhnen. Wie kommt es, dass Sinsheim so groß rauskommt? (Text: SWR)

Die beiden Großstädte Mannheim und Ludwigshafen liegen keine drei Kilometer voneinander entfernt. Jeden Tag pendeln Menschen über den Rhein und die Landesgrenzen von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, weil sie sich nicht für eine Uferseite entscheiden wollen. Mona Hörig betreibt am City-Airport Mannheim eine Flugschule für Gyrocopter. Die kleinen Tragschrauber brauchen weniger Kraftstoff und auch in Zukunft will Mona Hörig in der Fliegerei am Ball bleiben. Michael Dester pendelt täglich zwischen seinen beiden vegetarisch-veganen Restaurants in Mannheim und Ludwigshafen hin und her. In seinen Restaurants hat er inklusive Arbeitsplätze geschaffen, weil sich jede:r in der Gastronomie einbringen kann. Max Mühlhauses Arbeitsweg führt ihn häufig über den Rhein auf die Dächer von Ludwigshafen. Gemeinsam mit seinen beiden besten Freunden betreibt er in Mannheim ein Unternehmen für Solaranlagen. „Mensch Heimat“ zeigt Zukunftsmacher:innen zwischen Mannheim und Ludwigshafen. (Text: SWR)