Folge 132
Sehnsucht nach Entschleunigung (4/5)
Folge 132Immer schneller, immer besser. Der Schlachtruf der Moderne hat uns weit gebracht. Aber er hat uns und unseren Planeten auch nah an den Burnout geführt. Zeit auf die Bremse zu treten? Der „Kulturpalast“ legt das Smartphone beiseite und feiert zusammen mit zahlreichen Künstlern von Wim Wenders bis Christoph Marthaler ein Fest der Entschleunigung. Denn: Langsamer ist das neue Mehr! Zahlreiche Bestseller und Neuerscheinungen belegen, wie weit verbreitet der Wunsch nach Entschleunigung ist. Den haben auch die Künstler vernommen und versuchen auf vielfältige Art, uns aus unserem beschleunigten Alltag herauszuholen: Wim Wenders’ neuer Film „Die schönen Tage von Aranjuez“ ist ein Gespräch zwischen einer Frau und einem Mann in einem Garten.
Punkt. Anderthalb Stunden lang. Aber dafür in 3D gedreht. Reduktion in seiner aufwändigsten Form. Nur noch zu toppen von Anders Webergs „Ambiancé“. Der schwedische Regisseur hat sich vorgenommen, den längsten Film der Welt zu drehen: 720 Stunden soll er dauern. Kinostart ist im Jahr 2020. Einen ersten Eindruck kann man aber jetzt schon erhaschen: in einem kurzen Trailer, der ebenfalls Rekordlänge hat: 7 Stunden und 20 Minuten, in denen, so viel sei schon verraten, so gut wie nichts passiert.
Im Theater ist das natürlich nichts Neues: Denken wir nur an die zeitlosen Abende von Christoph Marthaler. Und auch der Nachwuchs stemmt sich der Stress-gesellschaft entgegen: Der SchweizerRegisseur Thom Lutz, der dieses Jahr erstmals zum Theatertreffen eingeladen war, lässt sich in seiner aktuellen Inszenierung von Max Frischs „Der Mensch erscheint im Holozän“ am Deutschen Theater viel Zeit. Und doch kommt keine Sekunde Langeweile auf. Beschleunigung ist, mit dem Soziologen Hartmut Rosa gesprochen, „Mengenzuwachs pro Zeiteinheit“.
Insofern muss man die Flut an Entschleunigungsbüchern, Downshifting-Fibeln und Karriereverweigerungs-Bestsellern, die gerade auf dem Büchermarkt brandet, an sich schon als ein Beschleunigungsphänomen betrachten. Wir haben uns eines dieser Bücher herausgepickt: „Im Club der Zeitmillionäre“ von Greta Taubert. Die junge Leipziger Autorin hat Menschen besucht, die in Zeit schwimmen und bei ihnen viel Inspiration gefunden. Karriereverweigerung ist auch das Geschäftsfeld, in dem das Berliner „Haus Bartleby“ Erfolge feiert.
Mit ihrem Manifest „Sag alles ab“ haben sie eine Anleitung zum lebenslangen Generalstreik verfasst. Und in ihrem „Kapitalismus-Tribunal“ stellen sie den Kapitalismus, den immer heißer drehenden Motor der Beschleunigungsgesellschaft, vor Gericht. Die erste Phase dieses Prozesses fand dieses Jahr auf der Bühne des brut in Wien statt und wurde gerade für den österreichischen Theaterpreis „Nestroy“ nominiert. Anselm Lenz vom Haus Bartleby erklärt als Gast auf dem Kulturpalast-Sofa, warum man über den Kapitalismus reden muss wenn man von Entschleunigung sprechen will. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa 22.10.2016 3sat
Cast & Crew
Sendetermine
Sa 22.10.2016
19:30–20:00
19:30– NEUFüge Kulturpalast kostenlos zu deinem Feed hinzu, um keine Neuigkeit zur Serie zu verpassen.
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