• Folge 10
    Yassin (l.) hat sich vom radikalen Islam abgewandt, weiß aber von der Agitation hinter Gittern zu erzählen. – Bild: ZDF und i & u
    Yassin (l.) hat sich vom radikalen Islam abgewandt, weiß aber von der Agitation hinter Gittern zu erzählen.
    Der Strafvollzug sieht für Schwerstkriminelle wie Mörder und Vergewaltiger Therapien und Deradikalisierungsprogramme vor, in der Hoffnung, dass sie danach weniger gefährlich sind. Auch politisch oder religiös motivierte Straftäter sind „tickende Zeitbomben“ mit hohem Rückfallrisiko. Viele werden im Knast noch radikaler oder sind ohne Einsicht in ihre Taten. ZDFinfo zeigt, was hinter Gittern mit diesen gefährlichen Straftätern passiert. „Ich bin pädophil“, bekennt Tim D. Der 28-Jährige ist verurteilter Sexualstraftäter und zum vierten Mal in Haft.
    Diesmal verbüßt er eine mehrjährige Haftstrafe für den Besitz von Kinderpornografie. Bereits als 13-Jähriger war er auffällig und bekennt freimütig: „Kleine Mädchen erregen mich sexuell.“ Zusammen mit 33 anderen Gewaltstraftätern ist er im Hafthaus 1 in der sogenannten Sozialtherapie der JVA Aachen inhaftiert. Einige haben Mord oder Totschlag begangen, die Mehrzahl sind aber Sexualstraftäter. „Es ist die Intensivstation der Therapie“, erklärt eine Therapeutin der Abteilung. Eine offene Wohngruppe, zwei Flure, auf denen sich die Gewaltstraftäter frei bewegen können.
    Eine abgeschirmte Welt innerhalb des Gefängnisses. Aus gutem Grund, denn Sexualstraftäter sind im Knast die unterste Kategorie, erleben viel Gewalt der Mithäftlinge, so wie Tim D. „In der letzten Haft wurden mir von einem Mithäftling die Zähne eingeschlagen.“ Dort haben die Gewaltstraftäter einen geschützten Raum und mehrmals die Woche Gruppen- und Einzeltherapie. „Therapie ist harte Arbeit“, erklärt die Therapeutin, denn die Straftäter müssen ihre monströsen Taten und Abgründe verstehen und sich verändern wollen.
    Ändern will auch die JVA Dieburg in Hessen Inhaftierte. Dort setzt man auf NeDis, ein Deradikalisierungsprojekt für Straftäter, die rechts- oder linksradikale oder islamistisch motivierte Straftaten begangen haben. Auch Reichsbürger, die im Knast landen, werden damit ins Visier genommen. Yassin L. hat in seiner Jugendhaft erlebt, wie schnell junge Männer wie er hinter Gittern auf Hassprediger reinfallen und radikalisiert werden. Heute will er davon nichts mehr wissen und vertraut in seiner zweiten Haft auf den Imam der JVA Dieburg.
    Der ist eine Art Seelsorger für muslimische Gefangene, radikalen Ansichten setzt er etwas entgegen, prüft Koranschriften und merkt bei der wöchentlichen Teestunde mit Freitagsgebet, wenn Gefangene radikale Ansichten entwickeln. Um diese Netzwerke im Gefängnis zu erkennen, sind auch spezialisierte Beamte, sogenannte Strukturbeobachter, im Einsatz. Wie ein Puzzle setzen sie Beobachtungen zusammen: Wer spricht mit wem, welche Außenkontakte hat der Gefangene, verhält sich der Häftling plötzlich merkwürdig, oder hat er seine Zelle verändert? All das hat der Strafvollzug im Blick. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 28.10.2025 ZDFinfoDeutsche Streaming-Premiere So. 19.10.2025 ZDFmediathek
  • Folge 11
    Für Stefanie N. ist die Entlassung noch in weiter Ferne.
    Weggesperrt für Jahrzehnte, verurteilt für ein Kapitalverbrechen. Knapp 1800 Inhaftierte verbüßen derzeit in Deutschland eine lebenslange Freiheitsstrafe. Wie sieht ihr Alltag aus? Zwei Mörder, ein Serienbankräuber und eine Mörderin reden über ihre Taten, ihre Haft, was sie im Knast denken, tun und fühlen – und welche Hoffnungen sie mit dem fernen Tag der Haftentlassung verbinden. Doch dieser Tag will sorgfältig vorbereitet sein. Mord nach Paragraf 211, für dieses Kapitalverbrechen erhält man in Deutschland eine lebenslange Freiheitsstrafe.
    Von den insgesamt 40.450 Gefangenen in Deutschland verbüßen aktuell 1769 Inhaftierte eine lebenslange Freiheitsstrafe. Wie sieht ihr Knastalltag aus, und was passiert hinter Gittern mit diesen Kapitalverbrechern? Das Filmteam besucht drei Gefängnisse in Nordrhein-Westfalen und Niedersachen und spricht mit Straftätern, die eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßen. „Ich bin ein verurteilter Mörder, ich bin seit 18 Jahren in Haft“, erzählt Uwe H., 53 Jahre alt und seit über einem Jahrzehnt in der JVA Aachen inhaftiert.
    „Knastblick“, den hat auch Stefanie N. Die 53-Jährige ist verurteilte Mörderin und seit fünf Jahren in der JVA für Frauen in Vechta. Die dreifache Mutter verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe und ist damit eine von 109 Frauen, die LL haben, die Abkürzung im Vollzugsjargon für Lebenslange. „Ja, ich bin verurteilte Mörderin“, erklärt Stefanie N. Ein Urteil, mit dem sie aber bis heute nicht klarkommt. „Es ist schwierig, man muss das Urteil verdauen. Wann verdaut man das? Eigentlich nie.“ Die damalige Alkoholikerin tötete mit ihrem Saufkumpel einen Mann.
    Dafür wurden beide zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Ihren Mittäter, der in der JVA Bremen inhaftiert ist, hat sie sogar in Haft geheiratet. Hochzeit hinter Gittern, ein emotionaler Höhepunkt, ansonsten herrscht im Knast öder Alltag und viel Zeit auf der Zelle. Diesen immer wiederkehrenden Knastalltag kennt auch Uwe H. Lange betäubte er sich auch im Knast mit Drogen, verdrängte seine brutale Tat und wollte sich nicht damit auseinandersetzen: „Da ist ein Monster gewesen“, beschreibt er sich selbst.
    Dann endlich macht es klick, und er beginnt eine Therapie. Seitdem ist er im Hafthaus 2 in der Behandlungswohngruppe für Gewaltstraftäter. „Das ist hier kein Mädchenpensionat, das ist harte Arbeit für die Straftäter, wir lassen hier sprichwörtlich die Hosen runter“, erklärt der Beamte Frank Merzbach das Konzept der Behandlungswohngruppe. Tatleugner können sie dort nicht brauchen, denn Therapie ist nicht Selbstzweck, sondern Teil der gesetzlich vorgeschriebenen Resozialisierung. Alles Maßnahmen, die einen Grundgedanken haben: Nur wer seine Tat begreift und die Hintergründe erkennt, die dazu geführt haben, kann sich ändern.
    Denn auch Mörder kommen irgendwann wieder in Freiheit. Laut kriminologischen Statistiken verbleiben Straftäter, die zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurden, im Schnitt etwa 19 Jahre im Gefängnis, doch viele sind auch wesentlich länger hinter Gittern. „Wir haben auch welche, die schon 30, 40 Jahre hier sind“, erklärt der Leiter der JVA Aachen, Dr. Jörg Uwe Schäfer. Jahrzehnte hinter Gittern, das verändert die Gefangenen.
    Einige bekommen einen Haftkoller, andere einen Haftschaden. „Manche werden aggressiv, manche depressiv“, erzählt ein Beamter, der viele Strafgefangene erlebt hat. Andere lebenslang Inhaftierte verlernen die Freiheit und stellen fest: „Ich bin im Kosmos Knast. Knast ist mein Zuhause und ja, ich habe einen Haftschaden“, sagt Elmar M. über sich. Der Serienbankräuber ist seit mehr als 20 Jahren in Haft. Zusammen mit Hubert B. war er jahrelang im geschlossenen Regelvollzug, zog von einer JVA in die andere, bevor beide jetzt in die JVA Euskirchen verlegt worden sind.
    Dort im offenen Vollzug werden sie schrittweise an die Freiheit herangeführt. Im sogenannten Übergangshaus lernen Straftäter mit sehr langen Haftstrafen wieder Alltagsfähigkeiten wie den Umgang mit dem Handy, das Einkaufen oder Online-Bankgeschäfte. Alles, um lebenslang Verurteilte wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Dabei ist den Straftätern eines klar: Das Stigma und das Urteil „lebenslang“ bleiben. „Ich bin ein Mörder, ich bin immer ein Mörder, und ich werde immer ein Mörder bleiben“, sagt Uwe H., denn er weiß, wie man draußen über ihn denkt. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 28.10.2025 ZDFinfoDeutsche Streaming-Premiere So. 19.10.2025 ZDFmediathek

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