Vergiftete Heimat Die netten Rechten von nebenan

D 2021 (45 Min.)
  • Reportage
Die Identitäre Bewegung Deutschland ist international vernetzt. Edwin Hintsteiner, Gründungsmitglied aus Österreich bei einer Demo in Bonn gegen den Flüchtlingspakt. – Bild: ZDF und SWR/​ffframework-tv.
Die Identitäre Bewegung Deutschland ist international vernetzt. Edwin Hintsteiner, Gründungsmitglied aus Österreich bei einer Demo in Bonn gegen den Flüchtlingspakt.

Sie sind smart, klug und argumentationsstark: Die Mitglieder der Identitären Bewegung Deutschland (IBD) kommen modern daher und haben mit „rechtsextremen Dumpfbacken“ nichts gemein. Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung lehnen sie ab. Der Verfassungsschutz stuft sie nach dreijähriger Prüfung dennoch als rechtsextremistisch ein. Zentrale Positionen der IBD sind danach nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. In Erscheinung tritt die neue rechte Jugendbewegung vor allem im Internet. Mit professionell gemachten Videoclips ihrer spektakulären Aktionen nimmt die IBD ideologisch Einfluss vor allem auf junge Net-User.

Dabei nutzt sie Plattformen und Blogs, um ihre rechtsextremen Botschaften einem jungen Publikum nahezubringen. So sehr sie jedoch über das Internet die Öffentlichkeit suchen, so sehr entziehen sich die „netten Rechten von nebenan“ persönlich der Presse und einer kritischen Berichterstattung geradezu konspirativ. Zum ersten Mal ist es einem Fernsehteam gelungen, Einblicke in das Denken und Handeln der neuen jungen Rechten zu bekommen und einige ihrer Protagonisten länger zu begleiten.

Über zwei Jahre recherchierte das Team im Milieu der Identitären Bewegung Deutschlands und lernte Aktivistinnen und Aktivisten kennen, die sich kritischen Fragen stellten. Gedreht wurde unter anderem bei einem Seminar der Identitären Bewegung auf Schloss Ebersberg bei Stuttgart. Die Reporter erfuhren, was der IBD der „Erhalt der ethnokulturellen Identität“, „Patriotismus und Heimatliebe“, „Remigration“, Kontrolle über das eigene Staatsgebiet tatsächlich bedeuten.

Auch bei Protestaktionen und in einer Identitären Wohngemeinschaft in Halle wurde gefilmt. Dabei wurde deutlich, dass sich hier eine völlig neue Form rechtsextremen Auftretens manifestiert und viele Klischees überholt sind. Rechtsextremistisch hatte immer auch den Beigeschmack von reaktionär, brutal, tumb, verstaubt. Das trifft auf die Gruppe nicht zu. Mit ihrem modernen und hippen Auftreten schafft sie es, immer mehr junge Intellektuelle anzusprechen, auch Gymnasiastinnen und Gymnasiasten sowie Studentinnen und Studenten, die sich als die neue kommende rechte Elite definieren.

Die IBD greift bei ihren Protesten auf das politische Repertoire der Linken und Öko-Bewegung zurück. Aktionen und Provokationen der Studentenbewegung der 1960er-Jahre, der linksradikalen Sponti-Szene der 1980er-Jahre oder auch von Greenpeace werden analysiert und kopiert. Während der Dreharbeiten fiel immer wieder auf, dass auch viele junge Frauen in der IBD aktiv sind. Modern gekleidet, selbstbewusst.

Ihr Anspruch: feminin und wehrhaft zugleich. Eine Botschaft, die sie auch mit Videoclips verbreiten. Mit provozierenden Auftritten transportieren sie ein völkisches Weltbild, in dem der Islam zur Gefahr für deutsche Frauen wird. Der Verfassungsschutz hält die IBD für eine rechtsextreme Organisation, und Politologen sind sich einig, dass die rechte Bewegung ein gesellschaftliches Vakuum nutzt, um es mit völkischen und ausländerfeindlichen Positionen zu füllen. Die demokratische, bürgerliche Mehrheit habe Probleme mit dem Umgang von identitätsstiftenden Begriffen wie „Heimat“, „Nation“ und „Vaterland“.

Das bestätigen systematische Meinungsumfragen des „Institut für Demoskopie Allensbach“ (IfD). Danach sagen 40 Prozent der Deutschen, es sei heikel, öffentlich das Thema Patriotismus zu behandeln. Die Dokumentation zeigt die Kluft in der Gesellschaft, die tabuisierten Begriffe als heikel zu betrachten und mitzuerleben, wie neurechte Bewegungen wie die IBD das Thema nach rechts verschieben. Politologen und Experten nehmen Stellung dazu. (Text: 3sat)

Deutsche TV-Premiere14.04.2021SWR Fernsehen

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