Ringen um Erinnerung Der Wiederaufbau der Hamburger Synagoge

D 2022 (45 Min.)
  • Gesellschaft
  • Reportage
Ein Mosaik im Platz erinnert an die zerstörte Synagoge – Bild: NDR
Ein Mosaik im Platz erinnert an die zerstörte Synagoge

Was ist wichtiger: ein Mahnmal zur Erinnerung an den Holocaust oder ein Ort aktiven jüdischen Lebens? Das ist, überspitzt, die Frage, vor der die Jüdische Gemeinde in Hamburg und die Stadt Hamburg derzeit stehen. Denn die Gemeinde hat Großes vor: Sie will die Bornplatzsynagoge wieder aufbauen, jene riesige Synagoge aus dem Kaiserreich, die die Nationalsozialisten 1938 in der Reichspogromnacht zerstörten. Das Ziel: einen sichtbaren Ort schaffen, mitten in Hamburg, dort, wo vor der Auslöschung jüdischen Lebens ein ganzes Viertel von der Gemeinde und eben jener 40 Meter hohen Synagogenkuppel geprägt war.

Hier war das Zentrum jüdischen Lebens in der Stadt, und hierhin will die Jüdische Gemeinde wieder zurückkehren. Vor anderthalb Jahren sammelte die Initiative „Wiederaufbau Bornplatzsynagoge“ mehr als 100.000 Unterschriften für dieses Projekt von Menschen in ganz Deutschland. Unterstützung kommt auch aus der Politik. Die Hamburgische Bürgerschaft stimmte den Plänen einstimmig zu und der Deutsche Bundestag bewilligte bereits 65 Millionen Euro für den Wiederaufbau.

Doch es gibt auch scharfe Kritik, denn der Platz, auf dem die alte Synagoge stand, ist seit fast 40 Jahren auch ein Mahnmal. Im Boden liegt ein großes Mosaik, das das Deckengewölbe der zerstörten Synagoge nachzeichnet. Die Pläne sehen vor, dass dieses Mahnmal weichen muss oder zumindest zum Teil überbaut wird. Kritikerinnen und Kritiker sowie Historikerinnen und Historiker, oft selbst jüdisch, werfen deshalb der Jüdischen Gemeinde und der Hamburger Politik Geschichtsvergessenheit vor.

Der Historiker Moshe Zimmermann, dessen Eltern aus Hamburg fliehen mussten, spricht gar von einer „Ohrfeige für die früheren jüdischen Mitbürger“. Eine Wunde müsse schmerzen, der leere Platz an die Gräuel der Nationalsozialisten erinnern. Die Jüdische Gemeinde ihrerseits sieht in dem Mahnmal eher einen Platzhalter – eben für die neue alte Synagoge. Ihr Gemeindevorstand, Philipp Stricharz, meint: „Wer aber jetzt sagt, das Bodenmosaik ist praktisch ein Heiligtum, das unantastbar ist, hat es völlig missverstanden.“ Natürlich wolle man an den Holocaust, an die Shoah, erinnern, doch dafür benötige man keinen leeren Platz, sondern Leben und Austausch.

Und das soll im Neubau der Synagoge stattfinden. Ein Treffpunkt für die Hamburgerinnen und Hamburger, Juden und Nichtjuden, ein Platz des Kennenlernens und des Austauschs. Und auch Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin der Stadt, ist sich sicher: „Das heißt ja nicht, dass damit Geschichte oder die Schreckenstaten der Nazizeit in irgendeiner Weise relativiert oder verharmlost werden, sondern es entsteht dort wieder etwas, was schon mal dort war und zerstört wurde von den Nazis.

Und das ist für mich von der Symbolik, aber auch dann vom faktischen Tun, der konsequente Schritt, um auch zu zeigen, wir sind hier und ihr kriegt uns nicht klein!“ Wie also Umgehen mit den großen Plänen? Was soll mit dem Mahnmal passieren? Kann, darf, muss es weichen, um jüdische Zukunft zu sichern? Und – wer ist zuständig für Mahnung und Erinnerung? Diese Sendung ist nach der Ausstrahlung voraussichtlich ein Jahr lang in der ARD Mediathek verfügbar. (Text: ARD)

Deutsche TV-Premiere05.04.2022Das Erste

Sendetermine

Mi 20.04.2022
01:35–02:20
01:35–
So 17.04.2022
18:30–19:15
18:30–
So 10.04.2022
10:15–11:00
10:15–
Sa 09.04.2022
22:30–23:15
22:30–
Mi 06.04.2022
02:30–03:15
02:30–
Di 05.04.2022
23:20–00:05
23:20–

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