Hexenkessel

New York, in den 1960er-Jahren: Der junge Italoamerikaner Johnny Boy ist ein Draufgänger und Angeber, der mit seiner Großspurigkeit Freund und Feind in „Little Italy“ auf die Nerven geht. Glücklicherweise hält sein Freund Charlie, der als Neffe eines Mafia-Paten einigen Einfluss besitzt, seine schützende Hand über den Unruhestifter. Als Johnny Boy jedoch Schulden macht und seinen Gläubiger verhöhnt, kann auch Charlie nicht mehr helfen. Die Situation eskaliert in einer Serie von gewalttätigen Auseinandersetzungen. Der in „Little Italy“ New Yorks aufgewachsene Kleinganove Charlie steht am Anfang einer steilen kriminellen Karriere.

Seit einiger Zeit treibt der gläubige Katholik für seinen mit dem organisierten Verbrechen liierten Onkel Giovanni Schutzgelder ein und stellt sich dabei recht geschickt an. Zum Dank will Giovanni seinen Günstling nun zum Restaurantmanager machen, rät ihm aber, er solle die Beziehung zu seiner Nachbarin Teresa beenden, die aufgrund ihrer Epilepsie im Viertel als „verrückt“ gilt. Und noch jemand ist dem Onkel ein Dorn im Auge: Charlie hilft immer wieder Teresas labilem Cousin Johnny Boy aus der Patsche.

Der arbeitsscheue Taugenichts hat sich von allen im Viertel Geld gepumpt, nimmt es aber mit dem Rückzahlen nicht allzu genau. Tief in der Kreide steht er auch bei dem Wucherer Michael, der nur deswegen nicht rabiat wird, weil Charlie immer wieder ein gutes Wort für den Freund einlegt. Zähneknirschend setzt Michael dem Schuldner eine letzte Frist, die dieser erneut verstreichen lässt. Als Johnny seinen Gläubiger obendrein mit vorgehaltener Waffe verspottet, muss Charlie gemeinsam mit ihm und Teresa die Flucht ergreifen.

Nun eskaliert die Situation endgültig. Mit „Hexenkessel“ inszenierte der US-amerikanische Regisseur Martin Scorsese 1973 eine mitreißende Mischung aus Gangsterdrama und Milieustudie, die für den New Yorker Filmemacher den großen Durchbruch einleitete. Auch für den jungen Robert De Niro wurde die Rolle des selbstzerstörerischen Taugenichts Johnny Boy die Initialzündung seiner Karriere und der Auftakt einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit Scorsese, die in Meisterwerken wie „Taxi Driver“ und „GoodFellas“ kulminierte.

Scorseses teilweise auf Improvisation basierende Inszenierung gab dem jungen „Method Actor“ Raum, um an der Seite des ebenfalls überragenden Harvey Keitel sein ganzes Potenzial zu entfalten. Mit kaum zu überbietender physischer Präsenz verkörpert De Niro einen labilen Instinktmenschen, der an den starren Regeln der italo-amerikanischen Gemeinschaft zerbricht und zum tragischen Helden wird. Obwohl „Hexenkessel“ in New York spielt, wurde der Film aus Budget-Gründen überwiegend in Los Angeles gedreht. (Text: BR)