Der Manchurian Kandidat

Von den US-amerikanischen Soldaten, die anfangs der 1990er-Jahre in der Operation Desert Storm in der Golfregion kämpften, litten rund 200’000 nach ihrer Heimkehr am sogenannten Golfkriegssyndrom. Hauptmann Ben Marco (Denzel Washington) war mit seiner Einheit ebenfalls vor Ort; bei einer Aktion wurden sie in einen Hinterhalt gelockt und attackiert. Nur durch das Eingreifen des Unteroffiziers Raymond Shaw (Liev Schreiber) kam die Truppe lebend aus Kuweit heraus. Wieder zurück in den Staaten plagen Ben Marco Albträume – typisch für das Golfkriegssyndrom -, die ihn auch im Alltag zu beschäftigen beginnen. Dabei decken sich die Bilder seines Unterbewusstseins nicht mit der offiziellen Version der Ereignisse.

Kollege Raymond scheint von solchen unangenehmen Folgeerscheinungen nicht betroffen zu sein. Er macht mithilfe seiner ehrgeizigen Mutter, Senatorin Eleanor Shaw (Meryl Streep), sogar steile politische Karriere. Die Wege von Ben Marco und Raymond Shaw kreuzen sich erneut. Weil der US-Vizepräsidentschafts-Anwärter Shaw sich Marco gegenüber widersprüchlich verhält, traut dieser der strahlenden Oberfläche des Politkarrieristen nicht. Er ahnt noch nicht, dass er mit seinen Ermittlungen in eigener Sache korrupten Geschäften in höchsten politischen und wirtschaftlichen Kreisen auf der Spur ist – und sich damit selbst in Lebensgefahr bringt. (Text: HD Suisse)

Jonathan Demmes Paranoia-Thriller „The Manchurian Candidate“ beruht auf dem gleichnamigen Roman von Richard Condon, der bereits 1962 verfilmt wurde. Darin verkörperte Laurence Harvey den Kriegshelden Shaw, Sohn einer politisch rechtsstehenden, einflussreichen Familie. Bei einem Einsatz im Koreakrieg wird er einer Gehirnwäsche unterzogen und fortan als Mörder im Auftrag einer kommunistischen Verschwörung missbraucht. Seine Mutter, dargestellt von Angela Lansbury, verfolgt dabei ganz eigennützige Ziele. Aufgedeckt wird der Polit- und Wirtschaftsskandal von Frank Sinatra in der Rolle des Hauptmanns Marco. Im Remake von 2004 ist Meryl Streep die ehrgeizige Mutter Eleanor Shaw, Liev Schreiber verkörpert ihren „ferngesteuerten“ Sohn Raymond, und Oscarpreisträger Denzel Washington gibt den ermittelnden Hauptmann Ben Marco. Schon die 1962er-Version schien seinen Produzenten so hautnah an der politischen Realität, dass sie sie nach dem Attentat auf Präsident Kennedy aus den US-amerikanischen Kinos verbannten. Auch Demmes den heutigen Verhältnissen angepasste Neuverfilmung weist offensichtliche Analogien zu jüngsten Ereignissen auf. Dabei sind nicht mehr Kommunisten die Hintermänner für eine globale Verschwörung, sondern mächtige Industriekonzerne üben immer mehr politischen Druck aus. Der amerikanische Präsident unterliegt in dieser Fiktion nicht mehr dem Gesetz, sondern dem Diktat der Wirtschaft. (Text: 4+)