Halbzeit für Jana Stierli und Nando Wüthrich an der Polizeischule. Nun werden sie mit dem Thema Tod konfrontiert. Für einen professionellen Umgang damit ist die Psychohygiene enorm wichtig. Ihr Kollege Yves Chappuis, der schon seit 17 Jahren Polizist ist, erinnert sich noch gut an die erste Leiche, die er im Dienst gesehen hat. Das seien Erlebnisse, die man nicht vergesse. „Als Polizist musst du lernen, dich abzugrenzen“, sagt Yves Chappuis. „Hier liegt ein Toter“, sagt Nando Wüthrich beim Betreten der Wohnung. Der Tote ist allerdings eine Puppe. Die Wohnung gehört der Interkantonalen Polizeischule Hitzkirch. Und das Ganze ist eine Übung. Es geht um „außergewöhnliche Todesfälle“, kurz „AGT“. Nando Wüthrich und seine Kollegen sollen lernen, wie bei einem solchen Szenario vorzugehen ist. Von zentraler Bedeutung ist es beispielsweise, die Schließverhältnisse in der Wohnung des Verstorbenen zu überprüfen. Ist die Haustüre von innen abgeschlossen? Steht ein Fenster offen? Könnte jemand in die Wohnung eingedrungen sein? Mit anderen Worten: Könnte es sich um ein Verbrechen handeln? Nach dem sterilen Rollenspiel bekommt der Tod dann ein Gesicht. Ein Polizeipsychologe zeigt den Aspirantinnen und Aspiranten schwer zu verdauende Bilder von Leichen. Von Menschen, die sich zum Beispiel erschossen haben. Oder erhängt. Oder vor den Zug geworfen. „Die Psychohygiene ist zentral in unserem
Beruf“, erklärt er dem Nachwuchs. Yves Chappuis erinnert sich noch gut an die erste Leiche, mit der er als Polizist konfrontiert wurde. Das sei drei Jahre nach seinem Dienstantritt gewesen. Er und seine Patrouillen-Partnerin seien zur Adresse einer Frau geschickt worden, die seit mehreren Tagen nicht mehr zur Arbeit erschienen sei. Er habe die Haustüre dann aufgestemmt – und den toten Körper gesehen. „Das vergisst man nicht“, sagt er. Bei der notwendigen Abgrenzung dürfe man gleichzeitig nicht abstumpfen. Jeder Mensch, mit dem er zu tun habe, habe eine Geschichte. Darauf müsse man eingehen. „Aber man darf auch nie vergessen, dass das ihre oder seine Geschichte ist, nicht meine eigene.“ In Yves Chappuis’ Alltag bei der Polizei Basel-Landschaft geht es allerdings selten um Leben und Tod, sondern oft um Bagatellen. Zum Beispiel um Lärmklagen von Anwohnenden, die sich über Jugendliche ärgern, die spät in der Nacht noch draußen Musik hören. Oder um Ladendiebe, die nur einen Teil ihres Einkaufes bezahlt haben, den Rest in ihrem Rucksack rausschmuggeln wollten. Solche Szenarien werden an der Interkantonalen Polizeischule Hitzkirch geübt, aber auch viel spektakulärere. Etwa, was zu tun wäre, wenn ein Amokläufer in einem Gebäude das Feuer eröffnen würde. Wer zuerst vor Ort wäre, müsste eingreifen. Denn in solchen Situationen geht es um Sekunden. Bis die Spezialeinheit eintrifft, ist vielleicht schon alles vorbei. (Text: 3sat)
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